Blogdialog: 7just7, myspace aus .at?

Blogdialog: 7just7, myspace aus .at?

7just7blogdialog – eine fiktives Gespräch zweier Blogger zu Themen, die die Welt beherrschen oder vielleicht mal werden. Thema des Premieren-Dialogs ist die erste österreichische Social-Networking Community 7just7, Europas Antwort auf mysapce & Co. Hinter A verbirgt sich Peter Balon von netzonfire, die B-Parts hat ritchie pettauer, der Autor dieses Blogs, geschrieben.
Der Text wird auf beiden Blogs publiziert – unser asynchrones Gespräch führten wir via E-Mail. Wird nicht unser letzter Blogdialog gewesen sein, viel Vergnügen mit unserem asynchronen E-Mail Chat.

A: Vor wenigen Tagen lese ich in einem Fellner-Blatt, dass es in Österreich eine Social-Networking Plattform gibt, die laut eigenen Bekunden „Europas Antwort auf myspace & co“ sein will. Aha, denk ich mir, starke Ansage. Noch nie was davon gehört: 7just7? Der Gründungsmythos (sowas brauchts) besagt ja, dass der Eine gefragt hat „wie nennen wir es denn?“ und der Andere geantwortet hat „7, einfach 7“. Soweit so gut, fertig ist die Social Networking Plattform.

B: Gründungsmythen spielen ja eine beträchtliche Rollen – manche davon überleben ja bekanntlich die Startups… ich muss zugeben: „Österreich“ macht mir Angst (die Tageszeitung immer, das Land nur fallweise). Aber was soll’s, ein Login mehr wird schon niemandem schaden Also registriert man sich halt mal probehalber – obwohl ich ja eigentlich dachte, dass sich Web 2.0 Anwendungen durch klare Botschaft umd simple Präsentation auszeichnen.

A: Begibt man sich auf zu 7just7, sieht man folgendes vor sich: ein bisserl Myspace, ein bisschen Youtube, ein bisschen Flickr, ein bisschen Facebook, ein bisschen Upcoming.org, etc.. also von allem ein bisschen etwas und es scheint so, als das bisschen eigentlich zu viel des Guten ist.

B: Jedenfalls treten bei der Präsentation der Startseite Klicküberlegungen mal klar zu Tage: ganz oben stehen natürlich die „Partypics“. Seiten mit Fotogallerien diverser Tanzevents scheinen sich in Österreich ja zu einem der wenigen profitablen Online-Only Geschäftsmodelle entwickelt zu haben…

A: Jetzt stellt sich mir gar nicht mal die Frage, ob ich 7just7 gut oder schlecht finden soll sondern es überkommt mich eher die Befürchtung, ob da nicht irgendwer irgendwas grundlegend falsch verstanden hat. Und da geht’s dann wieder ganz schnell zur Überlegung, was eine Web 2.0 Plattform sein soll, können muss bzw. nicht sein soll.

B: Naja, Sex-Appeal haben eben… und User anziehen. 7just7 wendet da eine eigenartige Strategie an: die Hässlichkeit und Inhomogenität von myspace, kombiniert mit der Unübersichtlichkeit einer All-inclusive Eventplattform plus Videocommunity? Ein kurzes Warum-Statement auf der Startseite wär hilfreich. Oder setzen die Betreiber komplett auf den Hype per se, sodass sich die alte Frage „Was biete ich den Kunden eigentlich an?“ womöglich gar nicht mehr stellt…

A: Also was macht eine Plattform der neuen Generation aus? Genügt es, wenn wir alle Buzzwords wie „user generated content“, „Community“, „Ajax“, „Beta“, etc.. in den Topf schmeissen, umrühren und dem Ergebnis einen „lustigen“ Namen geben? Ist das Web 2.0? Hat das was mit Social Networking zu tun?

B: Rip-Offs sprießen – und in einigen wenigen Bereichen mag das ob der Sprachbarriere auch Sinn machen. Ein Yigg für deutschsprachige Nachrichten, Mr. Wong für deutschsprachige Bookmarks… bei solchen Social-Bookmarking/News Plattformen macht eine sprachspezifische Variante durchaus Sinn – aber der Kern einer Web 2.0 Anwendung ist die Idee für ein Service, das sich (nur) mit den typischen Web 2.0 Technologien entwickeln lässt: FlickR erlaubt komfortablen Umgang mit Fotos, myspace dient Musikern als Präsentationsplattform… all diese Projekte leben von einer gewissen Art „kritischer Masse“, und von einer gut umgesetzten Idee. Aber was will 7only7 eigentlich für seine User tun? Das bleibt schleierhaft.

A: Bei 7just7 finde ich keine Antwort darauf und ob es überhaupt eine europäische Antwort auf Plattformen amerikanischer „Herkunft“ braucht, bezweifle ich. Ein bisschen Cloning, würde der Sauer von Phlow dazu sagen. Ja, wenn schon Cloning, dann bitte noch halbwegs erträglich.

B: Naja, ist halt mal eine andere Interpretation des Begriffs Mashup…

A: Ja. Aber ist es nicht auch ein Problem des kollektiven „Kawumms“, der einem so entgegen schießt. Wenn ich so nachdenke, nutze ich Social Bookmarking Seiten so gut wie nie. Ich geh da schon gezielt zu einer Seite und überhaupt, trau ich da dem Kollektiv nicht wirklich so. Aber wahrscheinlich ists eine Frage des Zugangs. Wenn ich Fun haben will oder irgendwas über die Hilton lesen will (ich hoff, ich komm nie in die Situation;), dann sind die Seiten wahrscheinlich ein guter Anlaufpunkt, weil: was die meisten Leute am lustigsten finden, finde ich auch lustig. Oder auch nicht. Wenn ich fundierte Infos haben will, dann vertraue ich schon lieber meiner eigenen „Intelligenz“, als der Kollektiven. Weil wenn du zB yigg hernimmst, lesen die meisten User wahrscheinlich jene Artikel, die am öftesten „geyiggt“ wurden. Also wie bei myspace. Je mehr Freunde du hast, desto höher dein Ranking, ja vielleicht sogar dein „realer“ sozialer Status. Und da begegnet mir dann oft der Begriff, um den sich ja genauso viele Mythen ranken: Community. Ich mein, ohne Community geht’s einfach nicht mehr. ZB 7just7: „Jeder kann gebührenfrei eine eigene Community gründen“.

B: Das ist wirklich eine fast so gute Formulierung wie das tatsächlich in Marketingbesprechungen von Ohrenzeugen vernommene Statement „Lasst und Web 2.0 Content einkaufen – ich kenn einen guten Anbieter.“ Vielleicht sollte man mal ein Community-Projekt launchen, dessen Alleinstellungsmerkmal allein darin besteht, dass man nur gegen Gebühr seine eigene Community gründen kann. Wer nicht zahlt, zählt nicht. Oh. Moment. Second Life gibt’s ja eh schon… Aber im Ernst: ich seh das mit der kollektiven Intelligenz ganz genauso. Vom SEO- oder Marktforscher-Standpunkt aus mögen solche Tools eine gewisse Relevanz besitzen. Doch die Versprechung, über kollektive Filterung die interessanten Perlen rauszupicken, kann nicht funktionieren – wenn dieses Prinzip sich durchgesetzt hätte, dann sähen die Hitparaden, die Kino- und Büchercharts wohl ganz anders aus. Aber eines unterscheidet Yigg und Co. schon ganz gewaltig von ihren US-Pendants: bei Yigg reichen die Mobilisierung von 30 Kollegen, um eine Nachricht kurzfristig an die Spitze zu pushen – dementsprechend minimal ist auch die Resonanz, während hinter Digg durchaus tausende Bewertungen stehen, was dem ganzen zumindest eine gewisse Repräsentativität verleiht. Und so crappy myspace technisch daher kommt: die kritische Masse macht’s dann doch wieder irgendwie interessant. Aber mir ist völlig schleierhaft, warum 7just7 diese jemals erreichen sollte – naja, vielleicht rückt Medienprofi Fellner bei seiner nächsten Abo-Aktion ja einen Gutschein für Österreichs beste Gratis-Community raus.

0 Kommentare
  1. Mike-Sten Eich
    Mike-Sten Eich sagte:

    Hallo Ritchie & Peter, als Sprecher von 7just7 werd ich hier nicht unerkannt posten bis der Arzt kommt und unser Portal hochjubeln, sondern euch zunächst mal offiziell danken, dass ihr 7just7 zum Anlass eures Dialoges genommen habt. Danke für die kostenlose PR also, denn ihr wisst ja, bad news are good news ;-)Wir stehen noch am Anfang und sind Kritik gegenüber sehr aufgeschlossen.Zu Myspace: Ist euch kein Unterschied hinsichtlich der Usability aufgefallen, z.B wie smart sich bei uns ein eigenes Profil erstellen lässt, das wir ne sehr schöne Kunst-Seite haben, das die User erfahren, was jeweils in ihrer Region passiert, statt der 200.000 Kontakt von Madonna zu werden.

  2. Mike-Sten Eich
    Mike-Sten Eich sagte:

    Wow, wenig Platz für Kommentare bei euch. Also nur kurz: Wir denken, da gibt es gewaltige Unterschiede zu myspace und dass es gerade Zeit für eine europäische Alternative wurde, zudem noch eine auf Österreich zugeschnittene.
    Aber danke für die Kritik, schaut doch in den nächsten Wochen noch mal drauf, wir entwickeln uns ja ständig weiter („Beta“ ist bei uns echt keine Floskel..;-), vielleicht taugts euch ja demnächst mehr.

    lg Mike

  3. ritchie
    ritchie sagte:

    Hi Mike, was die Usability betrifft, find ich das Drag-and-Drop beim Profil recht nett; die Kunstseite allerdings erscheint mir noch sehr arbiträr, was aber durchaus mit der derzeitigen Menge an Einträgen zusammenhängen mag. Ich werd eure Plattform auf jeden Fall weiter im Auge behalten.

  4. Anonymous
    Anonymous sagte:

    Die 1 Mio. EUR für 1 Mio. Freunde ist schon etwas lächerlich und zeigt das der Investor ziemlich druck macht, weils sicher zuwenig Anmeldungen haben.
    Ich denke dieses Geld wird nie jemand sehen!
    Im ORF (=TV-Sender) behauptet 7just7 das sie 36.000 Registrierungen (!!) haben, in Wahrheit haben sie nicht einmal 18.000. LOL
    Und unzählige Fehler gibts auch noch, zB die OnlineUserAnzeige funktioniert auch nicht wirklich.

    naja, mal sehen was daraus noch wird!

Hinterlasse einen Kommentar

Schreibe einen Kommentar