Die Kolumne #79 (August 2007)

Die Kolumne #79 (August 2007)

Die Kolumne erschien regelmäßig in the gap.
Diesmal: Einer vermietete Plakatwerbeflächen außen am Kuckucksnest
„Polizist und Einlauf?“ fragte Brigitte lauernd und mit jenem siegessicheren wackeln beider Brüste, das ihr für immer den Weg zum Pokerprofi versperren würde. „Gendarmspülung! Der war nicht mal so schwierig, aber du schaust in letzter Zeit zweifellos zu häufig Ernährungsberatungssendungen auf österreichischen Privatsendern“, machte ich Brigittes Hoffnung auf Sieg nach Punkten schneller zunichte als Paris Hilton jegliche interessanten Aspekte der Pornographie.

„Wenn schon, dann hätte sie sich vorher wenigstens von Pam erklären lassen, wie man die Handkamera halten muß“, erriet Tantchen wie stets meine Gedanken. „Nein, du hast das eben laut gesagt, ich bin gar nicht telepathisch begabt – im Gegensatz zu den Moderatorinnen besagter Sendungen, die jedem Kunden bereits an der Nasenspitze den Need for Einlauf ansehen.“

In punkto Grundprobleme der westlichen Gesellschaft des 21. Jahrhunderts hatten wir beide erhebliche Differenzen, aber was die Gesundheitspolitik für das 3. Jahrtausend betraf, waren Brigitte und ich uns einig wie… wie einige andere eben auch: Der Darm war nicht der Sitz der Gesundheit – die Gesundheit hatte vielleicht ein Wochenendehaus mit freistehender Sauna irgendwo dort zwischen zwei gemütlichen Windungen, aber die wahren Herausforderungen lagen und liegen weiter oben und unten. Wie Sie bereits vermuten: eine zunehmende Sexualisierung der Massenmedien erfüllte uns als gelehrige Freud-Schüler (natürlich nicht Sigmund, sondern Freud.com: Freud Communications, Strategic marketing and communications consultancy for consumer brands, public sector bodies and global corporations) mit naher Zukunftsangst und mittelfristigem Schrecken: denn was-auch-immer von den gierigen Medien eingesogen wird, verschwindet bekanntlich unwiderherrettbar aus der realen Welt.

„Serviceorientierung und Do-it-Yourself bilden synergetisch einen neuen Gigatrend“, hub Brigitte an, „und somit wird Self-Servicing für immer den billigen Beigeschmack der Onanie verlieren, die in der Bibel bedauerlicherweise so sehr diskreditiert wurde.“

Ich sollte an dieser Stelle einfügen: Brigitte war damals mit am Boot. Nicht im Hotelzimmer, aber am Boot. Und Pams Porno wurde mit zwei Handkameras gedreht, aber daß Brigittes Gerät am Ende ins Wasser fiel, war zumindest indirekt die Schuld von Tommy. „Man wird als Pussy Make-up Artist zu irgendeiner Gonzo-Produktion bestellt, ein Job wie jeder andere, dachte ich. Aber zieh du mal einen geraden Strich mit einem Schamlippenstift auf einem schaukelnden, winzigen Motorboot bei wildem Seegang! Du weißt ja, wie das ist bei den kleineren Produktionen: da muß einfach jedeR alles machen.“

Diese Situation kannte ich indes aus den frühen Jahren bei the gap zur Genüge – immerhin prägte Hunter S. Thompson den Begriff „Gonzo-Journalismus“ zwei Tage nach seinem 3wöchigen Volontariat anno 1969, als die damalige Flower-Power Chefredaktion um ein Haar ihr Kleidungsverbot innerhalb der Redaktionsräume durchgesetzt hätte. Daß daraus in letzter Sekunde ein Hawai-Hemden Verbot wurde, erklärt im Nachhinein den spontanen Richtungswechsel vom Kontakt- zum Popkulturmagazin. Kaum zu glauben, daß seinerzeit ÖKM (Österreichisches KulturMagazin) als Projekttitel mehr als nur im Gespräch war – und hätten unsere damaligen Remington-Import Schreibmaschinen über Umlaute verfügt, so hielten Sie, verehrter Leserin, nun keinesfalls ein the gap in den Händen.

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