Podiumsdiskussion: Haben freie Medien Zukunft?

Podiumsdiskussion: Haben freie Medien Zukunft?

medienverbandDiesen Donnerstag findet in den Räumlichkeiten von GLOBAL 2000 (Neustiftgasse 36, 1070 Wien) eine Podiumsdiskussion zum Thema Haben freie Medien Zukunft? statt. Auslösemoment ist die Einstellung des Jugendmagazins CHiLLi.cc. Veranstaltet wird die Talkrunde vom österreichischen Medienverband, Martin Aschauer hat mich in die illustre Runde eingeladen – und ich freu mich schon drauf, am Donnerstag ein paar alte Bekannte und Usual Suspects zu treffen.

Ab 18:45 diskutieren in den Räumlichkeiten von GLOBAL 2000 Freie Medien und Politikerinnen gemeinsam den Stellenwert, die Probleme und vor allem die Zukunft der Freien Medien. Es sprechen u.a.:

  • Klaus Stimeder (Datum)
  • Marie Ringler (Kultur und Mediensprecherin der Grünen Wiens)
  • Martin Aschauer (Österreichischer Medienverband und Freies Magazin)
  • Ritchie Pettauer (Datenschmutz)
  • Alexander Dechant (Resident)
  • Barbara Novak (SPÖ-Gemeinderätin)
  • Susanne Hanger (Österreichische Jugendpresse)
  • Thomas Weber (the gap – Moderation)

Meine 5 Cents zur freien Medienszene

datenschmutz zähle ich keineswegs zur freien Medienszene: mein Blog ist ein strikt kommerzielles Produkt und zugleich meine Firmen-Homepage – zweifellos sind manche der Infos, die ich hier veröffentliche, für meine Leser trotzdem oder gerade deswegen unerhört nützlich, aber ds ist ein 1-Mann-Betrieb, und ich habe bislang (finanziell und indirekt) so sehr von meiner Bloggerei profitiert, dass ich unter keinen Umständen eine Förderung aus öffentlicher Hand für diese Homepage annehmen würde. [Nur um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Werbe- und Kooperationspartner sind natürlich herzlich willkommen! :mrgreen:] Aber als ehemaliges Mitglied des gap-Gründungsteams und reger Partizipant an diversen nicht-kommerziellen Medienprojekten kenne ich die Probleme, Ansprüche, Hoffnungen und Chancen ganz gut aus eigener Erfahrung.

Weiters bin ich als wirtschaftsliberal eingestellter Kleinunternehmer natürlich der Meinung, dass es grundsätzlich eher zu viele als zu wenige Fördertöpfe gibt: Geld, das der Staat vergibt, zahlen schließlich im Vorfeld (und gar nicht so selten auch im Nachhinein) alle Steuerzahler, und eine noch heftigere Anhebung meines Steuersatzes steht nicht auf meiner Wunschliste. Trotzdem bin ich davon überzeugt, dass sogenannten Freie Medien nicht nur Bereich von Meinungsfreiheit und publizistischer Vielfalt einen wesentlichen Beitrag leisten, sondern dass diese Medien auch und vor allem Jungjournalisten, PR-Menschen und Marketeers ein Ausbildungsbiotop bieten, das sich im späteren „richtigen“ Berufsleben als immens nützlich erweist.

Die Relation sollte man auch nicht aus den Augen verlieren, denn hier wird nicht über Milliarden verhandelt, sondern über relativ bescheidene Zuschüsse für Druckkosten und Infrastruktur. In einem Land, in dem (abgesehen von Kraftsaftl- und anderen weitgehend unnützen Marketing-Postillen) Journalisten-Honorare auf Schneeräumungs-Niveau dahin dümpeln, wird die Arbeitszeit meist ohnehin freiwillig und unbezahlt investiert. Die Gelder, über die hier gesprochen wird, sollen also einzig und allein der Aufrechterhaltung des Betriebs dienen. Und hier kommt ein weiterer Faktor ins Spiel, der das Land der Wein-Seligen von größeren Nachbarn unterscheidet, nämlich die sogenannten „Economies of Scale“: wenn etwa die potentielle Zielgruppe für ein Nischenprodukt bei 3% der Gesamtbevölkerung liegt und davon 5% besagtes Produkt auch tatsächlich konsumieren, ergibt das in Deutschland 123.000 Personen, in Österreich aber grade mal 12.450.[1. gerechnet mit 82 bzw. 8,3 Mio. Einwohnern] Da die Werbeeinahmen und damit auch die „Lebensfähigkeit“ von Medienprodukten mit zunehmender Konsumentenzahl aber nicht linear, sondern exponentiell steigen, stehen die längerfristigen Chancen für *jedes* Nischenprodukt hierzulande wirklich denkbar schlecht. Das mag übrigens ein Mitgrund sein, warum sich noch keine Regierung ernsthaft zur Etablierung eines dualen Systems im Rundfunkbereich durchringen konnte – und wenn, wie derzeit Usus, große Teiles des Kulturförderungsbeitrags zur Altstadterhaltung eingesetzt werden, dann zeigt dies ohnehin deutlich, dass eine vielfältige Medienszene Politikern höchstens bei Podiumsdiskussionen ein Anliegen ist. Würde mich natürlich freuen, den einen oder anderen ds-Leser am Donnerstagabend bei der Podiumsdiskussion zu treffen.

Update: Fotos von der Podiumsdiskussion

Ich hab vom Podiums aus einige Pix geschossen – und dass ich die Diskussion vorzeitig verlassen habe, sollte keinesfalls Desinteresse demonstrieren :mrgreen: Aber ich wollte Cynthias fantastisches Koriander-Hühnchen keinesfalls warten lassen!

0 Kommentare
  1. rip
    rip sagte:

    Sehr feine Diskussion, bin aber verhindert. Einzig von CHiLLi.cc ist leider niemand dort… :neutral:

    +2cent: Alternativmedienförderung ist wegen oben genannter Gründe IMHO dringend nötig; andere Modelle wie Steuervergünstigungen durch Kultursponsoring gibts ja in Österreich nicht…

  2. Andreas Klinger
    Andreas Klinger sagte:

    hi ritchie

    war ne gute diskussion – wenn sie auch imho zu unstrukturiert abgelaufen ist und imho wichtige differenzierungen der thematiken am anfang gefaellt hat

    was sind freie medien, was sind nicht kommerzielle medien, wer sieht es als seinen tag job, wer als kulturbestrebung, wer ist einfach nur naiv

    dinge die ich mir als herausgeber von einem nicht kommerziellen kultur medium wuenschen wuerde:

    * gefoerderte rechtsschutzversicherung
    * gefoerderte raten bei aume
    * indirekte druckkosten foerderung (es reicht wenn die druckerei leichte vorteile durch derartige auftraege hat)
    * gefoerderte geteilte redaktionsraeume (1)
    * regelmaessige medien-barcamps
    * guenstige software lizenzen vergleichbar wie fuer studenten – das argument bzgl oss ist imho gut gemeint aber leider weltfremd
    * kleinere direkte foerderungen in form von kooperationen, anzeigen oder kulturfoerderungsinitiativen

    (1) ein metalab der medien, ein pool an gegenseitigen feedback, ein semi-professionelles umfeld welches professionelles arbeiten ermoeglicht, eine praktikums und job plattform fuer jungjournalisten, eine moeglichkeit fuer die praxis zur theorie des studiums, eine moeglichketi dass minderheiten (volk, kultur, gehalt, etc) ihre anliegen vorbeibringen koennen und vielleicht mediales gehoer finden, etc etc

    sind das sachen die man auch ohne intervention staat und co erreichen koennte – klar aber ist nicht genau hierfuer kulturfoerderung da? kleinigkeiten zu ermoeglichen die zu grossem fuehren koennen

    beispiel resident:
    wir stecken eigentlich jeden extra verdienten euro wieder ins mag und finanzieren uns nur durch anzeigen und keinem euro foerderung – wir reden hier ca 40 redakteuren und von einem 80 seitigen heft mit 120g papier inkl einer mixcd die sonst um 15-20 eur im laden zu kaufen waere.
    von gesamtkosten von nahezu 10k per ausgabe und das alles neben beruf und studium der redakteure
    das ganze fuer eine zielgruppe die in österreich eine der aktivsten musik jugendkulturen ist und dennoch unter jeglichem sonstigen medien radar lebt

    meine meinung zu foerderungen: unsere anzeigenpreise koennen wir an seit jahrzehnten etablierten medien messen – welche vom staat gefoerdert werden

    der anspruch den das heft hat ist musik jugend und kultur zu foerdern – und nicht einen guten tag-job abzugeben (den wunsch haben wir lange aufgegeben)

    waere es mit weniger aufwand oder kosten machbar? klar
    eine theater truppe kann ihre performance via video aufnehmen und diese verteilen, anstatt live aufzutreten
    geht es bei kultur um kosten ersparniss – imho nein

    vor einem jahr haette es mir ansich schon gereicht wenn das mag fuer sich als kultur foerderung anerkannt wird.
    heute ist es mir reichlich egal was das system um das objekt von dem objekt denkt

    fuer kommende generationen an magazinen fehlen plattformen, vernetzungsmoeglichkeiten und kleine systemfeinschliffe – ich persoenlich hoffe dass der grundgedanke vom medienverband – erfahrungsaustausch und den strang zum gemeinsamen ziehen finden – funktioniert

    hunderte kleine „stehen“ die selben probleme durch oder scheitern an ihnen anstatt voneinander zu lernen und die probleme im vorfeld zu umgehen – wie siehst du das?

  3. ritchie
    ritchie sagte:

    Grundsätzlich klingt das natürlich alles sehr vernünftig, aber wie du richtig schreibst, liegt der erste Knackpunkt schon mal bei der Definition von „freien Medien“.

    the gap (und resident genauso) sind doch Mags, die von einem Haufen Musikfreaks gemacht werden, die gerne auf Konzerte, Parties etc. gehen und drüber schreiben. Ob Britpopper oder Drum-and-Basser unter- oder oberhalb des Wahrnehmungsradars liegen, ist doch vollkommen egal: ich seh da einfach keinen „gesellschaftlichen Mehrwert“: ich freu mich, wenn’s solche Medien gibt, aber aus inhaltlichen Gründen halte ich jegliche Förderung für ungerechtfertigt. Imho handelt sich’s um ein Hobby, wobei halt das gap solange durchgehalten hat, dass mittlerweile eine gewisse ökonomische Relevanz wohl nicht ganz abzusprechen ist, aber das sehe ich eher als Zeitfrage an.

    Du schreibst:

    das ganze fuer eine zielgruppe die in österreich eine der aktivsten musik jugendkulturen ist und dennoch unter jeglichem sonstigen medien radar lebt

    Ja und? Laute Technomusik auf 180bpm mit viel Bass, so what? It’s a party. Ich erlaub mir nur, so polemisch zu sein, weil da lang genug selber in der Szene mit drin gehangen bin. Und wenn’s eine so aktive Jugendkultur ist, dann gibt’s letztendlich eh genug Kunden.

    Strukturelle Förderungen fände ich trotzdem sinnvoll, weil man die Vielfalt ja fördern will: gerade die indirekte Druck-Kosten-Förderung ist da sicherlich interessant, wobei es dann sehr schnell schwierig wird mit der Grenzziehung zwischen WK und Förderinstituten: letztendlich versucht die Wirtschaftskammer ja auch, über geeignete Rahmenbedingungen Betriebsgründungen zu erleichtern. Die anderen Punkte sind sicherlich sehr sinnvoll und wären überdies sehr einfach umzusetzen.

    Das Medien-Metalab sehe ich ähnlich wie das „Verstaatlichungsproblem“: in der Theorie eine sexy Idee, aber praktomatisch schwierig. Die Leute, die „freie Medien“ machen, sind meiner Erfahrung nach eher überzeugte Einzelkämpfer, die meist ihre Kollegen für recht unfähig halte und vice versa. Ich denke nicht, dass das an-einem-Strang ziehen da wirklich funktionieren würde, wär aber natürlich einen Versuch wert.

    • Andreas Klinger
      Andreas Klinger sagte:

      gut hier haben wir scheinbar sehr unterschiedliche meinungen
      fuer mich gehoeren magazine wie the gap (und am anderen ende resident) zur kulturellen vielfallt unseres landes – abgesehen davon dass sie zusätzlich sehr viel andere kulturelle vielfallt unterstützen

      die ökonomische frage hat imho nichts mit zeit zu tun sondern nur mit aufwand/zeit und grundsätzlichen fragen der positionierung
      und fuer mich schneidet sich das blatt klarerweise sobald jemand versucht von seiner arbeit zu leben – dann kommt er fuer mich klarerweise in wirtschaftliche umfelde
      solange er nur auf seine kosten lebt und nur sein umfeld bereichert soll er doch tun was er will

      mir gehts ansich nur um eines – wenn jemand dumm genug ist seine freizeit, energie und geld in irgendeien form von kultureller bereicherung steckt kann man mit kleinen unterstützungen (und struktur ist mehr als geld) sehr vieles aus dieser begeisterung herausholen

      wenn „freie medien“ im durchschnitt ein paar jahre (1-4) ueberleben sollte man imho die leute moeglichst befaehigen aus dieser energie etwas mehr herauszuholen

      persoenlich glaube ich dass die grundidee eine medien metalabs funktioniert – ich hab das selbe ueber geeks vorab gehoert „warum sollten sie ausser haus gehen“

      lg andi

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