Lohnt sich Werbung auf Twitter?

Twitter Werbung: Kosten-Nutzen RECHNER für Unternehmen aus Österreich

Anfang des Monats hat Twitter einige Monate nach dem hauseigenen Analytics-Tool nun auch sein Do-It-Yourself Werbe-Interface für KMUs im Deutschland, Österreich und der Schweiz zugänglich gemacht. Seit dem vierten Februar können alle deutschsprachigen Twitter-Account-Inhaber unter ads.twitter.com ihre eigenen Kampagnen schalten. Die Betreiber haben sich bemüht, das Schalten von Twitterwerbung so selbsterklärend wie möglich zu gestalten und geizen im offiziellen Blogbeitrag auch nicht gerade mit vollmundigen Versprechungen:

Twitter ist wie gemacht für kleine und mittelständische Betriebe. […] Ab sofort bauen Unternehmen ihre aktuellen Twitter-Aktivitäten in nur wenigen Minuten aus, indem sie Twitter Ads nutzen. Erfahrungen in der Planung und Umsetzung von Werbemaßnahmen sind dabei nicht notwendig: Wer einen Tweet schreiben kann, kann auch auf Twitter werben.

Dass Twitter auf Dauer nicht allein von Luft, Liebe und Kurznachrichten leben kann, ist bekannt. Und obwohl die offizielle Unternehmens-Parole dank stagnierender Wachstumsraten mittlerweile „Reichweitensteigerung“ statt „Nutzerzuwachs“ lautet, ändert sich nichts am grundlegenden Unbehagen vieler Nutzer. Wer die Twitter-Timelines potentieller Kunden also zukünftig mit seinen Werbebotschaften vollpflastern möchte, braucht verdammt gute Argumente sowie außergewöhnlich originelle Kurznachrichten.

Wie t3n richtig schreibt, macht Twitter mit einer klaren Zieldefinition neuen Werbern den Einstieg zwar leicht, schwächelt aber bei der Filterung der Zielgruppe, da die Reichweite insgesamt einfach zu gering ist. (t3n meint Deutschland. Wir reden hier von einem sehr knappen Zehntel.) Im deutschsprachigen Raum ist und bleibt Microblogging bislang nun mal ein Nischenphänomen, und es sieht nicht so aus, als ob sich in naher Zukunft daran was Grundlegendes ändern würde.

Twitter Werbeziele

Beim Anlegen einer neuen Kampagne will Twitters Werbe-Interface im ersten Schritt wissen, welche Ziele man mit der eigenen Kampagne erreichen möchte.

Werbung auf Twitter jagt Kennzahlen in die Höhe

Für gepeinigte Social Media Manager lösen die neuen Twitter-Ads zweifelhafte Followerverkäufer ab, zweifelsohne eine willkommene(re) Alternative. Mokiert sich der Vorstand zukünftig darüber, dass „unsere Konkurrenz mehr Follower hat als wir“, lässt sich das Problem durch simple Werbebudget-Erhöhung mit Twitters Segen aus der Welt schaffen. Selbiges gilt sinngemäß natürlich auch für Werbung, die auf Interaktionen, App-Installationen und so weiter abzielt. Welcome to the Rat-Race once again.

Lassen sich unter diesen Umständen überhaupt quantifizierbare Aussagen zur einer möglichen Umsatzsteigerung treffen? Nur sehr grob, denn jegliche konkrete Berechnung erfordert die Eingabe von Klick- und Conversion-Raten, und die lassen sich nun mal im Vorhinein nur sehr grob abschätzen. Wie könnte ein solches Berechnungsmodell für die Alpenrepublik aussehen?

Conversion-Mathematik: Twitter Werbung für Österreichs KMUs

Twitter bietet wie erwähnt verschiedene Werbeziele an – im folgenden Beispiel geht’s um Conversions, also die Königsdisziplin im Online Marketing. Retweets, Favorites, Markenwertsteigerung hin oder her, letztendlich lautet die entscheidende Frage: Wenn ich 1 Goldmünze in den Twitter-Werbeautomaten einwerfe, wie viele Goldmünzen kommen dann unten wieder raus? Das folgende Beispiel erklärt, wie der Twitter-Conversion-Rechner funktioniert.

Am 9.2.2015, also gestern, existierten 125.873 Twitter-Accounts, die als Land „Österreich“ angegeben haben und damit die Grundgesamtheit an Zielgruppe bilden. Wir ignorieren geflissentlich, dass ein beträchtlicher Teil dieser Accounts seit längerem inaktiv respektive nur zu Monitoring-Zwecken in Verwendung ist.

Aus den Vermächtnissen diverser Netzwerk-Analysten wissen wir, dass diese 1,485 Prozent der Gesamtbevölkerung (8,474 Millionen) keineswegs einen repräsentativen Querschnitt darstellen, sondern spezifische Subgruppen überdurchschnittlich stark vertreten sind: Journalisten, die dem Beispiel des Wolfs folgten, Social Media Berater, Studenten der Kommunikationswissenschaft, Freunde der Krisen-PR und politisch überaus Interessierte.

Lassen wir all dies trotzdem mal beiseite und behaupten, unsere Zielgruppe sei definitiv auf Twitter zuhause. Das ist bei digital-affinen Produkten ja nicht mal unwahrscheinlich. Tun wir überdies so, als wollten wir eine spezielles, neues Selfie-Kamera-Telefon (mit eingebauten, ausziehbarem Selfie-Stick!) an die Frau sowie den Mann bringen und behaupten wir überdies, unsere Marktforschungsabteilung habe festgestellt, dass 5% der Alpen-Twitteranten regelmäßig Selfies posten. (Dass Instagram der neue heiße Selfie-Scheiß ist, hat der MaFo leider niemand gesagt, aber das ist eine ganz andere Geschichte).

Nun, was sagen die Zahlen? Von unseren 5 Prozent Selfie-Postern besitzt jeder fünfte schon mindestens einen Stick und 1 Prozent würde sein iPhone nie, aber auch wirklich niemals freiwillig hergeben für unseren Androiden. Bleiben als Zielgruppe also 3 Prozent aller .at-Tweeps, das sind 3.776,19 Personen.

Weil unsere Textfabrik ihren 140-Zeichen-Job hervorragend A/B getestet hat, kriegen wir eine Klickrate von optimistischen 5 Prozent zusammen und schicken somit 188,80 Personen auf unsere Landingpage. Die selbstredend ebenso sorgefältig optimiert wurde wie unser Tweet. Allein aus diesem Grunde konvertieren hier 3 Prozent aller Besucher, ordern also auf der Stelle ihr brandneues Stickphone. Wir haben somit 5,6 Bestellungen generiert.

Twitter-Werbung: Erste Erfahrungen

3% Conversion-Rate sind wirklich ganz schön optimistisch.

Bezahlt haben wir an diesem Punkt für 189 Klicks. In Österreich lag das notwendige untere Klick-Gebot vor drei Tagen zwischen 50 und 80 Cent, mittlerweile empfiehlt Twitter, mehr als einen Euro pro Klick einzuplanen. Wir haben für unsere aufgerundet 6 Bestellungen bei einem Klickpreis von 110 Cent folglich €207,09 ausgegeben.

War unsere Österreich Werbekampagne auf Twitter eigentlich ein Erfolg?

Ja, wenn wir pro verkauftem Produkt mehr als €34,65 (Kampagnenkosten durch verkaufte Stückzahl) Gewinn erzielen, und nein, falls der Gewinn niedriger liegt. Soviel also zur Mathematik hinter der Twitter-Werbung – blickt man hinter die Fassade der Umwegrentabilität auf die nackten Zahlen, dann wird eines schnell klar: Für „erfolgreiche“ Schaltungen müssen etliche Faktoren zusammenspielen, damit der erhoffte Optimalfall eintritt. Geld-Druck-Maschinen schauen jedenfalls anders aus.

Anmerkung: Ja, ein kleiner Teil der Besucher überschläft die ganze Sache nochmal und kauft das Stickphone erst in den folgenden Tagen. Und ja, einige wenige haben unsere Werbung retweetet (!) und die Reichweite somit vergrößert. Folglich kommen in der Realität wohl noch ein paar Kollateral-Conversions dazu, aber dafür geht mindestens einem Mobile User just während des Bestellvorgangs der Akkustrom aus.

Der Twitter-Kalkulator

Mit dem datenschmutz Twitter Werbe-Rechner können Online Shop Betreiber sofort ausrechnen, ob sich Werbekampagnen auf Twitter auszahlen. Ein paar Anmerkungen zur Berechnungsweise:

  • Der Kalkulator geht immer davon aus, dass die gesamte Zielgruppe die Werbeanzeige zu sehen kriegt – wie gut Twitter tatsächlich Angebot und Nachfrage zusammenführen kann, muss erst die Praxis zeigen.
  • Klick- und Conversion-Raten müssen händisch eingetragen werden (innerhalb sinnvoller Parameter). Wie gut ein Werbetweet tatsächlich funktioniert, zeigen letztlich bloß Echtdaten, Annäherungsweise sollten hier Klick- bzw. Conversion-Raten von vergleichbaren Kampagnen auf anderen Online-Kanälen eingetragen werden.
  • Nein, mein Kalkulator rechnet nicht falsch, die Ergebnisse werden bloß gerundet. Und ja, Conversion-basierte Twitter-Werbung eignet sich in Österreich so gut wie nur für Produkte mit einer Gewinnspanne, die locker das Hundertfache der Klickkosten beträgt!

Wenn Sie ein wenig mit den Parametern gespielt haben, dann haben Sie sicherlich festgestellt, was auch mir deutlich aufgefallen ist: Mit Twitters neuem Werbesystem lassen sich die eigenen Retweet-, Favorite- und Reichweiten-Statistiken zwar problemlos und scheinbar sogar relativ kostengünstig pushen. Wenn’s jedoch ums Eingemachte geht, sprich um tatsächliche Verkäufe, stößt die Twitter-Werbemagie rasch an ihre Grenzen.

Ob Microblogging-Werbekampagnen Sinn machen, lässt sich eben nur von Fall zu Fall entscheiden – für wenige, ausgewählte Unternehmen mag sich hier eine lukrativer neuer Werbe-Channel auftun, das Gros der österreichischen KMUs wird seine Zielgruppe jedoch viel effizienter anderswo ansprechen können.

Als Zusatzelement einer Kampagne respektive zur punktuellen Verbreitung einzelner Links mag sich Twitters Werbeplattform in Einzelfällen durchaus eignen. Die meisten Werbetreibenden werden am Ende des Tages (oder der Kampagne) jedoch keine handfeste Gewinnsteigerung erreichen und sich wieder lukrativeren Werbe-Optionen (AdWords, Facebook Ads) zuwenden: Die deutschsprachige Twitter-Community ist nun mal eine in ihrer Eigenwahrnehmung zwar elitäre, aber letztendlich doch marginale Zielgruppe.

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0 Kommentare
  1. salvaDDor1
    salvaDDor1 sagte:

    Soweit, so wichtig und richtig. Schöner Beitrag.. 
    Andererseits ist Twitter auch wahrlich kein B2C-Sale-Channel. Und Leads für den Whitepaper Download bei IWB, iBusiness oder Lead Digital kosten idR minimal 50,00 EUR und zwar zuzüglich Hosting-Gebühren. Da können Twitter-Ads also durchaus ein sehr interessantes Instrument sein (in unserer digitalen B2B-Blase) ;-)

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