Wenn das Volk mehr Demokratie begehrt

Wenn das Volk mehr Demokratie begehrt

Die Zeiten der schwarz-blauen Regierung in .at schienen geprägt von Wirtschaftsliberalismus, möglichst dicht gemachten Grenzen und allerlei skurrilen personellen Fehltritten – plus einer bedenklichen Aushöhlung (oder besser gesagt: Entkernung) demokratischer Kernwerte. Nicht wenige wählten bei den letzten NR-Wahlen die SPÖ in erster Linie, um diese für mitdenkende BürgerInnen demokratiegefährdenden Entwicklungen zu stoppen.

Dachten wir zumindest. Aber da kann Gusi so viele Dalai Lamas empfangen, wie er will: Schwarzrot setzt die informationstechnische Entmündigung des eigenen Volkes noch viel konsequenter fort, anstatt auch nur einen Fingerbreit zurück zu rudern. Konkret geht’s dabei um eine Reihe von Gesetzesbeschlüssen, die in letzter Sekunde vor Jahresende im Parlament durchgepeitscht worden. Und während den gewöhnlichen Bürger meines Wissens nach weder Dummheit, noch Ignoranz, noch simples Unwissen vor Strafe (oder Konsequenz) schützen, gilt für die Volksvertreter ganz anderes. Denn dass vereinzelte ParlamentarierInnen (und MinisterInnen) allen Ernstes behaupten, sie hätten deshalb für die Beschneidung der Befugnisse des Verwaltungsgerichtshofs, für ein jeglicher richterlicher Kontrolle entzogenes Sicherheitspolizeigesetzt (Stichwort: Überwachung) und für eine gesetzliche Verankerung des Kammerstaates gestimmt, weil ihnen die Inhalte der Vorlagen nicht im Detail bekannt waren.

Nun man die delegative Demokratie in mancherlei Hinsicht für ein problembehaftetes Meinungskanalisierungs-System halten, und dass nicht jeder Abgeordnete jede Gesetzesvorlage liest – oder auch nur in die Hand nimmt – ist ausreichend bekannt. (Nein, ich schimpfe nicht aus Prinzip oder Unwissen. Mein Zweitfach war Politikwissenschaft.) Aber wenn diese Tatsache nicht nur als keineswegs peinlich, sondern im Gegenteil als legitime Entschuldigung für die eigene Mitarbeit an widerlichen, demokratiefeindlichen Kampagnen dienen, dann ist es allerhöchste Zeit für mündige Bürger, die Verantwortung, die sie ihren Parlamentariern via Vertrauensvorschuss angedeihen ließen, auch tatsächlich mal einzufordern.

Dieser hehren Aufgabe verschrieben hat sich eine Bottom-Up Initiative verschrieben, deren erstes Treffen letzte Woche im Café Westend stattfand. Mehr Informationen zum nächsten Treffen(Arbeitstitel: Demokratischer Salon) gibt’s auf caragal.org bzw. bei reimon.net, überdurchschnittlich Interessierte tragen sich bei der folgenden Mailingliste ein:

Heute habe ich die folgende E-Mail bekommen mit der Bitte um Verbreitung – und selbiger komme ich gerne nach:

EINLADUNG zum 2. Demokratischen Salon

Wann: SO 16.12.2007, 16:00 Uhr
Wo: Café Westend, 1070 Wien
Was: Formulierung einer Position für ein etwaiges Volksbegehren für mehr Demokratie Wer: Alle interessierten Personen – VERBREITUNG ERWÜNSCHT

In der letzten Sitzung des Nationalrates vor der Weihnachtspause hat die Große Koalition mehrere rechtsstaatlich und demokratiepolitisch bedenkliche Beschlüsse gefasst. Ohne ausreichende Vorbereitung, Begutachtung und öffentliche Diskussion wurden die Befugnisse des Verwaltungsgerichtshofs beschnitten, das Sicherheitspolizeigesetz verschärft (Überwachung) und der Kammerstaat in der Verfassung verankert. Dabei waren teilweise weder Regierungsmitglieder noch Abgeordnete der Koalition ausreichend über die Inhalte der Anträge informiert – zugestimmt haben sie trotzdem.

Aus diesem Grund haben sich am 9. Dezember besorgte Privatpersonen getroffen, um Protestmöglichkeiten gegen diesen Niedergang der politischen Sitten im österreichischen Parlament zu diskutieren.

Wir machen uns wenig Illusionen darüber, dass diese Beschlüsse nach ein paar Protesten zurückgenommen würden, zu taub dafür haben sich österreichische Regierungen in der jüngeren Vergangenheit schon gezeigt. Aber wir fürchten, dass die Große Koalition ab jetzt in dieser Form weiter macht, und dagegen wollen wir mobilisieren – und zwar als parteilose Plattform. Wir wollen prüfen, ob ein Demokratie-Volksbegehren eine realistische Chance hätte.

Konkrete Ziele eines solchen Volksbegehrens wollen wir im 2. Demokratischen Salon am nächsten Sonntag um 16:00 Uhr im Café Westend diskutieren. Dazu sind alle interessierten Personen eingeladen.

Wir haben eine offene Mailingliste zu diesem Thema eingerichtet, die auch der Vorbereitung des Treffens dient: demokratie [at] cargal.org

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