Sprach.Splitting: von GeschlechterInnen-DifferenzInnen

Sprach.Splitting: von GeschlechterInnen-DifferenzInnen

binnen-iIm Englischen hätten wir dieses Problemchen nicht, eh klar: aber die Tschörmän Flexion zieht überall einen Geschlechtslayer ein und unterscheidet etwa zwischen Schornsteinfeger und Schornsteinfegerin. Weil Sprache ein wesentlicher Teil der Weltwahrnehmung ist, fordern Femis schon lange eine inklusive Form, und weil die permanente Doppel-Aufzählung suckt, erblickte das sogenannte Binnen-I (SchornsteinfegerIn) das Licht der Welt.

Denn Sexismen seien tief in der Sprache verwurzelt, so die Befürworterinnen. Diese Sichtweise stößt aber auch bei vielen Ladies auf wenig Begeisterung; das sogenannte „Binnen-I“ mache Texte schwerer lesbar und „hässlicher“, ist ein oft gehörtes Argument, dass die wahren Probleme anderswo lägen ein weiteres.

Ich bin ja ein Kind der linken Uni-Sozialisation, wo die Kategorie Gender schon vor Jahren das biologische Geschlecht – zumindest nach dem Willen der ProtagonistInnen – ersetzt haben sollte. Im journalistischen Bereich (außer vielleicht beim Standard, dort habe ich nie gearbeitet) ist das Binnen-I in .at meist unerwünscht, hier auf datenschmutz habe ich ja die Freiheit, selbst zu entscheiden. Bislang habe ich den eingeschobenen Großbuchstaben hier am Blog immer verwendet, aber inzwischen geht’s mir damit wie mit manchen Lebensmitteln, die man früher gern mochte, und die einem plötzlich gar nicht mehr schmecken.

Von meiner hochgeschätzten LeserInnenSchaft habe ich außerdem sporadisch Feedback zum Binnen-I erhalten, und zwar ausschließlich negatives… Und als Bernd mir letztens das Binnen-I be gone Plugin für Firefox zeigte, kam ein langer Nachdenkprozess zu einem rapiden Ende: kein Binnen-I mehr auf datenschmutz.

Falls jemand Lust hast, einen reverses Plugin zu schreiben (Binnen-I come in), kann sie oder das ja gerne tun: da für die meisten Readers (haha, ausgetrickst) aber die Split-Form wohl eine permanente Annoyance darstellt, beuge ich mich gern den Wünschen meiner Leserschar und spreche die magische Formel:

Lirum larum literarischer Stil /
weil das Binnen-I Ihnen nicht gefiel /
nimmt’s der Trainer aus dem Spiel.

Ich hätte ja vermutet, dass man sich irgendwann so sehr dran gewöhnt hat, dass früher oder später eher das fehlende I den Lesefluss stört… aber für Nicht-Muttersprachler erhöht es gewiss die Schwierigkeit. Und deshalb gibt’s hier zukünftig kein Binnen-I mehr, sondern gelegentliche Aufzählung beider Formen. Tja, liebe Leserinnen und Leser – soviel Zeit muss sein!

0 Kommentare
  1. weirdsista
    weirdsista sagte:

    ich habe auch eine gespaltene meinung zum binnen-I, ich verwende es manchmal, aber auch nicht ständig. in meiner diplomarbeit hab ich z.b. bewusst drauf verzichtet, weil es so sperrig ist, den lesefluss stört und obendrein unnötig mehr zeichen erzeugt.
    ich finde es ganz gut, wenn es da ist, aber es ist mir auch recht wurscht, wenn es nicht da ist. rein typographisch gefällt es mir gar nicht. natürlich könnte man argumentieren, diskriminierung beginnt schon bei der sprache. aber ich finde, es gibt weitaus dringendere probleme zu lösen als dieses. weitaus ärgerlichere dinge, die mich als frau an der gesellschaft stören.

    imho: solange frauen nach wie vor für den gleichen job weniger geld bekommen und dieser unterschied gerade in österreich im EU-durchschnitt besonders hoch ist, dann sollte man sich nicht mit linguistischem eiertanz aufhalten.

    • Peter
      Peter sagte:

      Sorry aber die Argumentation ist etwas kurzsichtig. Mit der gleichen „Richtigkeit“ wie du, sage ich dann nämlich: Solange Menschen nicht genug zum essen haben und auch die gibts in Österreich, sollte man sich nicht mit Gleichberechtigungs-Schnickschnack aufhalten.

      Solange immer nur von Abteilungsleitern, Chefs, Managern etc. und nie von Abteilungsleiterinnen, Chefinnen und Managerinnen gesprochen wird, wird sich auch an der Gehaltsdiskrepanz wenig ändern. Das Problem ist dann im kollektiven Denken (und das passiert weitestgehend über Sprache) nicht repräsentiert.

  2. Jana
    Jana sagte:

    Ich hätte gerne noch eine dritte Option in der Abstimmung:
    [x] Weiß nicht
    Ansonsten verwende ich das Binnen-I ab und an aus Trägheit (denn zum tippen/schreiben isses einfacher und platzsparender zweifache Nennung in zwei Varianten), nehme es aber nicht immer gerne, weil es immer so betulich, so bemüht klingt. Außerdem ist es ungrammatikalisch (ebenso wie Mag. mit hochgestelltem a, das ich NIE verwende – wofür an ne Abkürzung noch was dran hängen?) und nicht aussprechbar.

    Am liebsten ist mit das angelegentliche wechseln zwischen männlichen und weiblichen Formen; mal eben „Leserin“ und dann wieder „Leser“ verwenden.

    Einfach fürs ab und zu mal wieder drauf hinweisen – is‘ für mich kein Eierinnentanz, sondern macht Späßin.

    • ritchie
      ritchie sagte:

      Ja ja und ja. Das find ich auch, außerdem weist man so eigentlich immer wieder mal auf die von Peter angesprochenen Indiskrepanzen hin… „representing the female form“, wie der Rapper sagen würde – aber def lieber ohne Binnen-Iin!

  3. Peter
    Peter sagte:

    Wie viele Zugriffe hast du? Du kannst mir am Tag 100 Leute vorbeischicken und 9 Leute haben gevotet. So what? Das passt zu Max Beitrag über Postdemokratie.

    Natürlich kann es jede und jeder im eigenen Blog halten wie sie und er es wollen – aber dann bitte nicht nur mit Pragmatismus und Lesefluss argumentieren.

    • ritchie
      ritchie sagte:

      Ja, ja – die gute alte Conversion Rate. Die ist, was aktives Involvement betrifft, immer sehr niedrig.

      Aber mit dem Lesefluss kann man sehr wohl argumentieren… mir ist der Flow wichtiger als das Splitting, und ich bin da ganz Janas Meinung: eleganter isses, einfach ab und an nur die weiblich Form zu verwenden – und es erfüllt genau den gleichen Zweck.

  4. sofastar
    sofastar sagte:

    Ich kann mich in letzter Zeit für die sogenannte „kontra-intuitive“ Schreibweise begeistern. Man schreibt hier dann sehr wohl von Managerinnen und Abteilungsleiterinnen, und natürlich von Friseuren und Sekretären. Manchmal fällt das beim Schreiben schon gar nicht so leicht, und ich glaube, dass es auch so manchen Leser überraschen kann. Außerdem ist der abwechselnde Gebrauch sehr einfach und stört den Lesefluss bedeutend weniger als zum Beispiel Stilblüten jener Eifrigsten, die z.B. ein „man“ durch ein „mensch“ ersetzen. Bei solchen Texten brauche ich dann schon sehr viel Motivation, um sie auch zu Ende zu lesen…

  5. sofastar
    sofastar sagte:

    Bekomme beim Betrachten dieses Beitrages eine Fehlermeldung: „Stack overflow at line: 871“. Browser: IE7 unter Windows XP SP3… Just to let you know.

  6. Sigi
    Sigi sagte:

    Hallo Ritchie, jetzt hatte ich Zeit zum Querlesen. Nun: Das englische „man“ ist gar nicht so unumstritten. Dort tobt nämlich genau die Debatte: meint es Mann oder Mensch?! – Da haben wir Deutschsprechenden es einfacher: ein Mensch ist ein Mensch. – Umgekehrt haben die Briten bereits seit 2015 eine genderneutrale Anrede: Dear Mx, und dann ist es egal, ob Conny, Sigi, Chris, Micha, Alex und die vielen Namen aus aller Welt Männlein, Weiblein oder Nicht-Binär sind. Sie sind alle angesprochen, nicht mitgemeint. So etwas hätte ich auch gerne im Deutschen. Bei den Pronomen übernimmt im Englischen übrigens zunehmend „she“ die Rolle des übergreifenden Pronomens. Die Versionen s/he oder (s)he gibt es ebenfalls, aber halt auch unkompliziert ohne Extrazeichen she (für alle). – Mehr zum Gendern in anderen Sprachen gibt es in meinem Blog: https://www.gespraechswert.de/gendern-international/#changethema-sprachwandel
    Und auf meiner To-Do-Liste stehen weitere Artikel für Leute wie dich und mich: die schöne Sprache lieben, aber denen auch Gender- und Kultursensibilität beziehungsweise die Reduktion von Diskriminierung wichtig sind. – Nächste Woche flieg ich nach Österreich, um ein Video-Learning zum Thema pragmatisch gendern aufzunehmen. Also echte Lösungen jenseits von Kampfgräben :-)

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