Wahl.Qual: H.C. Haider vs. Jörgl Strache

Wahl.Qual: H.C. Haider vs. Jörgl Strache

striderDie Volksfronten des kleinen Mannes machen ernst. Musste man sich früher bloß vor einem rechten Lager in Acht nehmen, droht nun doppelte Ungemach. Beim rechtsaußen Local-Celebrity Deathmatch zählt sogar ein linker Schwinger, ohnehin ruht kein Blick auf der Gegend oberhalb der Gürtellinie. Sympathisanten der nationalen EU-Befreiungsfronten und des mir-san-mir Kulturbewahrertums erleichtert Österreichdiezeitung dankenswerterweise die Auswahl. Jene bunte Tageszeitung dürfte „Opa aller Kanzler“ Dichand aber ein Dorn im Auge sein: er gibt schließlich diesem Land die randständige anständige Zeitung, die es verdient, während Wolfi Fellner anständig damit verdient, dass er diesem Land eine Zeitung gibt, die es nicht verdient hätte. Während also Krone und Heute aus allen Rohren mit Faymännern auf schwarze Spatzen schießen, frug ein Vasall der Konkurrenz beim Original und seiner Karikatur vor einigen Tagen genauer nach und bastelte daraus ein Fihtscha (sprich: feature). Die Kronprinzen rechter Lebensführung hatten je 10 Fragen zu beantworten und es zeigte sich: die berühmte Engstirnigkeit der rechten Gesinnung lässt offensichtlich nicht mal genug Spielraum für Schein-Differenzierung!

Dazu muss ich eine Anekdote erzählen: als ich anno domini 1995 in Graz Technische Physik studiert, kam Jörgl zu Besuch, um am Jakominiplatz für seine Ausländerfeindlichkeit zu werben. Der Uhrzeit gemäß – 10 am Vormittag – bestand das Publikum quasi exklusiv aus Pensionisten, was der smarte Populist sofort messerscharf erkannte. Aufgrund unerwarteter Explosionen im Chemielabor war uns eine Vorlesung ausgefallen (vielleicht haben wir auch nur geschwänzt, um im Notfall eingreifen zu können), wir hatten also das Vergnügen, zu fünft den Altersschnitt der rund 200 Anwesenden beträchtlich zu senken. Der Jörgl drosch ordentlich auf die Studentenschaft ein, verbal zumindest: „Diese Schmarotzer sollen mal was arbeiten!“ Zustimmendes Murren-Nicken der Pensionisten. Wir begannen spontan Gegenparolen zu intonieren wie „Diese Nazis solle mal 0 Prozent bekommen!“ Missbilligende Gesichter wandten sich in unsere Richtung, der dunkle Herrscher des Ulrichsbergs hatte eine Personifizierung für seinen blutsaugenden, gesellschaftsschädigenden Studenten-Archetypus gefunden.

„So wie die da drüben – die sollten in der Vorlesung sein“, hetzte er. Und wäre der Großteil des Publikums nicht so fußlahm gewesen, dann hätte ich spätestens jetzt Angst vor einem spontan gebildeten Lynchmob bekommen. „Seien Sie doch froh, dass Ihnen überhaupt jemand unter 60 zuhört“, rief ich ihm noch zu, dann drehten wir uns um und gingen, moralische Sieger einer Auseinandersetzung, an die mich besagtes Österreich-Fragespiel erneut erinnerte. Denn zu Punkt 3 Schaffen Sie die Studiengebühren ab? antwortet Haider:

Ich heiße Haider, habe alle meine Wahlversprechen auf Punkt und Beistrich eingehalten. Ich verspreche aber die Abschaffung der Studiengebühren nicht, weil ich meine, dass auch Studenten ihren Beitrag für die Allgemeinheit leisten sollen.

jörg haiderWarum dieser Akademikerhass, lieber Herr Ex-Universitätsassistent? Was für ein Beitrag soll den das bitteschön sein? Diese Gebühren, die gerade mal die Kosten ihrer Eintreibung decken, belasten die ohnehin meist finanziell prekäre Situation der meisten Studenten zusätzlich, halten Maturanten vom Studium ab, sorgen dafür, dass mehr nebenher (schwarz) gearbeitet werden muss… Sollten wir nicht lieber den Akademikerschnitt heben, die Studiendauer verkürzen und den gern zitierten Slogan von der zentralen Stellung des Wissens in der Wissensgesellschaft ernst nehmen? Ich bin ja froh, dass in Kärnten die Kleinsten schon gratis in den Kindergarten dürfen, aber Studenten geben Fünfjährige ausspielen ist noch weit unter Kindergarten-Niveau. Schon blöd, dass im rechts-sozialistischen Paradies auf Erden mitten in Klagenfurt diese Schmarotzer Uni steht – aber für die zahlt zum Glück ja eh der Bund. Steht der Name Haider gar für Kostenwahrheit der Studiengebühren? Sollen die Studenten künftig endlich mehr Beiträge leisten und ihre Lektoren pro Stunde bezahlen? Straches Antwort zeugt hingegen davon, dass er durchaus mit Wählern aus der Studentenschar spekuliert:

>Die Studiengebühren sind nicht wie versprochen den Studierenden zugute gekommen. Eltern und Studenten wurden abgezockt. Studiengebühren abschaffen.

strachelschweinBei allen anderen Fragen sind die Antworten fast beängstigend wortgleich ausgefallen – der Unterschied zwischen BZÖ und FPÖ liegt übrigens darin, dass aus der Sicht der einen die jeweils andere Partei gar keine Verantwortung übernehmen will/kann und nicht zu ihren Versprechen steht. Und Haider will primär rot/schwarz verhindern, während die EU-Diktatur Straches größte politische Sorge ist. Ansonsten streiten beide munter weiter um die Gunst der männlichen Bevölkerung unter 1,50 Körpergröße (der sogenannten kleinen Männer) Cool wär übrigens auch mal ein Cagefight, um ein für allemal zu entscheiden, wer die wiedervereinte empörte Volksfront des kleinen Mannes unter neuer Farbgebung (kack-beige?) in die Zukunft führen darf.

7 Kommentare
  1. Aufschnürer
    Aufschnürer sagte:

    Aufgrund fehlender außenpolitischer Kenntnisse bin ich sicher nicht dazu qualifiziert, über die beiden Kandidaten zu urteilen. Aber dieser Haider ist mir noch gut durch negative Schlagzeilen (war da nicht irgendwas mit Gesinnung nach rechts?) in Erinnerung.

    Um die Frage nach dem rechten richtigen Kandidaten zu beantworten, möchte ich an dieser Stelle einfach mal sinngemäß den Prolog aus dem Film „Riddick: Chroniken eines Kriegers“ zitieren:

    In normalen Zeiten sollte das Böse vom Guten bekämpft werden. Doch in Zeiten wie diesen sollte das Böse von einem anderen Bösen bekämpft werden.

    :evil: :smile:

    • ritchie
      ritchie sagte:

      Hehe… das ist trotz deiner, wie du schreibst, fehlenden Außenpolitik-Kenntnisse eine wesentlich treffendere Analyse, als alles, was ich ich bisher von österreichischen Polit-Kommentatoren gehört hab! :twisted:

  2. Arno
    Arno sagte:

    Die Analyse der Medienstreitugkeiten gibt wohl eher selten eine aussagekräftige Schlusfolgerung, weil die Bewertung so vorgenommen wird, wie sie der einfache Wähler eh nicht versteht und eher einzelne Sätze im Kopf bleiben, die dann den oder den den Vorrang geben

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  1. gazibo sagt:

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