Also doch erstes Leben?

Also doch erstes Leben?

Wenn literarisch interessierte Anthropologen dem „Blick von Außen“ ein Setting verschaffen wollen, so versetzen sie sich gern in die Rolle eines außer-irdischen Besuchers, der über das gar merkwürdige Leben auf der Erde berichtet. Martin Reichert tut für die Taz das gleiche und beschreibt das „Computerspiel“ First Life aus der Perspektive eines 2nd Life Bewohners.

Das ergibt einen köstlichen Testbericht ganz im Stile der derzeit überall gern publizierten „Mein erster Besuch im Vergnügungspark der Linden Labs“ Zeugenberichte:

Versuchte man, die ganze Welt des „First Life“ zu erkunden, müsste man beispielsweise „Billigflieger“ in Anspruch nehmen, eine Bezeichnung, die insofern irreführend ist, als sie doch einiges kosten. Ein Flug nach Paris etwa wird für 29 „Euro“ angeboten, grob umgerechnet wären das 5.400 Linden-Dollar. Umsonst ist hier eigentlich so gut wie gar nichts zu haben, außer der für Menschen lebensnotwendigen Luft zum Atmen – das „Klima“ ist hier sowieso eine ziemlich wichtige Angelegenheit. Der Springer Verlag hat im „First Life“ eine eigene Zeitung, die an jeder Ecke angeboten wird, und wenn die Titelseiten recht haben, steht das „First Life“ vor seinem baldigen Ende.

Überhaupt geht’s in First Life relativ rauh zu, auch wenn viele behaupten, dass wie immer bei medialen Innovationen Sex die hinter allem steckende Triebfeder und First Life nur ein großes unvirtuelles Puff sei:

Es gibt hier Niederlassungen und Werbetafeln von Firmen, die einem aus dem Second Life bekannt vorkommen, etwa Sony und Toyota. Auch die Menschen sehen zum Teil aus wie Avatars. Braungebrannte und breitschultrige Männer und großbusige, braungebrannte Frauen mit langen Beinen – ist aber eher die Minderheit, und wenn man sie anspricht, ob sie vielleicht Lust auf Ficken hätten, kann das ziemlich schmerzhafte Folgen haben, also seien Sie auf der Hut. Als Mensch ist man „verletzlich“, so kann das Wasser zum Beispiel aus dem Körper rinnen, und dann ist man tot, „game over“. Wenn einen nicht vorher ein lärmendes Auto mit Blaulicht ins Krankenhaus fährt. Die Dinger gibt es hier überall, und sie machen einen irrwitzigen Krach. Eine der vielen Details, die das „First Life“ zu einem prickelnden Erlebnis, ja: einem wahrhaftigen Abenteuer machen.

Fazit – ein total überhpytes Spektakel eben!

Und man fragt sich auch immer mehr, was das hier eigentlich soll. Die Menschen sehen größtenteils ziemlich scheiße aus und wollen weder mit einem reden noch mit einem schlafen. Man weiß nicht, wer sie wirklich sind und was sie wollen. Sie haben nichts Besseres zu tun, als Euros nachzujagen, und stehen nicht mal offen dazu, dass sie es nur auf Sex abgesehen haben.

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