.at am direkten Weg zur Informationsdiktaktur

.at am direkten Weg zur Informationsdiktaktur

Gerade setzte ich den virtuellen Stift an, um mahnend anzuheben, doch Ö1 Kolumnistenkollegen Thomas Bredenfeld kam mir zuvor: er schrieb eine sehr lesenswerte und hervorragend Zusammenfassung jener Groteske, die quasi unter Ausschluss von Öffentlichkeit und jeglichen Kontrollinstrumenten die Alpenrepublik zum General-Geheimagenten und alle Bürger zu potentiellen EM-Terroristen macht:

Mit einer komfortablen Zweidrittelmehrheit hat die Regierung nun Werkzeuge geschaffen, von denen das Ministerium für Staatssicherheit der DDR, die Gestapo oder Fürst Metternich nicht einmal zu träumen gewagt hätten. Das muss man ohne jede Übertreibung sagen, denn die schwammigen Rahmenbedingungen, unter denen die Exekutive ab kommenden Jänner Standortdaten von Handynutzern abfragen oder vom Internet-Provider die Herausgabe von Name und Adresse eines Nutzers einer dynamischen IP-Adresse fordern kann, öffnen einem mehr oder weniger unkontrollierten Zugriff auf solche Daten Tür und Tor.

Man möchte meinen, dass in den gut fünfzig Jahren seit Ende von Nazi-Herrschaft und Besatzungszeit die Verfassung so weit durchdacht wurde, dass weitgehende Änderungen der rechtsstaatlichen Grundsätze nicht sozusagen unbemerkt vonstatten gehen, doch weit gefehlt: die Real-Groteske nahm auf die typisch österreichische Weise ihren Lauf:

Im Schatten der üblichen großkoalitionären Streitereien, unter Umgehung des Datenschutzrates und weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit wurde in einer Nacht-und-Nebel-Aktion (im wahrsten Sinne des Wortes) die richterliche Genehmigungspflicht für Auskunftspflichten bezüglich sensibler Kommunikationsdaten stark aufgeweicht bzw. ganz über Bord geworfen. Durch geschickte Terminierung und einen kurzfristigen Ergänzungsantrag wurde eine Reaktion praktisch unmöglich gemacht.

Es ist in der Tat ein veritabel trojanisches Geschenk mit weit mehr als vier Pferdefüßen, das eine Regierung, an der angeblich auch eine Linkspartei beteiligt sein soll beteiligt sein sollen, ihrem Volk zu Weihnachten hinterlässt. In punkto Überwachung und digitaler Datenschutz war ich bis November zwar nicht stolz darauf, Österreicher zu sein, aber froh drüber: denn während man in Deutschland demokratische Grundrechte längst zu unterminieren begonnen hatte, blieb Österreich standhaft. Abhören war nur auf richterlichen Befehl möglich, man ahnte fallweisen Missbrauch, aber am symbolisch doch so wichtigen Gesetzespapier bekannte sich der Staat zur guten alten Gewaltentrennung.

Die kann nun getrost als abgeschafft gelten, außerdem sehen Experten im präventiven Beweissammeln eine deutliche Entwicklung hin zur Beweislastumkehr. Am 6. Dezember übernahm der Krampus Innenminister quasi im Alleingang die Kontrolle über die politische Entscheidungsfindung:

Während des Nationalratsplenums wurde das Recht zum polizeilichen Zugriff auf die IP-Adressen als Abänderungsantrag eingebracht – ohne Ausschuss, ohne Begutachtung. Weder Justizministerium noch Datenschutzkommission oder Verfassungsdienst konnten dazu Stellung nehmen. Die parlamentarische Kontrolle wurde ausgeschaltet.

Der Standard berichtet ausführlich, die Petition SOS Überwachungsstaat erzeugt momentan zwar ein laues Lüftlein innerhalb ohnehin sensibilisierter Bevölkerungsschichten – es bräuchte wohl einen Demagogen für die gute Sache vom Format eines Michael Moore und mit dem Aussehen eines Sepp Forcher, um die „breite Masse“ zu mobilisieren…

0 Kommentare
  1. club penguin
    club penguin sagte:

    Abhören war nur auf richterlichen Befehl möglich, man ahnte fallweisen Missbrauch, aber am symbolisch doch so wichtigen Gesetzespapier bekannte sich der Staat zur guten alten Gewaltentrennung.

Hinterlasse einen Kommentar

Schreibe einen Kommentar