.at-spezifisch im Netz werben

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Das Internet kennt keine Ländergrenzen, allenfalls Sprachbarrieren. Bernd und Martin, die Macher von mediaplanung.at (mit letzterem habe ich am vorjährigen Wiener Barcamp einen Vortrag über above- und below-the-line Online-Werbung gehalten), veröffentlichen jährlich einen Printguide über die österreichische Marketing-Landschaft – sozusagen ein Branchenbuch für Werbeplaner. Für die aktuelle Ausgabe, die dieser Tage erscheint, habe ich den folgenden Text geschrieben – er geht der Frage nach, welche Möglichkeiten das Social Web bietet, länderspezifische Werbung zu schalten: denn Adwords ist gewiss nicht der Weisheit allerletzter Schluss!

onlinewerbungDas World Wide Web bietet vielfältige neue Werbemöglichkeiten: ob above- oder below-the line, ob klassische Bannerkampagne oder virale Videos für youtube und andere Videoplattformen, ob Advertorial oder Präsenz in Social Networks – immer neue Werbeformen und Abrechnungsmodelle buhlen um die Gunst von Webmastern und Schaltagenturen. Zugleich reißt das Internet Ländergrenzen ein und intensiviert den Preiskampf in der Werbung. Sprachbarrieren führen auf natürliche Weise zur Bildung von Inseln und Vermarktungsgemeinschaften – aber innerhalb der Blogosphäre etwa verschwimmen die Grenzen zwischen Deutschland, Österreich und der deutschsprachigen Schweiz bis zur Unkenntlichkeit. Wer Produkte oder Services spezifisch nur hierzulande bewerben will, dem stehen weit weniger Möglichkeiten zur Verfügung, als man auf den ersten Blick meinen könnte: denn was nützt etwa einem österreichischen Mobilfunkbetreiber die schönste Blog-Kampagne, wenn die ausgewählten Online-Tagebücher zwar beispielsweise von Österreichern geschrieben werden, aber zu 90% deutsche Besucher haben?

Geotargetting heißt das Zauberwort, mit dem die großen Syndikatoren und Affiliate-Netzwerke das Problem lösen: Einerseits sind Webseiten längst nicht mehr statisch, sondern werden dynamisch beim Aufrufen generiert. Daher besteht von technischer Seite überhaupt keine Notwendigkeit, jedem User die gleiche Werbung zu zeigen. (1) Andererseits lässt sich anhand der jeweiligen IP-Adresse des Nutzers eine ausreichend genaue Lokalisierung vornehmen, um zu wissen, in welchem Land sich der jeweilige Surfer gerade aufhält. (2) Kommerzielle Adserver können ebenso wie das frei erhältliche Open-Source Pendant Openads diese Informationen auswerten und dem österreichischen User daher potentiell auf jeder Seite landesspezifische Werbung anzeigen – in der Praxis allerdings zeigt sich schnell, dass Österreich als sehr kleines Land definitiv nicht auf der Prioritätenliste der internationalen Webvermarkter steht. Welche Alternativen stehen zur Verfügung?

Google AdWords

Der Suchmaschinenriese glaubte von Beginn an das freie Spiel von Angebot und Nachfrage und schuf mit dem AdWords/AdSense System das bis heute populärste System für die Schaltung von Textanzeigen. Attraktiv wird das System durch seine Allgegenwart: auf tausenden Seiten finden sich die unscheinbaren kleinen Ads, gesponserte Suchergebnisse und Google Content Network runden das Portfolio auf Publishing-Seite ab. Je begehrter ein Keyword, desto höher der Preis; Geotargetting ist selbstverständlich integriert. Die clickbasierte Abrechnung in Kombination mit der genauen Kostenkontrolle und der Effizienz-Auswertung durch Google-Analytics bescherte dem System großen Markterfolg, allerdings sind die grafischen Möglichkeiten stark eingeschränkt und zunehmende, beim User gelernte Adword-Blindheit lässt die Clickraten von Jahr zu Jahr sinken.

Facebook: Social Network Werbung

Nach Weblogs erleben aktuell Social Network einen riesigen Boom: während in Deutschland anfänglich vor allem StudiVZ und Xing regen Zustrom fanden, ist inzwischen auch in Europa Facebook am besten Weg zur Nummer 1. Der Grund für die geradezu absurd hohe Bewertung des Netzwerks liegt in erster Linie in den hervorragenden Werbemöglichkeiten: anders als informationslastige Seiten leben solche Social Networks von den Interaktionen der Nutzer und weisen eine sehr hohe Verweildauer auf. Microsoft bezahlte Anfang des Jahres für 1,6% Anteile 240 Millionen Dollar, das entspricht einem Gesamtwert von 15 Milliarden Dollar – oder, bei den damals 50 Millionen User einem Wert von 300$ pro Kopf. Angesichts der Tatsache, dass Analysten im angloamerikanischen Raum einen Zeitungsabonnenten mit einem Werbewert von 500$ beziffern, allerdings eine vielleicht doch nicht so übertriebene Summe, wie allerorts kolportiert wurde?

Freilich lassen sich Printmedien wesentlich leichter monetarisieren als ihre virtuellen Pendants; Printmedien nehmen im Mediamix rund 5-10% des Zeitbudgets in Anspruch, schlucken aber zugleich zwischen 15 und 20% des gesamten Werbebudgets. Dafür wissen die Facebook-Betreiber allerdings eine ganze Menge über die User: die überwiegende Mehrheit gibt im Profil nicht nur Land und Geschlecht bekannt, sondern auch Alter, politische Einstellung, Interessen usw… aus diesen Daten lassen sich äußerst genaue Werbeprofile erstellen, von denen nicht nur große Werbenetzwerke profitieren: jeder Facebook-User kann analog zu Google AdWords eigene Kampagnen auf PPV- oder PPC-Basis schalten, der Preis eines Clicks bzw. von 1.000 Einblendungen passt sich dabei dynamisch der Nachfrage an. Da das Facebook-Ad-System vergleichsweise neu ist, stellt es die derzeit günstigste Möglichkeit dar, jenen Teil der österreichischen Bevölkerung, der bereits registriert ist – das sind im Februar 2008 allerdings erst 80.000 User, allerdings dürfte sich diese Zahl in den nächsten Monaten gravierend erhöhen.

Österreichspezifische Webseiten

Auf das beschriebene Geotargetting so gut wie gänzlich verzichten können Unternehmen, die sich für eine ohnehin primär von Österreichern frequentierte Webseite entscheiden. Hermann Futter von Compnet.at sieht die Vorteile eines solchen Umfeldes in erster Linie im entsprechenden „kaufwilligen“ Mindset der Surfer: „Als direkter Nachkomme der klassischen Adressbücher bietet compnet.at Werbung im bedarfsdeckenden Umfeld. Das heißt auf compnet.at wird der Werberezipient dort abgeholt, wo er bereits den Wunsch hat einen aktuellen Bedarf zu decken, also genau im Moment der Entscheidungsfindung. Zusätzlich ist compnet eine reine business-to-business Plattform und für Endkonsumenten nur von geringer Bedeutung.“ Mit Google AdWords sei diese Form der Werbung so gut wie gar nicht vergleichbar, so Futter: „Das ist, als ob man eine Fernsehwerbung mit der Anzeige in einer lokalen Wochenzeitung vergleicht.“

Mag. (FH) Violeta Hollinek-Sampson von wlw.at ortet neben dem passenden B2B-Umfeld einen weiteren entscheidenden Faktor: Spezialisierung als Weg aus der Informationsüberflutung: „Weil nicht relevante Fundstellen erst gar nicht auftreten, sparen die Nutzer wertvolle Zeit und finden aktuelle, präzise und unverfälschte Informationen. Ein Beispiel: Google liefert zum Suchbegriff „Büromöbel“ über 480.000 Treffer aus Österreich. In dieser Informationsflut die wenigen relevanten Treffer für Hersteller zu finden, ist ein mühsamer Filterprozess. Bei „Wer liefert was?“ gewinnt der geschäftlich Suchende dagegen aus über 65.000 eingetragenen Firmen und rund 42.000 Produkt- und Dienstleistungsrubriken ausschließlich relevante Ergebnisse.“

Fazit

Abschließend lässt sich festhalten, dass spezialisierte Suchmaschinen und Branchenverzeichnisse für B2B Werbung sich als attraktives Element im Marketing-Mix präsentieren; allerdings zeigen die neuesten Social-Marketing-Werbemodelle einen deutlichen Trend: wenn nicht bloß, wie im Fall von Google AdWords, nach Keywords gefiltert wird, sondern zusätzliche demographische Faktoren ins Spiel kommen, wird erfolgsbasierte Werbung für beide Seiten sehr lukrativ – zugleich bieten besagte Netzwerke Firmen die Möglichkeit, sich weitgehend gratis zu präsentieren, sodass den klassischen Branchenverzeichnissen in den nächsten Jahren durchaus auch im B2B-Bereich starke Konkurrenz erwachsen dürfte.


Anmerkungen:

  1. Mit einer Ausnahme: High Performance Seiten werden für gewöhnlich gecacht, dennoch lässt sich Werbung in vordefinierte Bereich dynamisch einblenden.
  1. Solche IP-to-Country Tabellen sind als kommerzielles Produkt bzw. mit niedrigerer Genauigkeit und Aktualität auch gratis erhältlich, siehe z.B. ip2location.com. Die Genauigkeit der Zuordnung liegt zwischen 95 und 98% – einerseits sind nie alle Adressen verzeichnet, andererseits verfälschen Proxy-Server und Anonymisierungslösungen das Ergebnis.

Fotonachweis:
Bild 1: Uta Herbert, pixelio.de

5 Kommentare
  1. Günther von Winterhalter
    Günther von Winterhalter sagte:

    Ich setze aber doch lieber auf hauseigene SEO-Methoden, und verzichte auf kostenpflichtige Einträge in Webkatalogen. Durch die TLD ist meine Seite österreichspezifisch.

  2. Hannes
    Hannes sagte:

    Aber seit der Einbindung der Local Listings, in die SERPS, werden Social-Marketing-Werbemodelle kaum Druck auf normale Branchenverzeichnisse ausüben. Die Einträge sind sicher starkt gestiegen.

    Wenn man schon auf Targeting abzielt, kann man auf die lokalen Ergebnisse nicht verzichen – für die aber Brancheneinträge wiederrum wichtig sind. Abgesehen von den meisten kostenpflichtige Einträge, da würde ich mir das Geschäftsmodell überdenken(außer be Yahoo!..).

    Hier geht es dann durch die Verzeichnisse darum, bei Google die Richtigen „Benutzer“ (genauso für B2B) nach Suchanfrage und Ort abzuholen (Key + Geo). Sie bieten zwar von den demographischen Faktoren wenig zum taggen – sind aber wie erwähnt, seit der Einbindung und der Personalisierung sehr wichtig.

    Momentan ist das Beste, wie du oben erwähnt hast, der Marketing-Mix. Man braucht beides! Und ich schätze, dass wird sich auch so lange durchsetzen, bis Google andere Rankingkritieren hat und/oder nur mehr auf Qype-Basis bewertet ;).

    PS: Die größte Konkurrenz für Branchenverzeichnisse ist von dem her egtl. Google ; ) – Nur Google macht Sie auch wieder wichtig. Es wechselt halt etwas die Besucherszene – und das Geschäftsmodell wäre teilweise zu überdenken.

    gruß Hannes

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