Werbung auf Blogs

Blogger Relations, native Advertising und unmoralische Werbeangebote

Die Online Marketing Agenturen sind los und unmoralische Angebote an Bloggerinnen und Bloggern mehren sich. Die Empfänger der Botschaft bilden ein inhomogenes Völklein: nicht wenige sind, was bezahlte Werbung betrifft, auf beiden Ohren blind, wieder andere verkaufen für ein Probedöslein Koffein-Limo ihre wp-config Datei an den erstbesten, der sie haben will. Und eine immer größer werdende Gruppe beschäftigt sich mit der Frage, wie ethische Werbung auf Blogs so funktioniert, dass Advertiser, Blogger und Leser glücklich und zufrieden den mentalen Like-Button betätigen. Über diese Fragen ist viel geschrieben worden, aus berufenem wie unkundigem Munde. Ich möchte in diesem Beitrag daher auf die Frage eingehen, welche Überlegungen Blogbetreiber aus Bloggersicht relevant sind und worauf man achten sollte am schmalen Grat zwischen Posting-Hurerei und Gewinnmaximierung.

Native gekennzeichnetes Advertising

Mit nur etwas mehr als 10 Jahren Verspätung wendet sich in der aktuellen Ausgabe das österreichische Wochenmagazin profil der Thematik des bestechlichen Bloggers zu und lässt gestehen:

Oft seien auch durchaus „sogenannte Qualitätsmedien“ nicht von Schleichwerbung befreit, erklärt die Präsidentin des österreichischen Presserates, Astrid Zimmermann: „Und durch die angespannte wirtschaftliche Lage wird sich das in Zukunft noch verschlechtern, fürchte ich.“

Wie es im Übrigen um die Recherchefähigkeit und „Objektivität“ der redaktionellen Profis bestellt ist, mag jeder selbst beurteilen, der einen Blick auf die Gegendarstellung der im besagten Artikel zitierten finespitz wirft.

Wenngleich Verlage immer härter ums Überleben kämpfen, Lektorate einsparen und Redaktionen verkleinern müssen, so sollte sich doch die wirtschaftliche Lage für Blogger gravierend verbessern, urteilt man nach der Quantität einschlägiger Anfragen. Bei genauerem Hinsehen entpuppen sich manche dann allerdings als lachhaft und keiner Antwort wert.

Werben auf Blogs

Nein, ich werde hier keine englischsprache Content-Sondermüll-Deponie eröffnen!

Doch bevor ich schonungslos offenlege, wie ich über das Thema datenschmutz + Werbung denke, möchte ich auf drei lesenswerte verweisen:

Iwonas goldenen Regeln für Unternehmen und Agenturen, die mit Bloggern zusammenarbeiten wollen, kann ich voll und ganz unterschreiben. Ein Blick auf Bloggerverarsche 2.0 könnte so viele Missverständnisse vermeiden helfen…

Michi Hafner weist in seinem Beitrag auf den essentiellen Punkt hin, dass ein Medium allein niemals Objektivität garantieren kann – Medienpluralität lautet das Zauberwort.

Die Riesenmaschine begann wohl als eines der ersten deutschsprachigen Blogs, Native Advertising, also gekennzeichnete, bezahlte Blogbeiträge zu verkaufen, und das recht erfolgreich. Dass Mitbetreiber Sascha Lobo dieser Werbeform dennoch nach wie vor kritisch gegenüber steht und Qualitätsmedien Selbstdisziplin empfiehlt, zeigt die schizophrene Grundhaltung von uns Bloggern gegenüber Werbung.

In einem Punkt sind uns klassische Medienmacher nämlich weit überlegen: Die reden nicht so freizügig über das, was im Hintergrund passiert. Die reflektieren auch in Branchenmedien äußerst ungern bis gar nicht das weitreichende Beziehungsgeflecht zwischen Werbekunde und Redaktion, das in immer mehr Fällen zu einer 100%igen Korrelation der Werbeschaltungen mit den redaktionellen Testergebnissen führt. Wie er mit dem Thema bezahlte Werbung umgeht, muss letztlich jeder Blogger und jede Bloggerin für sich selbst entscheiden. Ich plädiere für Transparenz und Offenheit gegenüber lukrativen Werbeformaten. Bevor ich dazu ins Detail gehe, muss ich einen kleinen historischen Exkurs vorschalten.

Zur Frühgeschichte des bezahlten Blogpostings

Die Geschichte der bezahlten Blogbeiträge beginnt lange, bevor es Blogs gab. SEO-Experten erkannten Mitte der 90er rasch, dass mit ein paar gekauften/gemieteten Links sich das eigene Ranking rasch und zuverlässig verbessern ließ – der Linkhandel war geboren. Da Google eine monetär verzerrte Beeinflussung der heiligen Pagerank-Kuh von Beginn an strikt vermeiden wollte, wurden bezahlte Links bereits in der Frühgeschichte des Web von Google „verboten“. Für Werbelinks war fürderhin das Attribut „nofollow“ da, das dem Google-Bot mitteilt, er möge den betreffenden Backlink nicht in die Bewertung der Zielseite einfließen lassen.

Selbstverständlich blühte der Below-the-Line-Handel mit Paid Links. Legendär etwa ist die Geschichte jenes Sysadmin einer bekannten britischen Universität, der jahrelang mit vermieteten Links im Footer der populären .edu Domain sein Gehalt verfünffachte, bis man ihm auf die Schliche kam. Damals gab es nur Bannerwerbung in verschiedensten Formen und eben jenen Graubereich der Linkmärkte.

Mit der zunehmenden Popularität von Blogs Ende ab 2000 etablierten sich etliche Marktplätze, bei denen Kunden Kampagnen in Auftrag geben konnte. Dem Plattformbetreiber oblag Auswahl und Briefing geeigneter Blogger, bezahlt wurde je nach Popularität der Seite. Ich hab mir seinerzeit mit dem Schweizer Pionier trigami zwei nette Sommerurlaube verdient, Hallimash betreibt dieses Geschäftsmodell nach wie vor recht erfolgreich. Essentiell für meine Teilnahme an derleit lukrativen Einnahmequellen war die völlig Transparenz: die betreffenden Agenturbeiträge mussten deutlich als solche gekennzeichnet werden und alle Links mit „nofollow“ versehen sein. Ansonsten hätte man als teilnehmender Blogger den Rausschmiss aus dem Google-Index riskiert: ein Szenario, das in Vor-Social Media Zeiten einer Verbannung in die Besucherwüste gleichkam.

Blogwerbung: SEO Agentur oder Online Werbung?

Seither hat die Blogosphäre einige Aufs und Abs erlebt. Mit Facebook und Twitter traten Weblogs in den letzten Jahren stark in den Hintergrund. Im Zuge des aktuellen Content Marketing Hypes und der späten Einsicht, dass eigene Web-Properties im Markeng-Mix völlig unverzichtbar sind, erleben sie aktuell eine rasante Renaissance. Und die scheint mit verstärktem Interesse diverser Vermarkter einherzugehen, denn mittlerweile bekomme ich jede Woche im Durchschnitte 2 bis 5 Anfragen nach bezahlten Beiträgen.

Deutlich unterscheiden müssen Blogger dabei zwischen potentielle Auftraggebern, die primär Aufmerksamkeit für ihr Produkt generieren wollen, und solchen, die den Blogbeitrag bloß als Deckmäntelchen für ihre Backlinks vorschieben. Wer sich mit zweiteren einlässt, muss mit einer Google Penalty rechnen – falls er erwischt wird. Und wer sich mit ersteren ins Blogbett legt, sollte die Rahmenbedingungen klar fest- und auf Transparenz wert legen.

Ritchie, wie hältst du’s mit Blogbestechwerbung?

Die ethischen Aspekte der Vermischung von Inhalten und Werbung wurden und werden weiterhin diskutiert werden (müssen) – schwarze Schafe gibt es unter Bloggern und Verlegern. Anstatt schon dutzende Male wiedergekäute Gedankengänge zu remixen, möchte ich ganz subjektiv und aus praktischer Sicht erläutern, wie ich hier auf datenschmutz an das Thema Werbung herangehe.

  • Blogger sind keine Journalisten

    Auch wenn manche sich vom Selbstverständnis her als solche betrachten, so existiert zumindest ein wirtschaftlicher Hinsicht ein nicht wegzudiskutierender Unterschied: Journalisten werden für ihre Arbeit bezahlt, Blogbetreiber sind in der Regel selbständig. Wenn ein IT Journalist ein neues Handymodell testet, ist das Teil seines Jobs. Wenn ich ein neues Handymodell testee, dann hab ich jede Menge Aufwand für einen ordentlichen Testbericht und möchte das Gerät anschließend nicht zurückgeben müssen, sondern am Blog verlosen (oder behalten, falls es sich um ein Windows-Phone handeln sollte *g*). Im Blogbeitrag gebe ich in solchen Fällen natürlich an, dass ich das Device bekommen habe und hake die ganze Sache unter „Aufwandsentschädigung“ ab. Als bezahlte Werbung sehe ich einen solchen Beitrag übrigens nicht an, da die „Aufwandsentschädigung“ keineswegs automatisch zu einer positiv(er)en Bewertung führt.

  • Was darf bezahlte Blogwerbung kosten?

    Ja, gerne. Möchten Sie ein Banner, einen Button oder lieber einen bezahlten Review? Kein Problem – wenn wir uns auf einen Preis einigen können, der für beide okay ist. Ach so, Sie haben ein fixes Budget und können pro Blog nur €7.99 bezahlen? Dann bin ich bestimmt nicht der richtige Werbepartner für Sie. Wenn ich Ihr Produkt promoten soll, dann erwarte ich mir nämlich für den Produktionsaufwand denselben Stundensatz, den ich für meine Beratungstätigkeiten berechne sowie einen verhandelbaren Aufschlag für die Reichweite… was uns gleich zum nächsten Punkt bringt.

  • Mein Blog reicht weiter und kostet mehr

    Für eine faire Kooperation muss klar sein, wofür der Werbekunde bezahlt. Für einen Beitrag am Blog? Der scheint dann aber auch automatisch im Newsletter auf, der an ein paar hundert Opinion Leader da draußen geht. Auf Twitter folgen mir auch nochmal 2.800 (de) bzw. 43k (en) Tweeps. Und vergessen wir nicht die Facebook-Page (nominell auch 3k, aber nur 300-900 Reach), meine Community und die datenschmutz Page auf Google+, mein Pinterest Account (unter den Top 10 in Österreich)… Nein, meine Social Media Reichweite verkauf ich nicht. Aber wenn Ihr Produkt so gut ist, wie sie sagen, werd ich sicher einigen Leuten davon erzählen.

Fazit: Ich bin stets offen für neue Werbekooperationen, deren Lukrativität und Sinnhaftigkeit ich aber natürlich jeweils im Einzelfall überprüfe. Meine Motivation, datenschmutz zu betreiben, ist allerdings eine ganz andere: dieses Blog refinanziert sich nämlich sehr elegant über umwegrentable Synergieeffekte. Es fungiert nämlich als kombinierte Forschungs- und PR-Abteilung meines Beratungsunternehmens pnc [pettauer.net Consulting]: hier experimentiere ich um heraus zu finden, welche Online Marketing Strategien am besten funktionieren, um meine Kunden optimal beraten zu können. Und ich schreib regelmäßig drüber. So gesehen ist jeder Beitrag quasi mindestens Eigenwerbung. Außerdem soll es schon mehrfach vorgekommen sein, dass aus einer simplen Anfrage für eine Bannerschaltung ein ganz anderer Folgeauftrag entstanden ist.

Möchten Sie hier auf datenschmutz werben? Ich freue mich über Ihre Anfrage!

 

3 Kommentare
  1. Viki
    Viki sagte:

    bah he ich kenne das nur zu gut – eine Firma wollte mir zwei Produkte zur Verfügung stellen, und dann darüber einen Post schreiben. Allerdings hätte ich das Porto selbst übernehmen sollen und die beiden Produkte würden mich sonst im Einkauf nicht einmal 10€ kosten – nein danke!

  2. datadirt
    datadirt sagte:

    @Viki Boah… was für Geizhälse ;-) Wenn die nichtmal das Porto übernehmen wollen, dann kann ihnen der Review nicht viel wert sein… selber schuld! Wir dürfen uns keinesfalls unter Wert verkaufen.

Trackbacks & Pingbacks

  1. … [Trackback]

    […] There you can find 23625 additional Information on that Topic: datenschmutz.net/blogger-relations-native-advertising-und-unmoralische-werbeangebote/ […]

Hinterlasse einen Kommentar

Schreibe einen Kommentar