Blogvorstellung: Thinkabout.ch

Blogvorstellung: Thinkabout.ch

thinkaboutZeit für die wöchentliche Blogvorstellung – wenn man sich die Mikro-Publishing Szene in der Schweiz näher ansieht, dann könnte man als Österreicher (und Deutscher) ob der Themenvielfalt und der hohen journalistischen Qualität der diversen Fachmedien sowieso neidisch werden: oder sich freuen, dass dieselben Felder hierzulande bislang eher unbeackert blieben. Keineswegs an IT.Geek.Nerds richtet sich Thinkabout.ch: XYs Blog sammelt elegant formulierte Gedanken – von unbeschwert bis gravitätisch und stets ausgesprochen lesenswert.

Die Denkerei sei der wildeste aller Affen, hat mal jemand behauptet. Buddhisten, speziell die tibetischen, widersprächen dieser Aussage vermutlich nicht, zumal in der Dzog Chen Literatur das Hirnkasterl auch gerne mit einem unruhigen animalischen Baumkletterer verglichen wird. Der wiederum sei aber ohnehin unser nächster Verwandter, erklären die Vertreter der „wissenschaftlichen“ Evolutionstheorie und streiten sich in Ami-Land ausgesprochen öffentlich darüber, welcher Mythos sich für die Schulkinder als alltagstauglicher erweist… aber egal, ob wir geschöpft wurden von einem mehreren Göttern oder doch bloß die chemischen Parameter in der Ursuppe sich als günstig erwiesen für die Entstehung von ein paar Kohlenwasserstöffchen: um sich über derlei Theorien auszutauschen (oder die eigenen Überzeugung semi-dauerhaft in die mittlerweile durchs Internet echtzeitlich verbundene Welt) hinauszuposaunen, bedienen sich Menschen mangels telepathischer Fähigkeiten in der Regel der Sprache – die eine gewandter, der andere weniger.

Wer sich kompetent und berufen fühlt zum Schönreden, darf als gerngesehener Geistschreiber für Politiker-Reden auf ein anständiges Einkommen hoffen, eine Autorenkarriere anstreben oder aber der Werbeindustrie den nächsten unvergesslichen Slogan abliefern. Wer dagegen rein aus intrinsischer Motivation was zu sagen hat, muss nicht mehr auf die Gnade ehrenamtlicher Chefredakteure ambitionierter Literaturzeitungen hoffen, sondern hat wahlweise auch die Option, sein eigenes Blog zu schreiben. Glücklicherweise hat sich der Autor der vorzustellenden Publikation für letztere Möglichkeit entschieden – er präsentiert der geneingten Leserschaft täglich so lesenswerte Miniaturen wie:

Die Kraft der Gedanken ist unerforscht. Die Macht der Worte auch. Wir sollten sie stets mit Sorgfalt wählen und nicht gering achten, selbst wenn wir damit gegen physische Gewalt angehen müssten.

Thinkabout führt auch auf twoday in Blog namens Schreibmut auf twoday, das den Untertitel „10min NUR für die rechte Gehirnhälfte“ (War das schnell nochmal die rationale oder die kreative nach Irrmeinung der Kognitionsforscher?) trägt:

Die Vermutung hat keine Frage gestellt und doch schon eine Antwort geliefert. Damit fühlt sie sich nicht richtig wohl, und so ist es meist so, dass, wenn sie ausgesprochen wird, darin auch die Frage liegt.

Thinkabout.ch gehört zu vergleichsweise wenigen anonymen, gut besuchten Blogs – den Grund für den Verzicht auf die reale Identität erklärt der Schweizer Blogger auf für mich sehr nachvollziehbare Weise:

Meine Texte sind gelegentlich durchaus sehr privat. Intim vielleicht sogar. Das Pseudonym gibt mir eine Art Schutz, ein wenig Distanz zumindest, und es fördert damit die Ehrlichkeit mir selbst gegenüber sehr viel mehr, als es sie behindern würde.

Wer selber bloggt (groß, klein, jung, alt, unverzichtbares IT-Knowledge, Katzenblog, deutsch oder englisch – egal!) und Lust drauf hat, hier vorgestellt zu werden, hinterlässt einen Kommentar oder droppt mir, wie die Hip Hopper sagen, eine Message. Blogs, die ich nach – selbstverständlich rein subjektiven – Kriterien spannend und anregend finde, tauchen dann früher oder später an dieser Stelle auf.

0 Kommentare
  1. Chris
    Chris sagte:

    Das letzte Zitat finde ich ausgesprochen gut. Die Anonymität gibt allen Lesern auch etwas mehr Glaubwürdigkeit. Zu beweisen, man arbeite nicht für die eigene Person, fällt damit schonmal weg.

    Alles in Allem, toller Blog für Situationen mit reichlich Zeit, für einen schnellen Abstecher sind die Inhalte zu gut und anspruchsvoll.

    Grüße, Chris

  2. Thinkabout
    Thinkabout sagte:

    Da freue ich mich aber und sage herzlich Dankeschön! Auch der Kommentar von Chris freut mich sehr.
    Ein Blog dieser Art hat naturgemäss nicht soo viele tägliche Leser, aber dafür oft treue Begleiter, die immer mal wieder her finden. Da helfen natürlich Rezensionen wie diese hier zusätzlich weiter. Und natürlich lese ich auch mit grosser Neugier, wie andere, die neu auf mich stossen, dies beurteilen.
    An dieser Stelle möchte ich noch etwas zur Anonymität ausführen:
    Es geht dabei nicht nur um die Authentizität meinem eigenen Denken gegenüber (aber auch). Es geht darum, dass ich immer in erster Linie im Real Life bestehen will und muss – und die Menschen, die ich da begleite und denen ich begegne, stets davor bewahren will, dass sie im Web erscheinen. Und das geht sehr viel besser als anonymer Blogger, als mit offen gelegten persönlichen Daten. Wer mit mir in Kontakt steht, soll stets sicher sein, dass seine Privatsphäre geschützt bleibt, und zwar über die Verschleierung der entsprechenden Erkennungsmerkmale hinaus. Indem ich mich nicht zum Öffentlichkeitsblogger mache, mache ich es jedermann leichter, mit mir in Kontakt zu bleiben oder Kontakt aufzunehmen.

    Und ich kann zeigen, dass es mir um die Inhalte geht, und nicht um Bekränzungen.
    Und ich tue gut daran… Denn ich sehe ja hier, wie mir das schon wie Öl runtergeht, wenn ich hier gut wegkomme.
    Nein, es hat schon alles seine Richtigkeit so.

  3. Thinkabout
    Thinkabout sagte:

    Ich bin im Rahmen eines Backups meines Blogs wieder auf diesen Beitrag gestossen und möchte etwas zur Anonymität ergänzen: Ein paar Monate nach dieser Vorstellung kam es zu einer engagierten Debatte über ein Webportal mit Forums-Merkmalen, für das ich geschrieben habe. Da ich mich dabei öffentlich zur Wehr setzen musste, aber dies nicht anonym tun wollte (gleich lange Spiesse für alle), gab ich meine Anonymität auf und führte ein eindeutiges Impressum in mein Blog ein.
    Dennoch gilt weiterhin: All mein Schreiben im Blog soll so formuliert und gestaltet sein, dass ich für niemand anders entscheide, wie öffentlich er werden soll – es sei denn, er bewegt sich selbst schon in dieser (virtuellen) Öffentlichkeit. Aber diese Sorgfalt gehört zur Freundschaft wie zum grundsätzlichen Respekt für Menschen dazu.

    • ritchie
      ritchie sagte:

      Das ist natürlich ein guter Grund für ein Impressum – und deinem zweiten Absatz kann ich nur zustimmen. Das ist ein sehr guter und praxistauglicher Grundsatz für *alle* Web 2.0 Seiten, finde ich.

  4. Reifen
    Reifen sagte:

    Ich bin immer erstaunt, wenn Leute mit Wörtern und Grammatik-Regeln, schöne Setze zaubern können und einfach dahin schreiben können und andere damit begeistern.

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