CD-Review: Wu Tang Clan - 8 Diagrams

CD-Review: Wu Tang Clan – 8 Diagrams

Wu Tang Clan - 8 DiagramsÜber eine Dekade ist es her, dass die Wu Bangers mal meine Lieblingsband waren. By far. Trotzdem hätte ich nach dem blamablen Iron Flag nicht erwartet, dass wieder mal ein Album die guten alten Eastcoast-Shaolin Qualitäten in bester Wu Tradition hochleben lässt – aber mysteriöse Dinge tragen sich zu: 8 Diagrams schließt nahtlos an alte Qualitäten an: düstere Beats von RZA unterlegen meisterhafte Texte, die vor originellen Sprachspielereien nur so strotzen. Sowas kommt eben raus, wenn MCs sich selbst nicht übermäßig wichtig nehmen und sich dafür auf ausgefeilteste Reime konzentrieren.

Der Clan legte seinerzeit mit den 36 Chambers den Grundstein für eine dreckige, mit östlicher Mythologie durchsetzte und nicht zuletzt freiwillig komische Blaupause eines anderen Hip Hop Entwurfs. Die Mythenbildung lief zur Höchstform auf, zahlreiche – teils legendäre – Soloalben folgten, bis der Erfolg Mastermind RZA so sehr zu Kopf stieg, dass man Musikmachen irgendwann keinerlei gesteigerte Bedeutung mehr zumaß. Ein Opfer der Geschichte, ein Opfer von Fifty Cent? Und dann riss 1004 auch noch der Tod des solo äußerst erfolgreichen Russell Jones aka Old Diry Bastard ein Loch in die parodistische Fraktion – aber RZA, GZA, Method Man, Raekwon the Chef, Ghostface Killah, U-God und Masta Killa haben mit 8 Diagrams eindrücklich bewiesen, dass ihr dirty basement Sound, diesmal in gravierend verbesserter Soundqualität, immer noch ein unwidersprochen gültiger Gegenentwurf zum Prolo-Sprechgesang des Großteils der Konkurrenz darstellt. Ein umfangreicher Abriss der Clangeschichte findet sich in der deutschsprachigen Wikipedia.

Also zurück zu den 8 Diagrammen: im Zuge der Veröffentlichung entstand ein bisher undenkbarer Bitch-Krieg zwischen Produzent RZA und Raekwon bzw. Ghostface, die ihrem Mastermind vorwarfen, nur mehr violinendurchsetzte Hippie-Instrumentals zu produzieren. Und wie sich’s für echte Diven gehört, trugen die drei ihren Zwist öffentlichste-möglich aus… das tat dem Resultat aber keinerlei Abbruch: Die 36 Chambers sind nicht zu übertreffen, und der neue Longplayer besteht nicht aus 17 Bombentracks, aber die überwiegende Anzahl der Nummern vereint die imho nach wie vor unerreichte lyrische Qualität des Clans mit Killer-Instrumentals. Mit anderen Worten: die Hip Hop Geschichtsschreibung hat definitiv ein paar Klassiker mehr, zum Beispiel den Opener „Campfire“ mit großartig kitschigem Chors und Method Man’s legendären Lines:

Cruising on the interstate, just follow while I innovate
Too many try and imitate, medallion like a dinner plate
Front and get ya dinner ate, chinchilla for the winter, wait
I’m trying to bring the sexy back like Timbaland and Timberlake
Spitting like a calico, kush from a Cali hoe
Tell that joker tally ho, put shots in that Denali, yo
RZA you know how we go, on them 20’s, that’s how we roll
And I don’t eat berries but eat a Berry like Halle though.

Ebenfalls ein Highlight des Albums: der Track „Wolves“, zu dem George Clinton den, wie der Wiener sagen würde, ausgesprochen waach’n, Refrain beisteuert – und Masta Killa rappt in der dritten Strophe extra-elegant:

Would you recognize a jewel for what it is when you see it
Or would you take it for something else and get total the fucked up
Men come together for the common cause
To beat your ass just because
There’s a line he don’t cross offending the boss

Da kommt Freude auf am Spiel mit der Sprache… lyrical sharpness at its best. Extrem fett produziert und sehr ungewöhnlich auch der elegische Track „Windmill“. Selbstverständlich darf auch die extra-softe Ballade keinesfalls fehlen. Erykah Badu bringt beim Refrain von The Heart gently weeps Roughnecks den Sinn für Ghetto-Glorifizierungs-Romantik bei. Schwache Filler-Tracks fehlen diesmal glücklicherweise komplett – 8 Diagrams zeigt trotz aller Clan-internen Streitereien, dass die WU MCs im Zweifelsfall immer noch die originelleren Sprüche ablassen als ihre Nachfolgegeneration. Mit dem aktuellen Longplayer liefern die Rapper aus Staten Island jedenfalls definitiv ihr bestes Album seit den 36 Chambers ab. Fazit: The Wu is still strong!

Wu-Bonus: auf youtube gibt’s die erste Videoauskopplung aus dem aktuellen Album – die Kommentatoren sind zwar der Meinung „lycrically tight, but shitty video“ – mir gefällt’s hervorragend, tut irgendwie gut, mal Handycam-Action statt der immer gleichen 10 gepimpten Models mit den lächerlichen Outfits zu sehen. Keep it raw!

Tracklisting:

  1. Campfire
  2. Take It Back
  3. Get Them Out Ya Way Pa
  4. Rushing Elephants
  5. Unpredictable feat. Dexter Wiggle
  6. The Heart Gently Weeps feat. Erykah Badu, Dhani Harrison And John Frusciante
  7. Wolves Feat. George Clinton
  8. Gun Will Go Feat. Sunny Valentine
  9. Sunlight
  10. Stick Me For My Riches Feat. Gerald Austin
  11. Starter Feat. Sunny Valentine And Tashmahogany
  12. Windmill
  13. Weak Spot
  14. Life Changes
  15. Tar Pit
  16. 16th Chamber O.D.B. Special
0 Kommentare
  1. Rene
    Rene sagte:

    Ich hab ja schon einen sehr diversifizierten Musikgeschmack, aber mit dem Qu Tang Clan konnte ich noch nie was anfangen und auch das Album bestätigt meinen persönlichen Nichtgefallen an dieser Musik.

  2. mo.
    mo. sagte:

    klasse review. eloquent und ich kann dir nur beipflichten „36 chambers“ ist und bleibt ein meilenstein. schon alleine diese schleppenden beats, die hinterhergezogene snare, das war großartig. diese ganzen bobby digital sachen von rza habe mich nie wirklich gereicht. hast mich wirklich neugierig auf das album gemacht M;)

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