Die Kolumne #58 (Dezember 2004)

Die Kolumne #58 (Dezember 2004)

Verruchte Edition oder: Grim Reaper drive ‘em sane.

Eigentlich wollte ich an dieser Stelle noch mal so richtig über die Musikindustrie herziehen – von wegen Klingeltönen, 300 Mrd. Euros Verdienstentgang täglich und Co… doch was sehe ich? Grissemann und Stermann haben dies in ihrer Wiener-Kolumne vor einigen Ausgaben dermaßen gekonnt getan, dass ich beschlossen habe, auf das einzig mögliche Ausweichthema auszuweichen: Auf den T.O.D. Auf Gevatter eiskaltes Händchen. Auf den grimmen Schnitter. Auf den erbarmungslosen Sensenmann. Läuft euch schon ein kalter Schauer über den Rücken, vergängliche Leserschaft?

Das ganze kam so: Tante Brigitte erzählte mir von einem Zeitungsartikel über weibliche Seelsorge, der ihr ganz neue Karrieremöglichkeiten eröffnet habe: sollte ihr professionelle Fußfetisch-Model Karriere jemals in Wanken geraten, wolle sie sich zur katholischen Priesterin weihen lassen. Ich jedoch begann sofort um ihr Seelenheil zu fürchen, denn: Neulich schloss die Kirche eine katholische Priesterin aus der katholischen Kirche aus, weil sie andere Frauen zu katholischen Priesterinnen geweiht hat. Nun stellen sich eine Reihe zweitrangiger Anschlussfragen, wie zB: Warum wurde die weihende Priesterin nicht schon vorher exkommunziert? Geschah das ganze in Österreich? Wieso wollen Frauen nach dem Bundesheer nun auch noch freiwillig Messen lesen? Aber diese Fragen sind im Kontext des allgegenwärtigen Todes unwesentlich, vielmehr interessiert mich: bedeutet der „Ausschluss aus der Kirche“, dass man den sonntäglichen Clubvormittagen nicht mehr beiwohnen darf, kein Pfarrblatt im Briefkasterl findet und so fort… oder verunmöglicht die Exkommunikation den Gang durch die Himmelspforte? Bedenkt man, dass im Vergleich zur durchschnittlichen Lebenserwartung des durchschnittlichen Katholiken (die hier auf Erden) ziemlich kurz erscheint im Vergleich zur Ewigkeit,- völlig unabhängig davon, wie lang sie tatsächlich ist – dann hat die Priesterin allen Grund, sich nun Sorgen zu machen.

Wie hältst du’s mit dem Fegefeuer?

Ich hab das Wirken der katholischen Magie und ihrer Gesetze nie so ganz verstanden – hängen geblieben ist aus der Schulzeit eigentlich nur, dass in einem (benoteten!) Religionstest mal die Frage kam, ob man denn vorehelichen Geschlechtsverkehr haben dürfe. Ein Schelm aber, wer denkt, dass die Erziehung zur Heuchelei ein Bestandteil katholischer Jugendarbeit sei!
Aber zurück zu unserer Priesterin: kleinere Sünden müssen im Fegefeuer-Wartezimmer abgesessen werden (häufige Arztbesucher kennen das), vielleicht 2, 3 Stunden, vielleicht ein paar Millionen Jahre, aber dann winkt die ewige Glückseligkeit. Todsünden dagegen führen unweigerlich in die Hölle, es sei denn, man lässt sich rechtzeitig von einem Priester die Absolution erteilen (aber das geht auch nur, wenn man wirklich bereut – doch welcher verheiratete Katholik bereut schon einen heißen aber folgenlosen Seitensprung tatsächlich aus tiefstem Herzen?) Und ist Priesterin sein eine Todsünde? Führt der Ausschluss aus der Kirche direkt ins Erdinnere?
Denn wenn sich, wie einige katholische Splittersekten glauben, die Hölle im Inneren des Planeten befindet (eine Bohrtruppe ist mal in ca. 300 Metern Tiefe auf einen Teufel getroffen und verdammte Seelen stöhnen gehört, eine Internetseite „The Truth about Hell“ (http://www.av1611.org/hell.html) dokumentiert die folgenlose Begegnung, erhärtet aber obenstehende Theorie), so muss man sich irgendwann Sorgen um ihre Aufnahmekapazität machen. Geht man im optimistischsten Fall davon aus, dass sich die Seele eines Verstorbenen zur Not bis auf Kleinfingernagelgröße zusammenquetschen lässt (etliche mittelalterliche Manuskripte legen dies nahe) – irgendwann ist das Erdinnere unweigerlich voll mit fingernagelgroßen verdammten Seelen. Und dann – bumm! Aber bis dahin könnt’s ziemlich eng und ungemütlich und laut werden dort, und all das würd ich meiner Lieblingstante nun wirklich ersparen.

Übrigens: schade auch in diesem Zusammen- – eher mehr wie „schade auch, in diesem Zusammen-“ denn wie „schade, auch in diesem Zusammen-“ – hang also, schade also, dass „priestern“ nicht auch ein Verb, oder altmodisch „Verbum“ ist oder est. Findet man denn nicht, priestern klinge eher verrucht? Und gehörte verwendet in Sätzen wie zB:

  • Gestern habe ich deutlich gehört, wie das junge Pärchen in der Wohnung über mir die ganze Nacht gepriestert hat!
  • Sein Magen priestert, kein Wunder, bei den vielen Bieren gestern…
  • Erst nachdem die US-Soldaten das gesamte irakische Dorf gepriestert hatten, setzten sie es mit Napalmbomben in Brand.
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