Die Kolumne #81 (Oktober 2007)

Die Kolumne #81 (Oktober 2007)

Die Kolumne erscheint regelmäßig in the gap.
Diesmal: Oder ein Querulant schwimmt selten aufwärts gegen den Strom.
Gorkuv besuchte mich letzthin zu meiner großen Freude, ein schmächtiger, aber nachdrücklicher Ex-KGB Doppelagent, den ich zu jener turbulenten Zeit kennen gelernt hatte, als der vierschrötige Zwerg für die Regie bei Brigittes Gangbang-Weltrekordversuchen zuständig war. Seine natürliche Autorität kam ihm dabei zupasse, seine immenses Untalent punkto Kameraführung naturgemäß weniger. Darum, nur darum erhielten die über 30stündigen Videos von der Bundespornoprüfanstaltet für Erwachsenen-gefährdende Schriften das Prädikat „bis höchstens 16“.

Gorkuv, wie ihn sein polnischer Vater nannte, oder Gorsuv, wie ihn seine russische Stiefmutter rief, war mit nur einer Leber zur Welt gekommen. Wann immer es das Wetter möglich machte, hielt er jedem nachdrückliche Vorträge über die Nachteile von papiernen Einkaufstaschen. Brigitte und der Halbrusse hatten sich wie jedem wöchentlichen Wiederstehen bis zur gegenseitigen Unkenntlichkeit betrunken und durchstreiften anschließend das übelste Pflaster von Wien, erfolglos auf der Suche nach Ärger.

„Im Internet gibt’s nun mal kein Interesse an weder jugendgefährdenden noch staatszersetzenden Schriften,“ hatte Brigitte mir nach Jahre nach dem Gangband-Incident jeden Abend nach der zweiten Flasche Mezcal ihr Leid geklagt. „Hey, du kaufst und verkaufst doch mittlerweile selbst Slips online,“ wandte ich ein. „Ich sag ja auch nix gegen den E-Kommerz, obwohl ich den Eindruck habe, dass das Netz Alkohol- und Viagraverbote elegant unterläuft. Außerdem umgebe ich meine Arschbacken aufgrund des Wortwitzes nur mit Boxershorts.“ widersprach Brigitte. „Das Zeug, das Gorkuv in deiner Küche in Kapseln abfüllt und das du mit deinen Spam-Mails bewirbst, ist erstens kein echtes Viagra. Wenn irgendjemand das wissen müsste, dann du. Aber typisch: kaum arbeitest du nicht mehr als Live-Cam Model, ist bequeme Wäsche angesagt. Dabei hast du immer behauptet, du fühltest dich in Korsetten und Strapsen einfach wohler!“

„Wer sagt denn, dass ich keine Strapse trage? Ich arbeite den ganzen Tag als Slip-Broker für gebrauchte Ware und vermittle gegen Kommission zwischen Bedürftigen und NachfragerInnen, da kann ich Privat einfach keine Slips mehr sehen. Wie hätte ich denn auch ahnen sollen, dass aus einem Nebenjob innerhalb von 7 Tagen ein Firmenimperium erwächst? Berufsrisiko eben – oder hast du schon mal einen Metzger gesehen, der am Abend Roastbeef ist oder isst? Oder einen Schuster, der sich eine Suppe aus einer Ledersohle kocht? Oder einen Rotwild-Besamungsspezialisten, der…“ „Ich versteh schon, hör auf, bevor mit der Appetit vergeht,“ unterbrach ich aus Selbstschutzgründen. „Erklär mir lieber nochmal dein neues Businessmodell!

Brigitte grinste breit: „SlipR (beta) setzt erstmals auf die gigantischen Möglichkeiten des Web 2.0 (wie zum Beispiel abgerundete Logoecken), und verwendet sowohl RSS Feeds als auch ein Blog, um über die Tatsache hinwegzutäuschen, dass einfach nur chinesische Unterwäsche erneut und vor allem überteuert in den Fetisch-Kreislauf eingebracht wird! Über uns haben schon zwei Blogs berichtet, und du wolltest auf datenschmutz doch auch…“ „Besser,“ fiel ich meiner Lieblingstante erneut ins Wort, „ich schreib in meiner gap-Kolumne drüber, die wird laut Österreichischer Presse Rezeptions-Kontrolle ohnehin vorwiegend von Fetischisten gelesen. Dafür legst du jeder Bestellung meine Visitenkarte bei: schmutziges Blog sucht willige LeserInnen. Alles ist möglich unter https://datenschmutz.net“

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