Blogger Relations

Die Legende von den verwunschenen Blogger-Relations

Vor langer Zeit aber trug es sich zu, dass eine furchtbare Dürre herrschte im ganzen Tale: ausgedorrt standen die dürren Grashalme in der staubtrockenen Medienlandschaft, während die enthemmte Käufer- und die geknechtete Leserschaft mit aufgeblähtem Bauche ihren Hunger nach sticky Content und authentischem Dialog hinausschrien. Graf Marketing  versuchte alles, doch als er die füntausendste Facebook-Page geliked hatte (1) und der Kampf gegen den furchtbaren Drachen API Request Limit schließlich gar zur Sperrung seines Twitter-Accounts führte, da griff er sich wehklagend an die Stirn und wollte seine Jahresbudgetplanung schon in der Luft zerreißen.

Doch da erinnerte er sich plötzlich an die Worte seines Ziehvaters Häuptling Weißer Besser: „Erst wenn ihr die letzte Facebook Page geliked, das letzte Tweet favorisiert und die letzte Infografik gepinnt habt, werdet ihr erkennen, dass nur Owned Media fette Conversions einbringt!“ Da wusste der Graf, was zu tun war und befahl seiner treuesten Dienerin, den großen gräflichen Rucksack zu packen. „Hoch droben am Berg wohnt ein weiser Blogger. Nur der allein mag wissen, wo wir hier unten frischen Content herbekommen können,“ erklärte der König seiner Lieblingskonkubine, doch die schüttelte energisch den Kopf. „Majestät, ihr habt wahrlich wichtigeres zu tun und eure Stakeholder brauchen euch hier im Palast! Ich werde eine meiner Jungfrauen mit Gold und Geschmeide zu eurem Blogger schicken – dann wird sich ja zeigen, ob er weiß, wie man Impact erzielt!“

Erst wenn ihr die letzte Facebook Page geliked, das letzte Tweet favorisiert und die letzte Infografik gepinnt habt, werdet ihr erkennen, dass nur Owned Media fette Conversions einbringt!

Der Stallbursche des Grafen wandte leise ein, dass die Stakeholder doch ohnehin ständig in den Bloggerbergen umherwanderten und es gewiss nicht schaden könne, wenn der Graf sich inkognito unters gemeine Uservolk menge, um dem aufs Maul zu schauen. „Ach wie unfein er sich ausdrückt,“ ereiferte sich sofort die Konkubine, „dafür haben wir doch meine Söhne und Töchter, unsere neu gegründetes Online-Marktforschung-Profit-Center!“

Mit einem einzigen bösen Blick enthauptete sie den armen Stallburschen, behielt Gold und Geschmeide für sich und schickte in Ermangelung einer Jungfrau jeden Tag einen Boten mit einem langen Brief auf den Berg, in dem sie dem Blogger ihr Anliegen vorbrachte. Immer und immer wieder. Doch kein einziger Bote kehrte bis zum heutigen Tage zurück – und niemand weiß, ob sie mittlerweile für einen anderen Grafen arbeiten oder ob der weise Blogger sie gefressen hat. (2)


(1) Man kann nicht nur maximal 5.000 Freunde haben, jede/r Account_in darf auch nur maximal 5.000 Seiten liken.
(2) Falls er überhaupt auf diesem verwunschen Berg wohnt.

4 Kommentare
  1. datenschmutz.blog - medien.kultur.technik
    datenschmutz.blog - medien.kultur.technik sagte:

    Hehe… ist mir auch erst zu spät aufgefallen. Aber später werden Literaturwissenschaftler sagen, es handle sich trotz der Form um ein Werk in der Tradition der anglo-amerikanischen „Stories of Initiation“: der Graf entwickelt sich zum König.

Trackbacks & Pingbacks

  1. … [Trackback]

    […] Read More Info here on that Topic: datenschmutz.net/die-legende-von-den-verwunschenen-blogger-relations/ […]

Hinterlasse einen Kommentar

Schreibe einen Kommentar