Die NEUE Austropop-Doku gefällt - NOT!

Die NEUE Austropop-Doku gefällt – NOT!

Wenn Winde sich als darmgeboren erweisen, so darf man ihre Dokumenteure wohl zu Recht als „Chronisten der Blähungen“ bezeichnen. Eines vorweg: die neue Doku von DoRo über Austropop kommt daher wie eine „Sendung ohne Namen“ für ganz, ganz Arme.

Einen Ansprucht scheint die filmische Aufarbeitung dieses großen Mißverständnisses Austropop jedoch konsequent verfolgen wollen, so man die Auftaktsendung als paradigmatisch für den weiteren Verlauf der Saga annehmen darf: den auf Vollständigkeit nämlich. Da wird wirklich keine Wuchtel ausgelassen, schon in der ersten Sendung durfte das Dikum vom Austropopsch genau so ungewzungen fallen wie jeder andere ausgelutschte Stehsatz auch. Einmal mehr erfuhr das Land vom Staatsfunk, dass „Der Hofer“ Kulminationspunkt und der Woiferl Drehscheibe der Szene war; wäre nicht die Stürmer Christl ein paarmal zu Wort gekommen, hätte man „Austropop – Weltberühmt in Österreich“ doch glatt problemlos für einen Re-Run alter Maulkorb-Beiträge halten können.

Vielleicht dürfen sie sich ja alle noch präsentieren, die Wipeouts, die Angina Ps, die Dkays, Stereotys, Cutex’es, Waxos, Nives, Indigos, Dubblestandarts und alle die anderen Sportfreunde dieses Landes. Aber ehrlich gesagt stehen die Chancen schlecht dafür. DoRo wär’s ja ohne weiteres zuzutrauen, dass sie von Peter Kruder wissen wollen, wo im Austropop er denn seine genau Instrumentaltracks verortet und ob österreichische Musik ohne Dialektgesang denn auch im Ausland als solche erkennbar sei. Immerhin wird der journalistische Filter hier zur Zwangsvorstellung, werden Bronner und Qualtinger als die Geburtshelfer des Austropop bemüht und alles was nicht passt, wird halt passend gemacht.

Haben wir diese Befriedigung auch „dabei“ zu sein im Popbusiness denn wirklich so nötig, dass unsere altvorderen Heroen alle 10 Jahre wieder auf die Peepshow-Drehbühne stellen müssen? Die Herren und Damen haben großartige Leistungen vollbracht – und sie müssen sich auch gar nicht rechtfertigen oder einer Genrefizierung, die schon allein an den Economies of Scale dieses kleinen Landes scheitert, das Wort reden. Wenn im österreichischen Micro-Pop-Biothop Diversifizierung an Boden gewinnt, geschieht das offensichtlich immer noch nicht dank, sondern trotz der Fernsehberichterstattung.

Insofern belegt das Corpus Delicti eindrucksvoll, dass vielleicht nicht die Pop-Szene, ganz gewiss aber die Popgeschichtsschreibung in Österreich im argen liegt: wenn jegliche potentielle Weiterentwicklung so konsequent verschwiegen wird, dann hat der Wannabe-Star ja gar keine Chance, zum glorriosen Finale die Massenmedien heiß und innig zu küssen. Falls Musiker hierzulande in den Sonnenuntergang reiten, dann tun sie das gemeinhin, um Landesgrenzen zu überschreiten. Insofern ist natürlich der Untertitel „Weltberühmt in Österreich“ eine bodenlose Frechheit, eine bornierte Herabwürdigung jedes kontemporären Kunstschaffens, ein mittelmäßig verkleidetes Schlechtreden in bester österreichischer Nörglertradition. Der Humor macht hier sowieso Ferien, da helfen auch keine am Ende alibimäßig angehängten 5-Ster-Grissemann-Minuten, die im Kontext dieser zwangsfixierten Doku ohnehin deplaziert wirken.

Die inhärente Problematik der DoRo Kopfgeburt Austropop breitet Blumenau auf fm4 aus, netzonfire hat gestern abend auch bloss krampfhafte Historisierungsversuche gesehen. Dem schließ ich mich gerne an.

8 Kommentare
  1. musicman
    musicman sagte:

    Ansich find ich die Sendung ja nicht schlecht, viele Titel, die ich nicht kannte oder schon ewig nicht gehört habe. Aber in manchem hast aber sicher Recht. z.B. „Weltberühmt in Österreich“…
    „Peepshow-Drehbühne“ gilt allerdings nicht nur für den Austropop. Es wird auch woanders immer wieder versucht, alte Sachen nochmal zu verkaufen.

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