Hundefleisch vom Alanohof

Die Tirol Werbung serviert kein Hundegulasch

Der Alanohof bietet neben konsensualen, Rinder-basierten Fleischspezialitäten einen erstklassigen Stein des Anstoßes in Form von Bio Trockenfleisch Dog Jerky, Bio-Dog Ramen und Bio-Alanoschinken, alles aus hauseigener Produktion von glücklichen Montafoner Rindern sowie glücklichen Hunden („ausnahmslos Molosser, keine Haustierrassen“). Medieninhaber der bereits mehrfrach inkriminierten Seite ist niemand geringerer als Luzius Bernhard, Wien. Da sich der Alanohof in die lange Projektliste der Digitalkunst-Avantgardisten UBERMORGEN.COM einreiht, müssen Hundefleischliebhaber weiterhin die Interconti-Maschine nach Asien nehmen – dies jedoch bloß als Hinweis am Rande für kurz Unentschlossene auf der Suche nach originellen Ideen fürs weihnachtliche Festmahl.

Aber es dreht sich heute ja gar nicht um den Menüplan, sondern den ungleich geschmacklosere Themenkomplex „Legislatur und Linksetzung“, daher sei an dieser Stelle gesagt: der Diskussion über guten Geschmack mögen andere Legionen von Bildschirmseiten widmen, ich verweise gemäßigte Veganer und gemästete Carnivoren an dieser Stelle bloß auf folgendes Zitat:

Herzog: […] Diese Tabus sind kulturell, oft religiös bedingt und meistens vollkommen willkürlich, ja sogar unsinnig. Den Massai in Afrika zum Beispiel ist es verboten, Fisch zu essen.

BeobachterNatur: Fisch in der Wüste?

Herzog: Eben. Hindus essen keine Kühe, Muslime und Juden bekanntlich kein Schweinefleisch, und für Katholiken steht freitags Fisch auf dem Menüplan. Rational lässt sich keine dieser Vorschriften erklären.

Rein rational lässt sich allerdings ebenso schwer erklären, warum die Tirol-Werbung nun meint, rechtliche Schritte gegen besagte Homepage unternehmen zu müssen, denn die Betreiber des Alanohofes machen wahrlich keine Mördergrube aus ihren Herzen und listen die Tirol-Werbung auf der Subpage Freunde unter der Kategorie Nicht-Sponsoren und Sites, die wir moegen, die aber uns nicht moegen. Die Vorgeschichte erklärt folgende Pressemitteilung von UBERMORGEN.COM:

Vor einem Jahr haben UM auf freundliche Anfrage der Tirol Werbung GmbH das Tirol Logo von der Alanohof Website entfernt. Nun nutzt die Tirol Werbung die Adventszeit um mit einem neo-juristischen Drohbrief (s. Beilage) und einer sittenwidrigen Unterlassungserklaerung (eine Art Einverstaendniss zur Leibeigenschaft) Tiroler Heimatgefuehl, Gastfreundschaft und Lust auf Skifahren zu erzeugen. Die absurde Forderung: Die Entfernung des Wortes und Links „Tirol“ auf der Website www.alanohof.com in der Sektion: „Nicht-Sponsoren und Sites, die wir moegen, die aber uns nicht moegen“ –>

Die Kunst (UM) reichte den kleinen Finger, das Land Tirol glaubt nun die ganze Hand haben zu koennen. Diese billige Abmahnung [pdf] ist eine künstlerische Beleidigung und ein gutes Beispiel struktureller Gewalt.

UBERMORGEN hat daraufhin einen Brief und eine selbstverfertigte Unterlassungserklaerung [pdf] an die TW und deren Anwaltskanzlei geschickt mit der Androhung einer Konventionalstrafe von € 23.000,00 (Euro dreiundswanzigtausend) pro Stunde. Auszug aus dem Brief an die Anwaltskanzlei: „Wir verwehren uns ausdrücklich gegen die von Ihnen vorgebrachten Weisung, diese Ihre Meinung durch uns nur im privaten aber nicht auch im öffentlichen Raum vorzubringen. In diesem Sinne verweisen wir auf die beiliegende Unterlassungserklärung und fordern Sie auf, genannte Erklärung unterfertigt bis spätestens 24. Dezember 2012 (einlangend) an unser Büro zu retournieren“.

Tatsächlich steckt hinter der nur vordergründig Kulinarik-lastigen Auseinandersetzung die Frage um die Legalität des Linksetzens an sich. Ich zitiere weiter aus der Pressemitteilung:

Normalerweise hat UM kein Interesse an Konflikten mit Provinzakteuren. UM wird seit Jahren von Unternehmen und Staaten (OMV, USA, Bundesrepublik Deutschland, FBI, Republik Oesterreich, NSA, Google, Staatsanwaelte in Deutschland, USA, Schweiz, Oesterreich, Bulgarien & England, BKA Deutschland, Amazon, IBM, etc.) juristisch und faktisch bedroht und bekaempft.

Der Verein Tirol Werbung (Obmann LH Guenther Platter, gleichzeitig Verteidigungsminister & Innenminister, Schuessel II) hat bei UM jetzt aber den richtigen Nerv getroffen, und das in der Vorweihnachtszeit und „zum Nutzen der Tiroler“. –> http://www.tirol.at/de/impressum

Ein interessanter Aspekt dieser Auseinandersetzung wird die neue Rechtsprechung im Bereich „Haftung für Links auf fremde Seiten“ werden. Das Setzen von Links ist nach österreichischem Recht weder ausdrücklich verboten (obwohl einige ältere Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes dies vermuten lassen), noch ausdrücklich erlaubt. Da das WWW ohne Linksetzen nicht denkbar ist, kann aber davon ausgegangen werden, dass das Setzen von Links grundsätzlich erlaubt ist. Allerdings sind einige gesetzliche Spielregeln zu beachten.
–> WKO: http://bit.ly/WgqOc6

Wenn die Tirol Werbung versucht, ausgerechnet Hans Extrem und Liz VLX das Hyperlinken zu verbieten, dann haben die alpinen Werber und Juristen zweifelsohne keine Ahnung, sowohl worauf als auch mit wem sie sich da einlassen… sprich: die Feiertage könnten im Herzen der Alpen noch reichlich spannend werden, denn:

UBERMORGEN wird die Drohung dennoch einigermassen ernst nehmen und (quid pro quo) Tirol Werbung und ihre Rechtsanwalts-Armada mit einem Overkill an rechtlichen und technischen Mitteln bekaempfen – selbstverstaendlich alle im Rahmen der Meinungsfreiheit, Demonstrationsfreiheit, Freiheit der Kunst, Boykotte, Negativ-Kampagnen in Oesterreich, der Schweiz und Deutschland, gewaltlosen Widerstands und des zivilen Ungehorsams. Eine Kampagne auf der Facebookseite „Tirol – Herz der Alpen“ markiert den Beginn einer langen und schmerzhaften Reise –> http://www.facebook.com/tirol

Dass die beiden Künstler gute Chancen haben, legt der rechtliche Status Quo des Verlinkens durchwegs nahe, denn die oben erwähnten „zu beachtenden Einschränkungen“ beziehen sich primär auf fremden Federschmuck: fremde Inhalte dürfen nicht als eigene ausgegeben werden, ferner darf nicht der Eindruck einer „unerwünschen Nahebeziehung“ erweckt werden:

Offen ist auch, ob ein Website-Betreiber eine Verlinkung auf seine Website verbieten kann. Dies wird jedoch dann zu bejahen sein, wenn ein berücksichtigungswürdiger Grund vorliegt, eine Verlinkung zu unterlassen oder einen Link zu entfernen. Ein solcher Grund könnte zB darin bestehen, dass durch eine Verlinkung der Eindruck einer unerwünschten Nahebeziehung zwischen zwei Website-Betreibern erweckt wird.*

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Haustierhund, nicht zum Verzehr bestimmt.

Ich bin noch immer kein Jurist, aber dass durch die Kennzeichnung eines Hyperlinks mit den Worten „Seiten, die wir mögen, die uns aber nicht mögen“ ein Naheverhältnis suggeriert wird, darf wohl getrost verneint werden. Falls nicht, so schafft die Rechtssprechung einen Präzendenzfall, der ordentlich an den Eckpfeilern des Internet rüttelt: denn bliebe es dem Betreiber einer Webseite überlassen zu entscheiden, wer auf seine Page verlinken darf und wer nicht, der Betrieb einer jeden Webseite über Nacht ganz schön teuer werden. Und sämtliche Online-Shops und Bewertungsplattformen sollten bei nicht vorbehaltlos lobpreisenden Postings sicherheitshalber auch Verlinkungen verzichten… Weave sieht das ähnlich:

Ich bin gespannt, wie sich die Causa „digitales Hundefleisch vs. Tirol Werbung“ weiter entwickelt und ob der Schweizer Kanton Graubünden als dritte Partei in die juridische Schlacht zieht, immerhin bietet der Alanohof ja auch Bio Bündner-Fleisch an.


*) Ein anderer könnte auch in der intentionalen Verwendung konkurrenz-schädigender Backlink-/Keyword-Kombinationen liegen, aber soweit hat sich vermutlich noch kein Richter in die Untiefen des Blackhat-SEO vorgewagt.

0 Kommentare
  1. lena
    lena sagte:

    ich habe auf tirol.at nicht verlinkt, weil sie es nicht verdient haben;) wer verlinkungen verbieten will, wird nicht mehr verlinkt, ganz einfach, auch wenn weave nicht SPON ist;)

  2. Tessin
    Tessin sagte:

    Hundegulasch…..so,so es ist unglaublich, sowas gehört nicht nur nicht verlinkt sondern aus dem Index entfernt. In der Schweizer Zeitung Blick war vor ein paar Tagen ein (für mich) schockierender Bericht über eine „berühmte Katzenköchin“ im Tessin landen wohl immer mal wieder Katzen im Kochtopf. Das Gericht heisst: „Miau-Miau“ das ist doch nicht zu fassen.
    Ich habe den Bericht über die Tessiner Katzenköchin hier eingestellt, wer will kann ja mal lesen: http://www.facebook.com/pages/Tessin-Ferienwohnungen/103737829764333 Ich wohne im Tessin und seither achte ich das sich unser Kater nicht zu weit vom Haus entfernt.

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