Fallout 3: Ich falle aus, muss spielen

Fallout 3: Ich falle aus, muss spielen

Fallout 3Aber ausfällig werde ich nur, wenn mich einer dieser Zonenzombies blöd anpöbelt. Oder versucht, mir mit dem Flammenwerfer (in-game Name der Waffe: Shishkebab) eine neue Kurzhaarfrisur zu verpassen. Ich bin Eusebio, habe vor wenigen Stunden erstmals in meinem Leben Tageslicht gesehen und auf der Suche nach meinem Vater. Er hat Vault 101, den Bunker, in dem ich aufgewachsen bin, ohne Erlaubnis verlassen. Das machte den Ober-Bunker-Fascho vom Dienst so wütend, dass er mich auch umgelegt hätte – wäre ich nicht ein klein wenig schneller gewesen. Und nun? Nun stehe ich hier, inmitten einer schier endlosen postatomaren Wüste, bis zu den Zähnen bewaffnet und bereit, die Welt zu erkunden.

Meine Mutter starb bei meiner Geburt, meine gesamte Jugend lang wurde ich von einer Bunker-Gang terrorisiert: ich sag Ihnen, da hat sich einiges aufgestaut – und das bringt das Spiel in ziemlicher genialer Art und Weise beim Einstiegstutorial rüber. Den Schnelldurchlauf durchs Leben der Spielfigur nutzen die Gamedesigner zugleich für die Festlegung der Charakterattribute und Boni – es handelt sich um ein reinrassiges Rollenspiel, auch wenn weit und breit weder Orks noch Dungeons in Sicht sind. Postnukleare Settings kann man zwar auch in Stalker bzw. Clear Skies erkunden, der Reiz von Fallout liegt aber im schrägen Twist, den die Entwickler ihrer unwirtlichen Welt gönnen: überzeichneter US-Lifestyle, Comic-Visuals inmitten der hyper-realistischen Spielwelt und originelle Dialoge sind jene Ingredienzien, aus denen ein Cocktail entstand, der sich auf die einzige Spieltugend konzentriert, die mich überhaupt noch zu Ausflügen in virtuelle Welten animiert: grandioses interaktives Storytelling. Die Umwelt, so das Versprechen des Publishers, reagiert auf die Aktionen des Spielers: ob man als sanftmütiger Engel über die verstrahlte Erde schreitet oder den bösen Schrotflinten-Gangster raushängen lässt, die verschiedenen Lösungswege der einzelnen Quests sollen die Wiederspielbarkeit gravierend erhöhen. Darüber kann ich natürlich (noch) kein Urteil abgeben, immerhin habe ich gerade mal die ersten drei Stunden in der Spielwelt verbracht, aber laut diversen Tests in Spielmagazin dürfte es turbulent weitergehen. Massive Multiplaying hin oder her, ich pfeif auf Jagd- und Sammeltriebe: und eine sorgfältig inszenierte Story in einem ungewöhnlichen Settings ganz ohne Fantasy-Klischees trifft genau meinen Geschmack.

Fallout 3: Ich falle aus, muss spielen

Ich bin übrigens froh, dass ich mir die original englischsprachige Version besorgt habe: denn das Singleplayer-Rollenspiel Fallout 3 lässt Blut spritzen, Köpfe im Kugelhagel zerplatzen und zerlegt gemäß den ästhetischen Regeln modernen Actionkinos schnelle Actionsequenzen auf Wunsch in Zeitlupen-Szenarien. In der deutschsprachigen Version fehlen die nach außen gekehrten Eingeweide, und alle Einwohner sind vollkommen anämisch unterwegs – wenn ich Zeit mit einem Spiel verbringen, dann möchte ich allerdings das sehen, was sich die Artwork-Abteilung ausgedacht hat: Horrorfilme schau ich mir ja auch nicht in der geschnittenen Fassung an.

Das Fallout 3 Kampfsystem

Anders als Echtzeit-Shooter erlaubt Fallout drei die Umschaltung auf das sogenannten V.A.T.S., ein alternatives Zielsystem, bei dem bei angehaltener Zeit bestimmte Körperteile anvisiert werden können bis die eigenen Action-Punkte aufgebraucht sind – wer jemals Jagged Alliance gezockt hat, wird sich sofort zuhause fühlen. Diese freie Wahl zwischen Echtzeitballerei und unstressiger Pausenplanung macht das Spiel auch für Nicht-eSportler attraktiv, wer sparsam mit Patronen umgehen möchte, wird sowieso vorwiegend vom V.A.T.S. Gebrauch machen. Bin gespannt, ob die Story-Ideen für Langzeitmotivation ausreichen: wenn die Geschichte derart spannend, charmant und schräg weitergeht, dann kann ja nix mehr schiefgehen. So, und jetzt muss ich mich mal auf den Weg nach Megaton machen – und vorher noch die Grundschule von Springvale säubern.

Kleiner Tipp: da Fallout in .de und .at bei Retailern quasi nur auf deutsch erhältlich ist, empfiehlt sich eine Bestellung bei Amazon – Achtung auf die richtige Version: es gibt die „geschnittene“ deutsche, eine Uncut German Version und die englische Originalversion, die über diverse Marktplace-Händler erhältlich ist. Ob man einen Händler erwischt, der nach Österreich liefert, ist allerdings mehr oder weniger Glückssache; auf jeden Fall muss man damit rechnen, dass ein Altersnachweis verlangt wird (ich musste einen Reisepass-Scan einschicken) – da kennen die deutschen Moralwächter kein Pardon! Diese Version habe ich geordert: Fallout 3 (Uncut Englisch)Fallout 3: Ich falle aus, muss spielen

Falls unter den hochverehrten Lesern Fallout-Spieler anzutreffen sind, freu ich mich natürlich über Erfahrungsaustausch!

PS: Gestern bin ich nach Megaton gekommen – in den einzelnen Dialogszenen steckt soviel Wortwitz, dass man die recht ausgedehnten Gespräche gerne mitliest. Die Radiosender, die Grafik, die Kämpfe: äußerst atmosphärisch und mehr als vielversprechend!

0 Kommentare
  1. L-Roy
    L-Roy sagte:

    Auch ich spiele mit wachsender Begeisterung „Fallout 3“. Als Fan der ersten beiden Teile war ich trotz des sehr guten „Oblivion“ unsicher, ob Bethesda es schaffen würde, die Atmosphäre in die Neuzeit zu retten. Doch zum Glück waren meine Sorgen unberechtigt. Die meisten Änderungen haben dem Spiel gut getan und auch nach fast 40 Spielstunden macht es immer noch Laune.

    Dass ich die US-Version spiele, versteht sich im Angesicht der Selbstzensur der deutschen Version von selbst. Zudem hatte Bethesda bei „Oblivion“ ja sowieso arge Übersetzungsprobleme, was mich bei einem Spiel mit soviel Sprachwitz nachdenklich stimmen mußte.

  2. Aufschnürer
    Aufschnürer sagte:

    Schöne Wortspiele :mrgreen:
    Ich hatte auch schon mit dem Gedanken gespielt, mir Fallout 3 zu holen. Bin aber an COD4 hängen geblieben. Zumindest habe ich sehr viel Gutes über Fo3 gelesen, ich werde zusehen, das Spiel dann wenn auch als UK-Version zu bekommen.

  3. alex
    alex sagte:

    Ich habs auch gerne gespielt und hat mir auch richtig Spaß gemacht, nur leider hat sich nach gut 6h Spielzeit mein Speicherstand zerlegt und ich konnte nicht mehr weiterspielen. Einzige Alternative wäre neu von vorne anfangen – das war mir (bisher) dann doch wieder zu blöd – schade drum!

  4. Axel
    Axel sagte:

    Fallout 3 ist echt super schade nur das ich zu wenig Kronkorken habe. :roll: :roll: :roll: :roll: :roll: :roll: :roll: :roll: :roll: :roll: :roll: :roll: :roll: :roll:

  5. Sebastian
    Sebastian sagte:

    Teil 1 und 2 habe ich damals auch gedaddelt. Zu Teil 3 bin ich bisher noch nicht gekommen, aber das was man darüber ließt haut mich bisher noch nicht wirklich von den Socken. Mal schaun vieleicht liegts ja unterm weihnachtsbaum :D

  6. stephan
    stephan sagte:

    Ich habe Fallout 3 wieder zur Seite gelegt, da es mir ehrlich gesagt vom Schwierigkeitsgrad teilweise zu hoch ist. Da hat man mit Mühe und Not Munition zusammengekratzt und wird direkt ausserhalb Megatons von 5 Hunden angegriffen. Tja Muni alle und wieder zurück… Danke ;-)

    • ritchie
      ritchie sagte:

      Das ist ein guter Punkt – das Balancing ist irgendwie seltsam: Nahkampfwaffen und Messer sind in Relation zum z.B. Sturmgewehr oder der Pistole extrem stark und brauchen keine Muni – also ist man Morrowind-like dann doch dauernd am Schwertkämpfen. Die Munitionsknappheit find ich auch ziemlich unnötig.

  7. pidu
    pidu sagte:

    OH … MEIN … GOTT! Also bis jetzt konnte ich mich ja noch zusammenreißen, aber da ich schon Fallout 1 und 2 förmlich aufgesaugt habe, MUSS ich das jetzt doch spielen! Selbst wenn ich Gefahr laufe, enttäuscht zu werden … jetzt muss es sein! Danke an den Autor, für das Freilassen des Spielekinds in mir :grin:
    pidu

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