FilmKritik: Pulse

FilmKritik: Pulse

Bei „Pulse“ handelt es sich um das Remake des in Korea relativ erfolgreichen Thrillers „Kairo“ – oder, besser gesagt, dessen europäische Adaption. Die Rezension erscheint in leicht gekürzter Form im Ray Kinomagazin, Februar 2007. Kurzfassung für Eilige und Klickfaule: ich hoffe, die Rezension ist unterhaltsamer als der Film. Denn um den durchzustehen, braucht man hohe Langweileresistenz.

Regie: Jim Sonzero Kamera: Mark Plummer Drehbuch: Wes Craven, Ray Wright Schnitt: Robert K. Lamber, Bob Mori, Kirk K. Morri Musik: Elia Cmiral Produktion: Michael Leahy, Daniel S. Levine, Stephen Maloney u.a. Special Effects: Kevin Carter, Hosh Hakian Darsteller: Kristen Bell (Mattie Webber), Ian Somerhalder (Dexter McCarthy), Christina Milian (Isabell Fuentes), Rick Gonzalez (Stone), Jonathan Tucker (Josh Ockman), Lamm Levine (Tim Steinberg), Ron Rifkin (Dr. Waterson) pulsethemovie.net

Allfällige Ängste vor zellschädigender Wirkung diverser Strahlungsquellen sind Kinkerlitzchen gegen die Schrecken jener elektronischen Frequenz, mit der die Protagonisten von Pulse die hungrigen Geister der Verstorbenen beschwören.

Ein übertalentierter und experimentierfreudiger Hacker fängt sich einen ausgesprochen seltsamen Computervirus ein, der losgelöst von jeglichen physikalischen Gesetzen nicht nur vernetzte Rechner, sondern auch gleich Handys, Fernseher und überhaupt so gut wie jedes elektronische Gerät befällt. Bald stellt sich heraus, dass kein übereifriger Nerd am Werk war, sondern die Toten einen Weg gefunden haben, in die Welt der Lebenden zurückzukehren, und dieser Ausflug soll keine Butterfahrt werden: vampirartig saugen sie ihren Opfern direkt und blitzschnell die Lebenskraft aus, worauf diese entweder Suizid begehen oder wahlweise nach wenigen Tagen zu Asche zerfallen. Was als horrible Randepisode im kleinen Kreise einiger befreundeter Studenten begnnt, weiter sich schon bald zu einer nationalen Krise aus, die schließlich im Rückzug der Zivilisation in die Natur endet – die Städte gehören der Invasionsarmee, gegen die kein Kraut gewachsen scheint. Denn wie schon Michael McManus als Brunnen-G Kai in „Lexx“ wusste: „You can’t kill a dead man.“

Auf der Habenseite des Films stünde also eine eigentlich ausbaufähige Story mit hohem Zeitgeist Faktor. Stünde – denn jegliches Potential für gepflegten Grusel verspielt der Film durch den vollständigen Verzicht auf eigenständige Ideen und fesselnde Rhythmik. Fairerweise muss aber angemerkt werden, dass es sich bei „Pulse“ um das Remake des südkoreanischen Thrillers „Kairo“ aus dem Jahr 2001 handelt. Einfach nur von einem misslungenen Kulturkreis-Transfer zu sprechen, griffe dennoch wesentlich zu kurz: zwar bezieht „Kairo“ seine Spannung aus subtileren dramaturgischen Methoden als das Remake, die überaus dröge Grundstimmung des Originals und die geradezu himmelschreiend langweilige, weil völlig vorhersehbare Inszenierung des Schreckens haben aber durchwegs beide Filme gemeinsam. Kein Wunder also, dass Pulse über weite Passagen wie eine unfreiwillige Genre-Parodie wirkt.

Diese zweifelhafte Komik speist sich aus einer postmoderen Tour-de-Force durch die jüngere us-amerikanische Horrorfilmtradition: die panische Hilflosigkeit von Scream gepaart mit dem Techno-Horror-Faktor von „The Ring“ (hier laufen die mysteriösen Visuals eben auf einem Computerscreen statt von VHS) ergibt aber bloß ein langweiliges Amalgam, dem selbständiges Profil fehlt – das hat sich der Regisseur wohl spätestens beim Schnitt ebenfalls gedacht. Und der Versuch, diese Mängel mit dem Überstrapazieren von billigen Lautstärke- und Schockeffekten zu kompensieren rückt die dramaturgischen Mängel bloss noch deutlicher in den Vordergrund.

Das misslungene Kabinett des digitalen Schreckens hat zwar auch seine guten Momente, die jeder IT-Nutzer aus dem eigenen Leben kennt: etwa wenn der Hauptdarsteller die vermeintlich richtige Antivirus-Software in den Mainframe-Rechner einspielt und das Problem kurzfristig gelöst scheint – bis zum nächsten Reboot. Dennoch weist die durchschnittliche Anti-Viren Homepage höheren Unterhaltungswert auf als „Pulse“.

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