FlickR, Jake Appelbaum und die Zensur in Hongkong

FlickR, Jake Appelbaum und die Zensur in Hongkong

flickrEin Foto von Jake Appelbaum, monchrom Artist in Residence, sorgt für ein Aufruhr in Hongkong. Blogger und Interlocals-Gründer Oiwam Lam verlinkte von seinem Blog auf das erotische Portrait und soll dafür entweder 400.000 HK Dollar bezahlen oder ein Jahr ins Gefängnis gehen.

interlocals.ne will Medienaktivisten vernetzen, deren Muttersprache nicht Englisch ist: dazu übersetzen verschiedene freiwillige Mitarbeiter die einzelnen Texte in diverse Sprachen. In einem aktuellen Interlocals-Beitrag berichtet Oiwan über die verschiedenen Reaktionen. Der ursprüngliche Beitrag mit dem Foto ist nach wie vor online bei Inmediahk.net. BoingBoing schreibt zu der Causa:

Interlocals.net founder and inmedia.hk activist Oiwan Lam decided, as an act of electronic civil disobedience, to protest the Obscene Articles Tribunal of the Honk Kong Television and Entertainment Licensing Authority (TELA) and their classification of articles as obscene for publishing hyperlinks to erotic photography on FlickR and other sites. Lam then wrote an essay criticizing the Authority and linking to a tasteful photography found by searching the keyword ’nude‘ on FlickR. The result was a quick response from the TELA, and the classification of the article as a Class II indecent article by the Obscene Articles Tribunal. The maximum penalty is HK$400,000 and 12 months in jail.

Auf FlickR gibt’s das Foto für Österreicher und Deutsche indessen nicht mehr: dass die größte Foto-Community in ganz besonders vorauseilendem Gehorsam auf die strengen Jugendschutzbestimmung Deutschlands eingeht, ist bekannt – offizieller Grund für die Einstufung des Accounts auf „unsafe“ und die Nichtabrufbarkeit auch aus Österreich sind laut FlickR-Besitzer Yahoo besagte deutsche (!) Jugendschutzgesetze. Damit hätten wir hier wohl einen jener seltenen Fälle, wo die grenzüberschreitende Wirkung des Netzes nicht Informationen, sondern Zensurstrategien von einem Land ins andere durchsickern lässt.

FlickR jedenfalls stufte gleich mal Jake Appelbaums gesamten Account als „unsafe“ ein: der Fotokünstler hat dort einige tauend Bilder online, von denen es sich bei den wenigsten um (schwer harmlose) Erotik-Aufnahmen handelt. Aber FlickR sieht die Sache mit den nackten Frauenbrüsten anscheinend wesentlich enger als die Kronenzeitung – und so unangenehm die ganze Sache für Miss Lam nun auch sein mag, aus der Sicht des Fotografen bestätigt diese unerfreuliche Anekdote einmal mehr: mit dem Hosten seines eigenen künstlerischen Outputs bei Drittanbietern wie FlickR (oder auch myspace, Blogger, WordPress.com, youtube… insert web 2.0 application here) liefert man sich deren Gutdünken auf Gedeih und Verderb aus. Wer am Web 2.0 partizipieren will, ohne bloß zensurgefährdeter, mundtoter User der Big Player zu sein, der kommt um selbst gehostete Plattformen und eigene Server einfach nicht herum.

5 Kommentare
  1. alphakolonne
    alphakolonne sagte:

    Also da wär ich auch nie im Leben draufgekommen, dass dieses Foto pornographisch ist…. 400k HK-Dollar sind ganz schön viel Holz für ein harmloses Bildchen in einem Blog; wobei mich die Reaktion der Regierung ja weniger überrascht als die von FlickR – die sind in den letzten Monaten ja überhaupt durch sehr, sehr seltsames Zensurverhalten negativ aufgefallen.

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