Google und Feedburner - mehr als eine Liebeshochzeit

Google und Feedburner – mehr als eine Liebeshochzeit

Die aktuelle datenschmutz Titelstory dreht sich um den Aufkauf Feedburners durch Google: Der Suchmaschinenriese freut sich über neues Datenfutter, die User des beliebtesten RSS-Aggregationstools bekommen ab sofort die vormals kostenpflichtigen Pro-Features gratis. Für Ö1 matrix hab ich die folgende Kolumnen zum Thema „Zukunftsperspektiven“ verfaßt (erschienen auf oe1.orf.at im Juni); damals war allerdings noch nichts bekannt über den Wegfall der monatlichen Gebühren für professionelle Statistiken.

Was vor wenigen Tage noch als Gerücht im Netz kursierte, bewahrheitete sich am 23. Mai: Google erwart für 100 Millionen Dollar die RSS Aggregator-Plattform Feedburner und stärkt damit vor allem sein Blog-Portfolio.

Die Reaktionen der Netzgemeinde auf die Neuerwerbung Googles fielen großteils verhalten euphorisch aus – wurde früher jede Businesstaktik des Quasi-Monopolisten frenetisch bejubelt, so gestaltet sich der Applaus immer endenwollender, seit der Suchmaschinenbetreiber sich vom smarten Platzhirsch zur netzumfassenden Krake entwickelt hat. Die Neuerwerbung passt natürlich ganz hervorragend ins Web 2.0 Konzept, denn mit Feedburner stehen Google plötzlich ganz neue Möglichkeiten der Monetarisierung des Adsense-Produkts zur Verfügung.

Feedburner zählt zu den Sonnenkindern des Web 2.0 Booms: die Betreiber konzentrierten sich seit der Gründung im Jahr 2003 voll und ganz auf die Aggregation von RSS-Feeds. Dieses plattform-unabhängige Format macht Webseiten maschinenlesbar, erlaubt den problemlosen Austausch von Inhalten zwischen verschiedenen Domains und wird zunehmend dazu benutzt, um die Beiträge aktualitätsbezogener Webseiten zu abonnieren. Besonders rasante Verbreitung fand das Format in der Blogosphere, stellen die Feeds doch eine ideale Möglichkeit dar, um Weblogs bequem zu abonnieren: ein Besuch der Homepage bei jedem neuen Beitrag entfällt.

Theoretisch könnte die Feedfunktion auch benutzt werden, um nur kurze Teaser anzubieten, die jedoch bei den LeserInnnen meist auf wenig Akzeptanz stoßen – die überwiegende Mehrzahl der Blogautoren bietet ihren LeserInnen daher werbefreie Volltextversionen an. Jede moderne Content-Managment Software kann solche Feeds generieren. Der Feedburner-Server schaltet sich zwischen den Originalfeed und die Abonennten und stellt dem Seitenautor eine ganze Reihe nützlicher Features zur Verfügung, dazu gehören genaue statistische Auswertungen ebenso wie umfangreiche Zusatzfunktionen. Viele Pro-Blogger leiten ihren RSS-Feed komplett über die Plattform um und nutzen die kostenpflichtige Version, die eine noch genauere statistische Auswertung ermöglicht.

Manche Experten sehen bei Google beginnende Probleme mit den Economies of Scale: zwar verfügt die Firma über die wohl beeindruckendste weltumspannende Serverarchitektur des gesamten Netzes, doch blieben viele Erwerbungen der letzten Jahre mehr oder weniger unbeachtet liegen. Die ehemals florierende Weblog-Plattform Blogger dümpelt seit dem Aufkauf im Web 1.0 Status dahin, myspace scheint weitgehende sich selbst überlassen zu bleiben – Analytics allerdings erfuhr kürzlich ein umfassendes Update, das kommerziellen Statistik-Tools nahezu die Existenzgrundlage entzieht.

Die Zukunft von Feedburner allerdings steht wohl kaum in den Sternen, denn strategisch betrachtet stärkt sich Google gleich an mehreren Fronten. Den Fehler, zwangsweise Werbung in den Feeds schalten, sollte die Firma freilich nicht machen, denn diese wäre die Markteintrittschance für eine neue RSS-Plattform: die wenigsten Autoren stellen ihre Arbeit gerne freiwillig Dritten als Werbefläche zur Verfügung. Wahrscheinlicher ist wohl, dass Google sein Adsense-Revenue-Share Modell anpasst und Webmaster an den Werbeeinnahmen beteiligt. Bereits jetzt stellt Feedburner eine komfortable Möglichkeit zur Verfügung, ab 500 Abonennten Werbung im Feed zu schalten: eine Verheiratung dieses Features mit Adsense ist daher mehr als wahrscheinlich.

Zum Zeitpunkt des Aufkaufs verwaltete Feedburner rund 420.000 RSS-Adressen. Neben dem zusätzlichen Werbekanal wird Google wohl auch die Chance nützen, die hauseigene, aber bisher kaum genutzte Blogsuche mit den indizierten Inhalten aufzupolieren. Dagegen nehmen sich die Blog-Portfolios von Microsoft und Yahoo geradezu bescheiden aus: bleibt nur abzuwarten, ob es Google demnächst auch noch gelingt, sich Technorati einzuverleiben – mit dem Kauf der größten und populärsten Weblog-Aggregationsplattform wäre ein weiterer Abschnitt im Monopol-Puzzle komplett.

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