Günter Wallraff investigiert wieder

Günter Wallraff investigiert wieder

Der investigative Journalistenheld meiner frühen Jugend tut’s wieder. Zeitgemäß ermittelte Günter Wallfraff erst einmal im Outbound-Callenter-Milieu. Der 5seitige Bericht in der Zeit lässt an gewohnter Sprachgewandtheit und Schärfe nichts zu wünschen übrig – in mancherlei Hinsicht müsste GW wohl ohnehin als so etwas wie eine Ikone der deutschsprachigen Bloggeria gelten!

Der Meister der atmosphärischen Beschreibung beginnt seinen Bericht wie gewohnt mit der Beschreibung seiner neuen Identität:

Eine automatische Drehtür schiebt mich ins Foyer, vor den Empfang. Ich trage falsche Haare, Kontaktlinsen, habe meinen Schnauzbart abrasiert, und das Marathontraining des vergangenen Jahres hat mich zusätzlich verjüngt. Ich bin 49 und heiße von nun an Michael G. – mein Name, und damit meine Identität, ist von einem Freund geliehen.

Die Formulierkunst des Journalisten, der seinerzeit gegen die mächtige Bildzeitung antrat, sucht imho im deutschsprachigen Raum ihresgleichen:

Es scheint, als seien Callcenter die Bergwerke der Neuzeit: Zigtausende arbeiten im Verborgenen, werden unsichtbar – und ihre Arbeitsbedingungen auch.
[…]
Die Adressen stammen von Menschen, die bei Gewinnspielen angekreuzt haben, dass sie die Weitergabe ihrer Adressen nicht verbieten, „oder die vergessen haben, das anzukreuzen“, sagt der Teamleiter mit einem Augenzwinkern. Die könne man anrufen, völlig legal. Eine Auskunft, die definitiv falsch ist.

Unverkennbarer Stil, nicht wahr? Und das beste an der Sache: die Callcenter-Keiler Story scheint nur der Auftakt zu sein, in Zukunft wird GW regelmäßig in verschiedene Rollen schlüpfen in in der Zeit darüber berichten. [via Christian in Wien]

24 Kommentare
  1. Klaus-Dieter Gasse
    Klaus-Dieter Gasse sagte:

    Im Zeitalter modernem Raubrittertums und Sklaverei und diese nicht nur vom Staat geduldet wie vor hunderten von Jahren sondern angeordnet, sollte es viel mehr Wallraffs geben. Leute die das Kind beim Namen nennen und stundenlang reden und doch nichts gesagt haben. Vor euch Wallraffs ziehe ich den Hut.
    Gruß ein Gleichgesinnter

  2. Hans
    Hans sagte:

    Hallo, ich arbeite selbst in einem „callcenter“ und unsere geschäftsleitung äußert sich mehr als empört über diese story… :shock: unser „oberster chef“ hat herrn wallraff sogar eingeladen um ihm zu zeigen dass nicht alle callcenter so sind wie er beschrieben hat. :idea: denke mal die wissen dass er nicht kommt :mrgreen: ich würde mir wünschen dass ich mich per email an herrn wallraff wenden könnte um ihn im vorfeld (falls er nun doch kommt…) über einiges zu informieren :evil: :evil:

    • ela
      ela sagte:

      Hallo, auch ich arbeitete in einem Callcenter; es wird verlangt, dass man den Teamleiter bittet, auf die Toilette gehen zu dürfen, die Mittagspause wird nicht gewährt, wenn nicht genügend Aufträge gemacht sind und – mitdenken ist unerwünscht. Auch ich würde für Herrn Wallraff gerne mal aus dem Nähkästchen plaudern.

  3. Jeanne
    Jeanne sagte:

    Arbeitsrechtliche Aspekte werden anscheinend heutzutage in fast gar keinem Unternehmen mehr beachtet. Uns hat man jetzt die frohe Botschaft mitgeteilt, dass wir Karfreitag frei hätten. Seit wann bestimmen Firmen individuell über die Handhabung gesetzlicher Feiertage. :sad: Und ich arbeite nicht mal in einem Call Center (kenne diese Szene aber auch von innen).
    Wir müssen alle gemeinsam kämpfen gegen die völlige Untergrabung unserer Arbeitnehmerrechte!!!!!!!!!!! :grin:

    • ela
      ela sagte:

      Liebe Jeanne,

      mir wurde deshalb mein Job gekündigt (bei einem Call-Center), weil ich nicht via Voice-Log den Kunden zur Auftragsannahme überrumpeln wollte. So viel zur deutschen Gesetzmäßigkeit.

  4. Jeanne
    Jeanne sagte:

    Na ja, ohne Voicelog kein gültiger Abschluss… :roll: Hat schon auch seine Vorteile so ein Voicelog. Falls der Kunde hinterher sagt, er hätte sein Einverständnis nicht gegeben, hat man seine Bestätigung dann aber auf Band. In der Telekommunikationsbranche geht im Call Center nix ohne Voicelog. Schlimmer finde ich, wenn man dem Kunden ein Produkt andreht, das gar nicht existiert, d.h. das Voicelog auf Grund von Falschinformationen zustande kommt und nachdem er eingewilligt hat, dann was ganz anderes erhält. Das ist Betrug. :evil:

    JEDEM KANN ICH NUR EMPFEHLEN, sich aus der Call-Center-Branche rauszuhalten, egal ob Inbound oder Outbound oder mitunter auch HelpDesk :idea:

  5. Jeanne
    Jeanne sagte:

    AN DIESER STELLE NOCH EINE EMPFEHLUNG:
    VORSICHT BEIM RUNTERLADEN VON KLINGELTÖNEN, LOGOS ETC. AUS DEM INTERNET, AUCH WENN DA STEHT GRATIS. OFT STECKT EIN SAUTEURES ABO DAHINTER !!!! :shock:

  6. Briester
    Briester sagte:

    wichtiges Thema. da gibt es verträge, die darauf hinweisen, dass man abgehört wird und die Auswertungen aber nicht unmittelbar sondern später erfolgen. Also ein guter Trick auch Aufnahmen aufzubewahren. Wenn man nicht unterschreibt, gibts den Job nicht. Das nennt sich dann Computerinterviewer und Forschung. Man wird teilweise auch regelrecht belästigt und schikaniert von Supervisoren, die nicht nur zuhören
    sondern auch reinreden, Geräusche machen usw.
    Meiner Meinung sind solche Leute ein ziemlich widerliches Volk.

  7. wahlrechtabnull
    wahlrechtabnull sagte:

    Gerne soll Wallraff mal den Bundestag investigieren:
    wer denn dafür verantwortlich ist, daß Kinder und Jugendliche in Deutschland kein Stimmrecht haben und damit für Parteien und Politiker gänzlich uninteressant sind.

    Wer verhinderte die bisherigen Petitionen?

    Warum können Eltern nicht treuhänderisch für ihre Kindern stimmen (analog zur Eintragung auf der Lohnsteuerkarte)?

    Warum wird das Thema denn gar nicht diskutiert?

    Denn:
    Familienpolitik ist ökologisch; wer sonst hat ein Interesse, die Umwelt zu bewahren, wenn nicht Eltern?
    Familienpolitik ist nachhaltig; wer sonst hat ein Interesse, den Kindern keine Schulden aufzubürden?
    Wie sonst könnte eine familiengerechtere Politik und damit eine lebenswerte Gesellschaft gefördert werden?

  8. Ludwig
    Ludwig sagte:

    Hallo !

    Kann mir jemand die Email oder die Postadresse von Günter Wallraff schicken ?
    Ich benötige Wallraff zur Veröffentlichunge eines Menschenrechtsskandals in Deutschland !

    Danke

    Ludwig

        • Ritchie Blogfried Pettauer
          Ritchie Blogfried Pettauer sagte:

          Ja, die Hoffnung stirbt zuletzt! Aber wer weiß – womöglich ist Herr Wallraff im Einsatz, dann würde er sich natürlich nie zu erkennen geben. Gut möglich bis sogar sehr wahrscheinlich, dass er hier Undercover mitkommentiert!

          Sind Sie am Ende gar Herr Wallraff, verkleidet als Bäcker?

    • Ulrich Schlüter
      Ulrich Schlüter sagte:

      Ich schickte eine E-Mail an den Verlag von Herrn Wallraff (verlag@kiwi-verlag.de) mit der Bitte um Weiterleitung an Herrn Wallraff. Herr Wallraff rief mich eine Woche später an, weil er mehr Informationen zu dem von mir angesprochenen Thema haben wollte. Ich wies ihn nebenbei darauf hin, dass im Impressum seiner Website http://www.guenter-wallraff.com/ keine Kontaktdaten und keine Mailadresse angegeben sei. Er bedankte sich für den Hinweis. Inzwischen kann man dort auf „Kontakt“ klicken, und es erscheint folgende Mail-Adresse: buerokontakt@xn--gnter-wallraff-gsb.de

  9. mirreichts
    mirreichts sagte:

    ps.wenn ich wüsste das wenn ich denn namen des unternehmens nehne,das ausser meinen schon gesundheitlichen schaden kein anderer entstünde würd ich es kind beim namen nennen.
    mach ich es eben anders:für alle die es interresiert der beitrag war am 31.05.2010
    man kann sich den beitrag noch heute ansehen,wir waren die ersten in diesen beitrag
    „bäckereien ungerechter lohn??“

  10. pseudo
    pseudo sagte:

    hallo
    wir sind ei ne inzwischen immer mehr anwachsende Menge von Leuten die haushoch betrogen worden sind.
    es sind wohl an die 1600 und mehr…
    um der Sache auf den Grund zu gehen, noch ist wohl Zeit dazu, aber lange nicht mehr, unn detektivische Arbeit zu machen in dem Rest was noch übrig ist, so einiges kommt ja schon ans Tageslicht, aber leider noch nicht alles, es rollen aber schon Köpfe und das ist gut so.
    Wir brauchen daher gaaaaaaaaaaaaaaanz dringend Sie Herr Wallraff
    sie muessen uns helfen, Beweise haben wir gesammelt es fehlt nur zur Durchsetzung, sich vor Ort einzuschleusen. so wie Sie es immer tun.

    Bitte, wenn Sie dieses lesen.schreiben Sie uns.

    MFG

    Zitat: wir sind wild vor Wut, wir sind viele, wir geben nicht auf!!! :pirat:

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