Holland wählt wieder mit Stift und Papier

Holland wählt wieder mit Stift und Papier

Wahlen sind das Rückgrat der (symbolischen) Demokratie: wenn hier digitalisiert wird, dann mit besonders hohen Sicherheitsanforderungen, denn die verwendete Technologie muss ausgesprochen manipulationssicher ausfallen. Denn während beim klassischen Wahlvorgang zumindest die „Hardware“ Stimmzettel eine nachträgliche Überprüfung erlaubt, öffnen unzureichend dokumentierte Computersysteme Manipulationsversuchen Tür und Tor.

Darauf wird der Chaos Computer Club nicht müde hinzuweisen, insbesondere seit in Deutschland die Einführung der eWahl beschlossen wurde. Die in Holland bereits zugelassenen NEDAP-Wahlcomputer erfüllten nicht die Anforderungen an freie demokratische Wahlen, so die Informationsexperten aus dem Hacker-Umfeld: und die sollten’s ja eigentlich wissen. Das ist nicht zuletzt deshalb spannend, weil ja gerade hier eine der liberalsten nationalen Medienpolitiken der EU in Kraft ist. Von der Firmengründung in Holland über privaten Rundfunk und etliche Amtswege ist hier schon lange sehr viele konsequent digitalisiert worden.

Falsch kann der CCC jedenfalls nicht gelegen sein, denn wie ich soeben aus der aktuellen Aussendung des Clubs erfahren habe, kehrt in holländische Wahlzellen ab sofort wieder die analoge Nostalgie ein:

Die Regierung der Niederlande hat entschieden, die Verordnungen, auf denen die Zulassung der NEDAP-Wahlcomputer beruhen, zurückzuziehen. Damit wird in den Niederlanden nun wieder mit Papier und Stift gewählt.

Berlin, Amsterdam (27.09.2007) – Die Entscheidung erfolgte als Reaktion auf den Bericht einer unabhängigen Untersuchungskommission zur Reform des Wahlverfahrens. Die in den Niederlanden hergestellten und dort fast flächendeckend verwendeten Wahlcomputer der Firma NEDAP sind praktisch baugleich mit den in Deutschland verwendeten Systemen. Durch eine gemeinsam vom Chaos Computer Club und der niederländischen Stiftung „Wij vertrouwen stemcomputers niet“ durchgeführte Analyse war im Oktober 2006 bekannt geworden, dass die NEDAP-Wahlcomputer einfach zu manipulieren sind und damit die Wahl mit geringem Entdeckungsrisiko gefälscht werden kann. Aus den vielschichtigen Problemen hinsichtlich möglicher Manipulationsmethoden an Wahlcomputern in den Niederlanden und Deutschland und dem daraus folgende Verlust des Wählervertrauens in die Computer hat die niederländische Regierung nun also die Konsequenz gezogen.

Während die holländische Administration die geäußerten Bedenken offensichtlich sehr ernst nahm, erweckt die Berichterstattung im c’t auf mich eher den Eindruck, dass die Verantwortlichen in unserem Nachbarland die CCCs als einen Haufen hypersensibler Spinner abtun – nun beschäftigt sich glücklicherweise der VfGH mit den veröffentlichten Einwänden:

Die Frage, ob die Verwendung von Wahlcomputern in Deutschland mit den Grundsätzen eines freien, gleichen, geheimen, manipulationsfesten und vom Bürger nachvollziehbaren Wahlverfahrens vereinbar ist, beschäftigt derzeit auch das Bundesverfassungsgericht. Der Chaos Computer Club hat dazu eine ausführliche Stellungnahme abgegeben.

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