Kung Fury - Street Rage Review

Kung Fury: Charmant verdichteter Trash für Gourmet-Nerds [Movie & Review]

Der namensgebende Superpolizist Kung Fury muss in die Zeit zurückreisen, um Kung Führer alias Adolf Hitler im Nazi-Deutschland des Jahres 1938 zu besiegen. Die Zeitmaschine bremst zu spät, nach einem kurzen Ausflug in prähistorische Zeiten samt Maschinen-Gewehr Amazonen und Laser-Sauriern steht er schließlich seiner Nemesis gegenüber, stirbt, inhaftiert den Tod wegen Behinderung von Polizeiarbeiten um schließlich… aber ich will nicht spoilern. Obwohl weder die absurde Story noch die smart umgesetzten Spezialeffekte David Sandbergs 30minütiges Trash Opus Magnum so unglaublich charmant machen.

Der Schwede bedient sich in einer Geschwindigkeit und Unverfrorenheit am kulturellen Trash-Codex wie vor ihm nur wenige und spielt auch noch die Hauptrolle mit grimmiger Verve und viel Körperkontrolle. Die Netzcommunity liebt derlei Projekte, spendete 2014 via Kickstarter innerhalb von 30 Tagen 630.000 US-Dollar. Am 28. Mai hat er Kung Fury in voller Länge frei verfügbar auf Youtube gestellt, nach nicht einmal einer Woche steht der Zähler bei knapp 12 Millionen Views, über 300.000 Likes und 5.000 Dislikes. Aber nehmen Sie sich 30 Minuten Zeit und sehen Sie selbst.

Mehr Background-Infos und diverse analoge und digitale Fan-Devotionalien findet man auf der offiziellen Homepage kungfury.com.
Der SZ respektive Eike Kühl muss ich widersprechen, wenn sie fälschlich eine Henne-Ei-Problematik beschreibt:

Das klingt wie absoluter Schrott und ist es eigentlich auch. Eigentlich würde über Kung Fury auch kein Mensch reden, wenn nicht dieses Internet wäre.

Kung Fury wäre ohne das Internet nämlich undenkbar im engeren Sinn. Natürlich speist sich der Großteil der popkulturellen Referenzen aus dem ikonographischen Arsenal der 60er, 70er und 80er, übertreibt und demaskiert in dieser spezifischen Konfiguration aber zwei Entwicklungen, die wir meist gleichzeitig besorgt und belustigt betrachten. Da wäre zum einen die Durchlauferhitzer-Funktion des Internet für Rekombinationen aller Art und zum anderen die formale Beschleunigung.

Lange schon stellen Kulturphilosophen die Frage, wie denn die Entstehung „des Neuen“ so vor sich geht. Konkret, ob wir ex nihilo Kultur erschaffen oder permanent rekombinieren [1]. Das Universalmedium Internet fungiert in dieser Hinsicht als größter „Kultur Mixer“ der Welt. Während die SZ auf Easter Egg Suche geht (es sind in der Tat reichlich Referenzen versteckt, genau genommen ist Kung Fury eine einzige rasante Abfolge der selbigen), hat mich der schlaue Einsatz technologie-bedingter Medienästhetiken am meisten angesprochen. Als Beispiel sei die wunderbare Parallax-Scrolling Sequenz á la 90er-Spielhalle ab 17:30 angeführt.

Kung Fury - Nazi Sidescrolling

Klassische Sidescroller Parallax-Sequenz mit den Spielhallen-typischen untätigen Gegnermassen im Hintergrund.

Absolut folgerichtig also, dass in der echten Online Welt die Finanzierung des „Streifens“ über Crowdfunding erfolgte, während im Fake Hyperspace des Kung Fury Universums Sidekick Hackerman den Helden an mythologisch-gottgleichen Superfähigkeiten durchaus übertrifft.

Kung Fury Review | Hackerman

Hackerman, seines Zeichens „The greatest Hacker of all Times“

Special Effects, Zitate, spezifische Darstellungsformen: Kung Fury ist ein witziges, intelligentes, rasantes Trash-Best-Off, dem das 30-Minuten-Format ganz hervorragend steht. Da passt das 100. Comeback von David Hasselhoff in Form des offiziellen Soundtrack-Videos True Survivor auch ganz hervorragend dazu.

Im Netz hat sich der Ausdruck „Meme“ etabliert, dabei ist Memetik doch bloß eine Art virtualisierte Satire-Teststrecke für „Heavy User“. Kein Streifen der jüngeren Youtube-Kinogeschichte bringt dies so deutlich zum Ausdruck wie Kung Fury. Dass nach 11 Millionen Views fast über Nacht nun eine endlose Reihe von Epigonen uns mit schlechten Kopien eines so nicht wiederholbaren Gags nerven wird, ist eine unvermeidliche Begleiterscheinung unserer Zeit. Ich nehme sie gern in Kauf, wenn ab und an solche Perlen an die Oberfläche des Mediensumpfes gespült werden.


[1] Lesetipp: Weisen der Welterzeugung (suhrkamp taschenbuch wissenschaft)Kung Fury: Charmant verdichteter Trash für Gourmet-Nerds [Movie & Review]

3 Kommentare
  1. datadirt
    datadirt sagte:

    it_helps  Hehe… genauso ist es mir auch gegangen! Dann hab ich Kung Fury meiner Frau vorgespielt – die eine ausgeprägte SciFi Abneigung hat – und sie hat den Film gar nicht mögen. Geschmäcker :)

    Für Geeks und Trash-Fans jedenfalls ein echter Leckerbissen!

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  1. pod sagt:

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