Mehr gute Filme, weniger schlechter Feminismus

Mehr gute Filme, weniger schlechter Feminismus

Man kann Alice Schwarzer eigentlich nicht kritisieren, denn im Zweifelsfall hat sie ja „soviel für die Frauenbewegung geleistet“. Und deshalb darf die Grande Dame der deutschen Emanzipationsbewegung bis in alle Ewigkeit ihre ewiggestrigen Parolen unters (Talkshow)-Volk streuen. Eigentlich schade, zumal’s doch ein paar wichtigere Dinge zu besprechen gäbe, wie zahlreiche zeitgenössische Kritikerinnen finden.

Die/der geneigte LeserIn erkennt sofort: meine eigenen Fan-Gefühle gegenüber AS halten sich in extrem engen Grenzen. Das hat nix zu tun mit Unkenntnis der Materie. Eigentlich war mir Alice Schwarzer ziemlich egal, aber dann hatte ich zwei Jahre lange Gelegenheit, an Anjas Abo mit zu partizipieren. Granted: es gibt immer wieder spannende, hochinteressante Reportagen von Gastautorinnen. Was Frau Schwarzer selbst so von sich gibt, zeugt allerdings von einer gehörigen Portion Dogmatik, die imho ganz schön verranzt schmeckt. (Nein, ich glaube zum Beispiel nicht, dass Pornographie *immer* und *in jedem Fall* eine unzulässige Ausbeutung von Frauen darstellt und verboten gehört. Und das Argument „…aber die Kinderpornographie“ zählt hier nicht – da gibt’s zum Glück Gesetze, die man zwar verschärfen könnte, aber das hat rein gar nix mit allen anderen Schweinigeleien, die sich so zwischen consenting adults abspielen und auf Filmmaterial gebannt werden.)

Aber ich will nicht abschweifen – Grund für dieses Posting ist ein Beitrag in der Frankfurter Rundschau Online, der sich fragt, ob Feminismus á la Alice eigentlich überhaupt noch up to date ist; was konkret die Pornodebatte betrifft, könnte ich meine Meinung nicht besser formulieren als der/die SchreiberIn – ich konnte leider auch bei genauerem Hinschauen keinen Autorennamen entdecken:

Aus dem unterschwelligen Unwohlsein über die Rolle der Frau im 21. Jahrhundert formte sich eine Debatte um den Feminismus-Begriff: Es ging ihnen um einen neuen Feminismus, um einen anderen als den der Alice Schwarzer. Der fiel zuletzt nicht viel mehr ein, als zum zigsten Mal ihre PorNo-Kampagne zu fahren, der die wenigsten jungen Frauen wirklich etwas abgewinnen können. Charlotte Roche regt sich richtig darüber auf. „Pornografie ist per se nichts Schlechtes. Wie wäre es denn, wenn man Pornografie als etwas betrachtet, bei dem Männer auch was lernen können? Wie man Frauen befriedigt zum Beispiel.“ Auch die „Alphamädchen“-Autorinnen plädieren für eine entkrampfte, differenziertere Sichtweise: „Unsere Sexualität definieren wir und niemand anders. Nicht die Porno-Regisseure in der Mainstream-Industrie. Aber auch nicht Feministinnen, die uns erzählen, wie wir Lust empfinden und was uns erniedrigt.“

Parameter, die irgendwann mal definiert wurden, müssen zumindest diskutiert werden dürfen, fordern die „Alphamädchen“ Susanne Klingner, Meredith Haaf und Barbara Streidl, die gerade das Buch „Wir Alphamädchen – warum Feminismus das Leben schöner macht“ veröffentlicht haben. Und in der Tat sollte man unter Feminismus wohl keinesfalls ein Diskussionsverbot verstehen, allerdings wird die erwähnte Publikation von Emma geflissentlich ignoriert – kein Wunder, denn der „Widerstand“ gegen oktroyierte Definitionshoheit kommt schon längst aus dem doppel-x-chromosomatischen Lager:

„Bei dem Begriff Feminismus geht eine Schublade auf und im Zweifelsfall sitzt Alice Schwarzer drinnen“, stichelt Dorn. Auch Charlotte Roche, 29, ist auf Schwarzer nicht mehr gut zu sprechen. Die ehemalige Viva-Moderatorin sorgt zurzeit mit ihrem Roman „Feuchtgebiete“ für Furore. Mitte der 90er Jahre ließ sie sich noch für den Titel von Emma fotografieren. Heute wettert sie: „Alice Schwarzer wird dem Menschen in der Frau nicht mehr gerecht. Ich finde es schrecklich, dass es für so etwas Wichtiges wie den Feminismus nur diese Frau gibt. Ich kann mit dieser Person überhaupt nichts mehr anfangen.“

Übrigens hab ich inzwischen den facts.ch Newsletter sehr zu schätzen gelernt, da trudeln immer wieder die schönsten „Lesefrüchte“ (© Wolfgang Langenbucher) ein – ein Abo kann ich nur wärmstens empfehlen.

0 Kommentare
  1. Logge
    Logge sagte:

    Ich finde die Bewegung des Feminismus steckt in einer kleinen Krise. Ich bin als einziger Junge mit 3 Schwestern aufgewachsen, die alle ihren eingenen Weg gehen und vollkommen unabhängig sind. Der Feminismus hat auf sie keinen Einfluss, weil sie sich in jeder Hinsicht emanzipiert haben.

    Lasst uns in dieser Hinsicht nicht mehr von Feminismus, etc. sprechen, sondern ganz einfach von Menschen.

  2. kaditsche
    kaditsche sagte:

    Ach, ich finde das alles nicht so schlimm. Obwohl, in den letzten Jahren die Frauen extrem auf den Putz hauen. Naja, denke aber auch … wie sind alle Menschen :cool:

  3. Navigator
    Navigator sagte:

    Hmm, vielleicht ist aber auch die Frage „ob Feminismus á la Alice eigentlich überhaupt noch up to date ist“ genau so wenig sinnvoll wie die Frage ob Psychoanalyse a la Freud eigentlich überhaupt noch up to date ist?!

  4. AntiNoPornoGuy
    AntiNoPornoGuy sagte:

    Naja… die Schwarzer hat einiges für die Frauenbewegung getan – das ist sicher richtig. Aber irgendwie ist die in den 60er hängen geblieben. Mal ganz davon abgesehen, was die Tante für einen Blödsinn über Pornos absondern und was man von ihren No-Porno kram halten mag. Laut Schwarzer unterstützt hetrosexueller Verkehr die Unterdrückung der Frau… ich mein, was soll man da noch sagen?

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