Mein erster Leserbrief an den neuen Falter

Mein erster Leserbrief an den neuen Falter

Vor kurzem gab’s bei der Wiener Stadtzeitung einen äußerst gelungenen Relaunch mit optischer Auffrischung und neuer Klammerung. Meine persönliche Meinung dazu: noch nie habe ich in Österreich einen derart gelungenen Printmedien-Relaunch erlebt. Auf meiner völlig subjektiven „Les-ich-gern-Skala“ stieg die letzte brauchbare Wochenzeitung dieses Landes locker um zwei Stufen. Die Digitalia-Kolumne der letzten Ausgabe motivierte mich allerdings ob der hanebüchenen Darstellung der Causa PsykoMaN zu meinem ersten Leserbrief, und zwar als Reaktion auf diese Kolumne (Falter #44/2008, 29.10.2008, S. 23):

falter digitalia

S.g. Falter Redaktion,

zuerst verspätete Gratulation für den sensationell gut gelungenen Relaunch – ich konnte inzwischen ja einige Ausgaben auf mich wirken lassen, der äußerst positive Ersteindruck hat sich noch gravierend verstärkt.

Zweitens aber, und wir wissen ja, dass der Widerspruch ungleich stärkere Leserbrief-Schreibmotivation bietet denn die Zustimmung, möchte ich ganz vehement Ingrid Brodners letzter „Digitalia“-Kolumne zur Causa PsykoMaN widersprechen: aus dem (begründeten) Wunsch nach Informationsfreiheit eine Legitimierung der schleichenden Abschaffung des Copyrights zu wirtschaftlichen Gunsten eines bedenklichen Monopolisten abzuleiten, zeugt von einer gravierenden Kategorienverwechslung. Ich stelle meine eigenen „Werke“ selbst unter eine CreativeCommons Lizenz, diese Entscheidung sollte aber durchwegs der Urheber treffen können. Herr Horn erlebte laut eigener Aussage (im Interview auf seo-united.de) durch unlizenzierte und vor allem kommerzielle Raubkopien gravierende finanzielle Einbußen, auf seine Forderung, die Bilder zu entfernen, reagierte Google nicht. Ich begrüße die Entscheidung des deutschen Gerichts, die geltende Rechtsordnung und individuelle Ansprüche höher zu bewerten als die Marktmacht eines profitorientierten Konzerns. Ich schätze den Falter aufgrund seiner kritischen Berichterstattung, bitte machen Sie nicht den Fehler, Google und „das Internet“ zu verwechseln.

ritchie pettauer, datenschmutz

Was denken Sie darüber, werte Leserinnen, Leser und Leseratten? Sind Urheberrecht (oder besser gesagt: Vergütung für „geistige“ Arbeit) und der Wunsch nach freiem Informationszugang denn überhaupt vereinbar?

0 Kommentare
    • ritchie
      ritchie sagte:

      Anscheinend war sein Problem, dass die robots.txt nur eine freiwillig Empfehlung ist und trotzdem Bilder indiziert wurden (laut Interview) bzw. die bereits indizierten nach Erstellung der robots.txt nicht entfernt wurden.

      • Michael Kamleitner
        Michael Kamleitner sagte:

        ok, laut interview hat offenbar jemand anderer seine comics ursprünglich ins netz gestellt („…habe nie eines meiner Motive ins Internet …“), insofern kann auch ein perfekt funktionierender robots.txt-mechanismus nix ausrichten.

      • Michael@Smileys
        Michael@Smileys sagte:

        Interview nicht gelesen? Er hat die Bilder nie online gestellt, das waren Dritte! Diese hat Google gefunden und in die Bildersuche gestellt. Der Falter hat insofern Recht, da sich PsykoMaN nicht hätte an Google wenden müssen, sondern an die besagten Dritten.

        Vergleiche hinken zwar immer etwas, aber Google ist hier die Post (die bekommt auch Geld für die Briefe die verschickt werden) und wenn in dem Brief nun eine Rechtsverletzung steckt, wer ist der Schuldige? Die Post oder der (echte) Absender?

  1. David
    David sagte:

    @Informationsfreiheit vs. Urheberrecht
    Ich bin mir ziemlich sicher, dass du mit dem Abdruck der Digitalia-Kolumne das Urheberrecht der Autorin verletzt (es sei denn natürlich, du hast artig gefragt). Andererseits: Ohne den Artikel versteht man deinen Leserbrief nicht…

  2. Christoph
    Christoph sagte:

    Ich sehe das auch eher so wie die Kolumne. Für mich tritt Google hier nicht als Anbieter dieser Grafiken auf, sondern bietet einen durchsuchbaren Index an. Sollte das Urteil bestätigt werden, hat das imho große Einwirkungen auf die Suchmaschinen.

    Laut den Kommentaren hat dieser Herr seine Bilder nicht selbst online gestellt, sondern jemand Anderer. An diese sollte er sich eigentlich wenden.

  3. mask
    mask sagte:

    Korrekt, Google bietet die Inhalte nicht kommerziell an… zumindest vordergründig. Google macht ja seine Umsätze mit der daneben kontextsensitiv platzierten Werbung. Das bedeutet für mich allerdings, dass Google sehr wohl mit meinen Inhalten Geld verdient, über einen Umweg natürlich, aber das war es dann auch schon. Für diesen Vermittlungsdienst von Informationssuchendem und Information, nichts anderes stellt Google ja da, sozusagen ein Informationszwischenhändler, verlangt Google kein Geld. Google bietet dem Inhalteanbieter ein Service an, dass dieser ohne es explizit zu untersagen (robots.txt), nicht einmal ablehnen kann. Google, müsste man daher sagen, zwingt mir sein Service auf, sobald ich eigene Inhalte auf einer Webseite zur Verfügung stelle. Google geht dabei auch so weit, dass es die von mir erstellten Inhalte lokal speichert und für seine kommerzielle Zwecke weiter benutzt. Da allerdings hätte ich dann schön langsam als „Urheber“ schon eine Kleinigkeit einzuwenden…

    Das gilt natürlich für jede kommerzielle Suchmaschine. Google kann hier durch beliebige andere Namen ersetzt werden.

    Das jede Suchmaschine natürlich immensen praktischen Nutzen hat, steht hier nicht zur Debatte.

  4. Sebastian
    Sebastian sagte:

    Mit dem Zeitalter des Internets hat sich vor Allem das Bewusstsein der Menschen geändert. Das Kopieren von Urheberrechtlich geschütztem Material ist Gesellschaftlich akzeptiert, und das Copyright überholt.

    Trotzdem sollte es in der Hand des Künstlers/Erschaffers liegen, wie er seine Werke verbreiten möchte.

    Für die novelierung des Copyrights müsste dann ein Umdenken der Künstler stattdinden, die sich alternative Einnahmequellen erschließen müssten.

    • ritchie
      ritchie sagte:

      Ganz genau… das ließe sich aber technisch ohne Weiteres implementieren. Die Zahlungsbereitschaft bei „direkter“ Unterstützung der Künstler wär ja auch viel höher. Wer auf längere Sicht wirklich draufzahlen wird, sind die Mittelsmänner aka Raubritter aka „Verwertungsindustrie“ (was für ein Unwort).

  5. Sebastian
    Sebastian sagte:

    Wenn man sich z.B. die Musikindustrie anschaut, wo die kommerzielle Popmusik gerade einmal 10% der CD Erlöse an die Künstler auszahlt, dann kann man nur sagen dieses Konzept ist überholt. Die Industrie hat sich da zusehr auf den damaligen Schalplatten- und CD-Boom verlassen.

  6. Carolina
    Carolina sagte:

    Ich knn mir nicht vorstellen das so ein Urteil bei google mehr als ein kurzes Zucken erzeugt. Die machen eh was sie wollen und zahlen mal eben die Strafe für die Bilder aus dem Klingelbeutel und lassen die dann doch online…

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