Metaday #5: Johannes Grenzfurthner über "corporate anthems"

Metaday #5: Johannes Grenzfurthner über „corporate anthems“

johannesAm kommenden Freitag lädt das Metalab zum fünften Mal in die Wiener Rathausstraße Numero 6 zum Metaday: monochrom-Gründer und Professor für Kunsttheorie und künstlerische Praxis an der FH Joanneum in Graz Johannes Grenzfurthner spricht über das hochassoziative Thema „Was im Innersten zusammenhält… Die Kultur der corporate anthems“.

„Corporate Anthems“ ist in diesem Zusammenhang selbstverständlich keine Metapher: es dreht sich in der Tat um Firmenlieder, und sowohl Mitsingen als auch Powernapping sind aus- und nachdrücklich erwünscht. Ich kenne den Vortragenden von diversen anderen Gelegenheiten – Johannes Vorträge gehören zu der seltenen Spezies von Veranstaltungen, der es gelingt, hohen Humorfaktor und die Vermittlung neuen nützen Wissens aufs Unterhaltsamste zu verbinden.

Die Entwicklung vom Frühkapitalismus (sprich: die Organisationsform der gesellschaftlichen Güterproduktion und ihres Verkehrs) zum Spätkapitalismus (sprich: die Organisationsform aller gesellschaftlicher Beziehungen auf der Basis einer bestimmten ökonomischen Ideologie) ist nirgendwo so gut greifbar wie im dominanten Organisationstyp spätkapitalistischen Wirtschaftstreibens: dem modernen Unternehmen. Das Unternehmen ist längst an die Stelle der Fabrik getreten. Die Fabrik basierte auf dem gelebten und durchgesetzten Gegenüber von ArbeiterInnen und FabriksbesitzerInnen. Das moderne Unternehmen jedoch ist um die Idee eines neuen post-antagonistischen Arbeitsbegriffs herum errichtet. In ihm sind die Arbeitenden zu Mit- oder Sub-UnternehmerInnen geworden. Das sind sie natürlich nicht, wenn man betrachtet wer real die Produktionsmittel besitzt, aber die Arbeitenden haben die illusorische Vorstellung aktiver, mitbestimmender Teil einer „großen Familie“ zu sein. (I love this company!) Das moderne Unternehmen will hinter die Klassenkampfkrise frühkapitalistischer Verhältnisse zurück. Das bedeutet: innere Widersprüche und Interessenskonflikte treten zurück hinter das Fortbestehen als „Gemeinschaft“. (Ein Besuch des Google Campus in Silicon Valley könnte hier nicht offenbarender sein.) Die Rückbesinnung auf die kulturhistorisch ältere Idee der Gemeinschaft führt auch zur Reaktualisierung bestimmter Ritualformen, etwa im Bereich „Musik“. Die Firmenhymne erscheint auf der Firmenbühne.
Aber es gibt kein richtiges Feel-Good im falschen. Anhand verschiedener historischer und gegenwärtiger Beispiele (speziell auch aus dem Bereich der Hardware/Software-Industrie) wird Johannes Grenzfurthner einen theoretischen und praktischen – und keineswegs ununterhaltsamen – Überblick über das Genre der corporate anthems liefern.

Beim Metaday handelt es sich um eine monatliche Veranstaltungsreihe:

Einmal im Monat lädt das Metalab Vortragende aus aller Welt ein, bei uns von ihren Projekten und Ideen zu erzählen. Anschließend gibt es Platz für Lightning Talks, wo Besucher aktuelle Unternehmungen und Vorhaben vorstellen können, sowie ein Buffet und gemütliches Ambiente für Diskussion und Austausch.

Ja, was soll man da noch groß schreiben? Kein Eintritt, lässige Veranstaltung und: das ganze ist so interessant, social und gemütlich wie sich’s anhört – und ich kann nur wiederholen, dass Lightning Talks ein sehr unterhaltsames Format darstellen, um sich schnell einen Überblick auch über exotische Themen zu erhalten. Hier haben sich bereits angemeldet:

  • Clifford: Lychrel-Zahlen und das Halteproblem
  • Gregers Petersen: Cultures of Circulation, demand sharing
  • and new social movements.

  • Lukas: Amazon Elastic Compute Cloud (EC2)
  • Marius: Revealed: the iPot
  • Jaume: Representing databases with AREA
  • weitere Vortragende willkommen…

Anschließend an die Kurzvorträge klingt die Veranstaltung mit den üblichen Afterparty-Features Buffet, Wien und Musik sanft aus. Wer die Beats selektiert, bleibt vorerst allerdings noch ein Geheimnis – quasi die umgekehrte Gewichtung von Vortrag zu Musik wie im Club.

0 Kommentare
  1. inspecktah derrick
    inspecktah derrick sagte:

    Johannes ist immer für einen inspirierenden Vortrag gut. Ich wollt mir das Metalab eh schon länger mal anschauen… da steht doch sicherliche eine ganze Menge Hardware herum.

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