Kein Breitband für Österreich

Österreichs Budget: Aus Breitbandoffensive wird Schmalspurdefensive

Heute vormittag hielt Finanzminister Michael Spindelegger seine erste Budgetrede. Da war die Rede von vielen grundlegenden, längst überfälligen Reformen, die einmal mehr aufgeschoben werden, vom Sparzwang, vom Rekord-Defizit dank Hypo und ein wenig auch vom strukturellen Defizit dank Reformunwilligkeit. Der erwartbarere Tenor: wir reparieren den Staatshaushalt und senken die Schuldenquote. Aber wie üblich nicht ausgerechnet jetzt, sondern in zwei oder drei Jahren. Wäre hier keine Extra-Erwähung wert, hätte nicht der Herr Finanzminister ausgerechnet bei der sogenannten „Internetoffensive“ den Sparstift angesetzt.

Die sollte den Ausbau schneller Internetleitungen in ländlichen Gebieten voranbringen. Was in Finnland seit Jahren Grundrecht eines jeden Bürger ist, hat hierzulande wenig überraschend geringste Priorität. Dem rotweißroten Internet fehlt offenbar die Lobby. Wissensgesellschaft, Basisinfrastruktur, Netzneutralität? Kompliziert, das alles, und gewiss kein Stimmenfänger-Thema. Dass der Ausbau ob unserer weitläufig gebirgigen Landschaft weit teurer und aufwendiger ist als etwa in Holland, hätte die ursprünglich eingeplante Breitband-Milliarde umso notwendiger gemacht. Zumal die Erlöse längst durch die jüngste Frequenz-Auktion auf der Habenseite verbucht werden konnten:

Ursprünglich war paktiert worden, dass die Hälfte der aus der Auktion der Mobilfunklizenzen stammenden zwei Milliarden Euro vom Verkehrsministerium verwendet werden kann. Laut Bures wollte das Finanzministerium nun den gesamten Erlös ins allgemeine Budget abzweigen, was die Ministerin aber laut eigenen Angaben verweigerte. Jetzt bleibt die Milliarde zwar als Rücklage im Verkehrsministerium, sie darf aber im heurigen Budget nicht angezapft werden, um das Defizit nicht nach oben zu treiben.

Noch ein kleines Detail am Rande: wir versuchen nicht mal mehr, am geduldigen Budget-Papier Reformwillen zu demonstrieren und hoffen bereits vorab auf Milde aus Brüssel:

Gleichzeitig wiederholte der Vizekanzler seine Erwartung, dass die EU-Kommission Österreich eine „Rüge“ erteilen könnte, da die Regierung das strukturelle Nulldefizit (maximal 0,45 Prozent) nicht schon 2015 einplant, sondern erst für 2016. Er hoffe aber nicht, dass man an Österreich ein „Exempel“ statuieren werde, sagte er hinsichtlich möglicher finanzieller Sanktionen.

Fromme Hoffnung statt Verwaltungsreform und Vereinheitlichung des Krankenkassensystems ist auch eine Art Bankrotterklärung – nicht des Staatshaushalts, sondern der Politik. Dass anno 2006 die damalige Bundesregierung im Rahmen der Internet-Offensive die Alpenrepublik „unter den führenden IKT-Nationen positionieren“ wollte, gipfelte erst nach zwei Jahren intensiven Nachdenkens in einem unverbindlich-schwammigen Thesenpapier. Dass sich nun geplante Basis-Infrastruktur in Luft auflöst, wiegt weitaus schwerer und ist der Standort-Attraktivität alles andere als zuträglich. Da erscheint im Nachhinein die zu Unrecht vielkritisierte Aussage über den „abgesandelten Wirtschaftsschaft Österreich“ von WK-Präsident Christoph Leitl keineswegs übertrieben.

Foto: ÖVP Medienservice

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