Pilznews: Warum alle Politiker bloggen sollten

Pilznews: Warum alle Politiker bloggen sollten

Grasser - alle Vorwürfe sind vom Tischdatenschmutz versteht sich gewiss nicht als dediziert politisches Blog, dennoch komme ich nicht umhin, ein paar Worte zu verlieren über den aktuellen österreichischen Untersuchungsausschusses zum Eurofigherankauf. Grund dafür ist, dass Peter Pilz, Leiter eben dieses Ausschusses, auf seiner Homepage ein Blog schreibt – und das zeigt eindrucksvoll, wie überlegen „Mikroberichterstattung“ in diesem Fall den Massenmedien sein kann.

So bunt und unterschiedlich wie die vielen Blogs sind die Motive ihrer Betreiber. Im Kontext der repräsentativen Demokratie allerdings zeigt die direkte Kommunikation ihre Stärke: kein Partei-Pressesprecher-gefiltertes Gelaber, sondern klar positionierte eigene Meinung und Fakten aus erster Hand. Kaum ein Politiker macht indes von dieser wunderbaren Möglichkeiten, kommunikative Defizite, wie sie in einer repräsentativen Demokratie zwangsweise entstehen müssen, abzufedern, Gebrauch. Ich denke, dass klar deklarierte verschieden gefärbte Blogs in ihrer Gesamtheit ein viel besseres Bild aktueller politischer Vorgänge geben können als vorgeblich neutrale Massenmedien.

Eine kurze Erklärung für die deutschen Leser: die österreichische Regierung schloss in der vergangenen Legislaturperiode einen Vertrag ab über den Ankauf von Eurofighter-Kampfjets. Dem Kaufentscheid gingen zahlreiche Diskussionen voraus: wozu Abfangjäger, wenn in der Zeit, in der selbige starten, das „fremde“ Flugzeug bereits den Luftraum überflogen hat? (Österreich ist nun mal nicht größer!) Gegenargument: als Mitglied der europäischen Union hätten wir die europapolitische Pflicht, uns finanziell am Schutz Europas zu beteiligen.

Nächstes Gegenargument: das Lawinenunglück in Galltür zeigte, dass Österreich nicht über entsprechende Helikopter verfügt, die auch für den zivilen Einsatz taugen. Die USA „liehen“ Österreich damals einige Maschinen, und denkende Menschen werden seitdem nicht müde zu fragen: Hätte man diesen „finanziellen Beitrag“ nicht auch durch den Ankauf von Helikopter, die sich zudem hochgradig sinnvoll im zivieln Bereich einsetzen lassen, leisten können? Und brauchen wir die Eurofighter den wirklich dringender als Splitterschutzwesten für österreichische UN-Soldaten?

Nun denn, die BZÖ/ÖVP Regierung, die dank wirrer und stockender Koalitionsverhandlungen trotz ihrer Wahlminderheit wohl noch bis zum nächsten Jahr im Amt bleiben wird, wischte die Gegenargumente locker vom Tisch. Der Kaufvertrag wurde abgeschlossen, doch dann taten sich Unregelmäßigkeiten auf: der Verdacht auf Absprachen stand plötzlich in der Luft, die versprochenen Gegenschäfte schienen sich zum Teil als Potemkin’sche Dörfer zu entpuppen. Mit anderen Worten: man weiß nicht genau, wollte aber genauer wissen. Mit ihrer gemeinsamen Mehrheit setzten SPÖ, Grüne und FPÖ daher besagten Untersuchungsausschuss ein, dessen Vorsitz Peter Pilz führt.

Nicht erst seit Beginn der Ausschussarbeiten schreibt veröffentliche Peter Pilz auf seiner Homepage ein Weblog. Doch die Zugriffe dürften in den letzten Woche, vermute ich mal, stark gestiegen sein: ähnelt der Plot doch zu einem hohen Grad einem absurden Wirtschaftskrimi. Was am Ende dabei herauskommt, wird die Zukunft zeigen – Pilz jedenfalls dokumentiert aus der „inner zone“ jeden Schritt des Weges dahin.

Als radikaler politischer Querulant würde ich ja ohne weiteres so weit gehen, an die Anstellung von Spitzenpolitikern die zwangsweise Veröffentlichung eines Weblogs zu knüpfen. Wär’s wirklich zuviel verlangt, wenn jeder Minister und NR-Präsident „seinem“ Volk zB wöchentlich mitteilt, was ihm gerade mitteilenswert erscheint? Oder möchten ÖVP und die anderen Parteien die Meinungshoheit allein den Grünen überlassen? Ich mein: prinzipiell „fine with me“ – aber die Möglichkeit, nicht bloss alle vier Jahre vor Wahlen mit dem „Kunden“ zu kommunizieren, sollte sich eigentlich kein an offener Diskussion interessierter Politiker entgehen lassen.

Weblog von Peter Pilz: peterpilz.at

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