Rezeptionsforschung: kurz oder lang hinschauen?

Rezeptionsforschung: kurz oder lang hinschauen?

Von wegen Online-Medien und flüchte Informationsaufnahme: unter dem Namen „The Long and the Short of Media“ berichtet Steve Rubel über die neueste Augenbewegungs-Studie („Eye Tracking“) von Poynter. Überraschendes Ergebnis: online lesen die Konsumenten im Durchschnitt länger an ein und denselben Text.

Eye-Tracking erfreut sich als indirekte Meßmethode der Mediennutzung recht großer Beliebtheit – anstatt Angaben über sein Verhalten zu machen, wird der Aufmerksamkeitsfokus gemessen – die Werbeindustrie ermittelt mit derselben Methode „Hotspots“ auf Kontaktflächen. Vermessen hat Poynter 600 Probanden:

That was the predominant behavior of roughly 600 test subjects — 70 percent of whom said they read the news in print or online four times a week. Their eye movements were tracked in 15-minute reading sessions of broadsheet, tabloid and online publications. Evidence from these sessions revealed how long readers spend with the stories they pick, as well as a host of other details about reading patterns.

Steve Rubel findet die Ergebnisse überraschend, zumal gerade Onlinern idR eine besonders kurze Aufmerksamkeitsspanne zugeschrieben wird:

They found that people read farther into online stories (77%) more than they do when perusing print (roughly 60%). […] If a client appears at the bottom of say an AP news story that runs online, it’s actually more valuable than the same story that runs print.

Hier geht’s zu den Slides der Originalpräsentation.

0 Kommentare
  1. Nessy
    Nessy sagte:

    Dass die Leute online länger und weiter lesen als im Print, finde ich nicht verwunderlich, da Texte online schwieriger zu rezipieren sind und der Leser nicht direkt erkennt, was ihn erwartet. Im Print erhält er auf den ersten Blick einen Gesamteindruck von Text und Bild, online ist eine Gesamtwahrnehmung nicht unbedingt direkt möglich.

    Die Wahrnehmung der Relevanz überrascht eher, wird Print doch stets als glaubwürdiger eingestuft. Zudem muss eine Meldung, die es ins Print schafft, eigentlich „more valuable“ sein; im Gegensatz zu online ist im Print schließlich nicht unbegrenzt Platz vorhanden. Außerdem findet dadurch, dass Print kein Echtzeitmedium ist, vor der Publizierung eine stärkere Selektion statt.

  2. ritchie
    ritchie sagte:

    Ja, da kann ich dir nur zustimmen. Die Sache mit der Relevanz hat mich auch sehr überrascht. Obwohl ich die Platzverknappung relativieren würde: gerade im Hinblick auf „Themen im Blick haben“ gibt’s zwar auf einer Website potentiell ausreichend Platz, was die Startseite und die Themen betrifft, die die ReziptientInnen gleich im Blick haben soll, sind die Möglichkeiten aber ganz titelseiten-mäßig ebenfalls bechränkt.

  3. Nessy
    Nessy sagte:

    In dem Sinne richtig, allerdings haben Meldungen online eine größere Chance, auf eine Webseite zu gelangen, weil diese öfters aktualisiert wird und sich der Themenschwerpunkt über den Tag mehrfach ändern kann/ändert.

  4. ritchie
    ritchie sagte:

    Da hast du allerdings völlig recht. Und ein weiterer gravierender Unterschied, eine Entwicklung, die mit der weiten Verbreitung von RSS-Feeds und Aggregatoren erst so richtig ins laufen kommt, sind ja „customized“ Portale, die eine Art persönliche Titelseite versprechen.

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