Webseiten-Launch - eine Fallstudie

Schiaches Wien Blog: Die hässlicheren Seiten der Hauptstadt [LAUNCH!]

Wien besticht mit hoher Lebensqualität, das betet die Stadtregierung gebetsmühlenartig immer wieder herunter. Dass für die vielzitierte Mercer-Studie aber lediglich Top-Manager befragt werden sei mal dahingestellt. Fraglos hat die Donaumetropole einiges zu bieten. Von hervorragendem Trinkwasser aus dem Hahn statt aus Plastikflaschen über den Nationalpark Lobau bis zur sympathisch-grantigen Grundhaltung reicht die Palette der Pros. Aber es gibt nun mal auch Schattenseiten, und denen widmet sich liebevoll das brandneue Weblog schiaches-wien.org.

Die Seite entstand im Rahmen meiner Lehrveranstaltung „Neue Medien Management“ am Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft der Uni Wien. Ich unterrichte dort 16 Jahren als Lektor und versuche, meinen Studenten die grundlegenden Prinzipien des Web-Publishings beizubringen. Bei diesem Thema bietet sich natürlich Learning-by-Doing ganz besonders an, schließlich lassen sich Multi-Channel-Strategien und Social Seeding im „Forschungslabor“ nur sehr begrenzt simulieren.

Schiaches Wien Logo

Im Lauf von 5 Block-Terminen einigten sich die Teilnehmer der Lehrveranstaltung zuerst auf ein Thema, anschließend ging es darum, die einzelnen Schritte bei der Konzeption und Umsetzung eines Webprojekts maximal praktisch durchzuspielen. Erstere beginnt bei der Auswahl einer geeigneten Domain (High Volume Keyword oder Generic Brand?), setzt sich fort bei der Konzeption der Inhalte und der Multimediastrategie bis hin zur Erstellung eines Redaktionsplans sowie der Definition geeigneter (Social Media) Kanäle.

Im zweiten Schritt recherchierten und verfassten die nun von der Projektmanagement in die Redakteursrolle schlüpfenden Studenten ihre Beiträge, schossen passende Fotos oder drehten Kurzvideos und stellen diese Online. Die meisten Teilnehmer habe ich dabei ins kalte WordPress-Wasser gestürzt – mit einem, wie ich finde, sehr tollen Ergebnis.

€ 0,0 Werbebudget & 1.100 Besucher an den ersten 3 Tagen

Gelauncht haben wir die Seiten im letzten Vorlesungstermin am vergangenen Donnerstag. An meiner Lehrveranstaltung nahmen 45 Studenten teil – multipliziert man diese Zahl mit der durchschnittlichen Anzahl von Facebook Freunden (1) und kalkuliert mit vorsichtigen 20% Feed-Reichweite (die in der Praxis allerdings höher liegt, da sich ein beträchtlicher Teil des Friends-Graphs überschneidet), dann ergibt das:

In den ersten drei Tagen bekamen wir 844 Klicks via Facebook, das entspricht einer Klickrate von beindruckenden 31,2%. Man kann also durchaus ohne Übertreibung behaupten, dass das Thema auf einiges Interesse stößt. Und dass wir an der Landing Page Optimierung arbeiten müssten, denn die Bounce Rate lag bei ziemlich exakt 50 Prozent.

Schiaches Wien Analytics

Netter Traffic zum Launch – unser geballter Social Graph hat einige Besucher angelockt. Und das SEO-Herz freut sich über fast 50 Organic Search Visitors in den ersten paar Tagen.

SEO-Fallstudie: Google wird immer schneller

Direkt nach dem Launch haben wir die Seite in Googles Search Console eingetragen und den Analytics Tracking Code eingefügt. Bereits nach 4 Stunden waren die ersten Beiträge indexiert, aktuell ergibt eine Suche nach site:schiaches-wien.org 25 Treffer. Die SERP zum Brandname „schiaches wien“ schaut für eine neue Domain ebenfalls recht typisch aus: Die noch recht leeren Facebook und Twitter Accounts tauchen bei der Keyword-Kombi noch vor der eigentlichen Seite auf, ebenso wie unser Pressebericht. (Danke, Radio Energy!)

Bei der Domainrecherche hatten wir nämlich bemerkt, dass der gemeine Nutzer sehr wohl nach „schiach“ sucht, aber eben kein einziges 1:1 Match im Index existierte. Dass die Wörterbücher ostarrichi.org und de.wiktionary.org vor uns landen, hat selbstverständlich mit dem Domain Trust zu tun und wird sich in den nächsten Tagen (nicht zuletzt dank dieses Blogbeitrags) nachhaltig ändern.

Spannend zu beobachten: Der Top-Eintrag auf Platz 7 ist nicht etwa die Startseite, wie man erwarten könnte, sondern ein Beitrag mit dem Thema „Schiaches Wien? Nicht mit mir!“. SEO-Füchse erraten sofort warum: Die Dopplung des Suchbegriffs in Domain und H1 Title lässt den Google-Algorithmus annehmen, hier näher am heiligen Gral User Intent dran zu sein als mit der eigentlichen Homepage. Das sieht man übrigens auch an Platz acht mit dem Titel „Wien ist ein Gedicht“. Soviel zum Thema Keywords in Hauptüberschriften…

Schiaches Wien Suchmaschinen-Platzierung

Man soll die Screenshots immer gleich beim Schreiben machen – wenige Stunden später hüpft der Index schon wieder lustig durch die Gegend, und die Homepage taucht vorne auf. Ging schneller als erwartet.

Wie bei neuen Seiten üblich werden die Platzierungen in den nächsten Tagen gehörig hin- und herspringen, nach spätestens vier Wochen dürfte schiaches-wien.org dann allerdings fix ganz oben am Stockerl stehen. Spannend wird auf jeden Fall die Platzierung der Longtail-Keywords. (2)

Wie geht’s nun weiter?

Wir warten erst mal ab, trinken Tee und blasen unsere Beiträge auf Facebook (händisch) und Twitter (automatisiert) raus – und zwar so lange, bis die Wienwerbung gar nicht anders kann, als mit uns zu kooperieren. Schließlich muss schiaches-wien.org seine horrenden Produktionskosten auch wieder hereinspielen (3). *g*

Gastbeiträge sind natürlich willkommen. Falls Ihnen gerade keine ausreichend hässliche Ecke in den Sinn kommt, dann lassen Sie sich doch einfach inspirieren von einem Spaziergang über die Triester Straße, dem ultimativen Überlebensguide für die U6 oder dem großen Mensadebakel. Denn es heißt ja bekanntlich: Ohne Schatten kein Licht. Vielleicht ergibt sich ja sogar eine Kooperation mit den Veranstaltern der Vienna Ugly Tour.


(1) Die Zahl dürfte im deutschsprachigen Raum bei rund 300 liegen, ich beziehe mich auf die bekannte Wolfram-Research Studie, die mittlerweile allerdings auch schon wieder 3 Jahre auf dem Buckel hat.
(2) Grayhat-SEOs würden hier vielleicht mit ein paar hundert automatisierten Links auf die Social Media Profile (TIER2 Linkbuilding) nachhelfen. Ich werd mal meinen guten Kumpel Jonseo fragen, was er dazu meint.
(3) Die Kosten für ein solches Real-Web Experimentallabor halten sich übrigens in engen Grenzen: Eine Domain kostet um die 10 Dollar pro Monat, das Webhosting läuft auf meiner Plesk-Kiste bei Hetzner ohne Mehrkosten mit.

0 Kommentare
  1. Duisburger
    Duisburger sagte:

    Habe zwar mit noch etwas „schattigeren“ Orten gerechnet, nach dem was hier steht, aber dennoch ne interessante Seite! Bin selebr viel in den „dreckigeren“, teilweise auch unterirdischen Teilen von Duisburg, bzw. dem ganzen Ruhrpott, unterwegs und mag solche Themen.

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