Sind gekaufte Lügenbeutel kontraproduktiv?

Sind gekaufte Lügenbeutel kontraproduktiv?

blog-pr„Das Drama des begabten Kindes“ heißt ein Buch von Alice Miller. „Das Drama des unbegabten Blogosphären PR-Heinis“ dagegen scheint das Leben zu schreiben, und selbiges straft bekanntlich je nach Kontext jene, die zu spät, falsch oder gar nicht kommen. Um allzu eskalativer Kontraproduktion hinkünftig entgegen zu wirken, soll eine Umfrage, die der Grenzposten zusammengestellt hat, Licht ins Dunkel einer komplexen Fragestellung zu bringen: Wie möchten Blogger von PR-Agenturen serviciert werden?“ Denn erstere reagieren gerne zickig auf Spamartige News, und zweitere wissen häufig nur ungefähr, was Blog eigentlich sind.

In der Vergangenheit gab’s ja immer wieder mal eher nicht direkt begeistertes Feedback auf diverse PR-Aktionen (auch hier), also stellt Florian einige berechtigte Fragen:

Es gibt zwar arrivierte und größtenteils akzeptierte Methoden zum Umgang mit Journalisten, aber eben nicht mit Bloggern. Oder andersherum: Wir PR-ler wissen eigentlich gar nicht, wie und mit was wir die Blogger ansprechen sollen, um denen auch einen wirklichen Mehrwert bieten zu können. D. h. eine erfolgreiche Ansprache ist mehr oder minder Zufall oder beruht auf einem guten persönlichen Draht zum Blogger.

Robert hat letztens zu diesem Thema was gepostet; seiner Meinung, dass Blogger die Lautstärke ihrer (kollektiven) Stimme im Medienverbund gewaltig unter-, anstatt überschätzen, kann ich mich nur vorbehaltlos anschließen. Und da ich selbst dank datenschmutz auch schon recht massiv mit Post-, E-Mail und sonstigen PR-Attacken zugeschüttet werden, hab ich mir natürlich einige Gedanken zum Thema gemacht, die da lauten: ich persönlich bin schon recht lange Teilzeit-Musikjournalist. In dem Bereich liegt die Sache ganz einfach: Text-Zusendungen können mir gestohlen bleiben, neue CDs hör ich mir immer gern an – wenn mir die Musik besonders gut oder schlecht gefällt, dann schreib ich drüber, und wenn ich die Pladde ganz toll finde, dann versuch ich, ein paar Exemplare für eine Verlosung zu bekommen. Mittlerweile kennen die Label-Leute, die mir Alben zusenden, meinen Musikgeschmack ganz gut – und verschonen mich mit Hansi Hinterseer und Ähnlichem. Das hat aber nix mit PR zu tun, das ist klassische Labelarbeit: wer bei einem Musikproduzenten arbeitet und mit Sound nix anfangen kann, hat sowieso den falschen Job.

Recht anders, aber ebenso themengetrieben sieht die Sache in punkto Web 2.0 Start-Ups und Companies aus: da passieren die meisten Infos auf persönlichen Kontakten via Facebook und Co. oder durch direkte Kommentare auf meinem Blog. Trotz aller RSS-Feeds übersieht man ständig spannende Projekte, und pro-aktive PR-Arbeit erleichtert dem Blogger das Leben – allerdings halte ich rein gar nix von Massenaussendungen. Wer erfolgreich seine Informationsbomben auf Blogistan niederprasseln lassen möchte (Martialischer Vergleich. Gefällt mir.), sollte zwei Dinge beachten: erstens immer den Weg der persönlichen Ansprache wählen, auch wenn die Sache mit dem E-Mail Verteiler viel weniger Arbeit macht… und zweites *unbedingt* das jeweilige Blog lesen, bevor man dessen Betreiber zuschüttet. Quasi ein Human Adwords Setup: immer brav passende Themenblogs finden, dann klappt’s auch mit dem Anbeißen. Und da sind wir auch schon beim Problem: dafür sind PR-Agenturen kontraproduktiv. Wenn man dafür bezahlt wird, jemand anderem reinzudrücken, warum Produkt XY super ist, dann besteht immer die gravierende Gefahr, dass man selber keine Ahnung hat und bei genauerer Nachfrage plötzlich aufgeschmissen ist; speziell, wenn dann noch eine der legendären AnjaTanjas am anderen Ende der Leitung sitzt, sollte sich jedes werbende Unternehmen fragen: will ich eigentlich professionelle „Kommunikatoren“ gravierend überbezahlen? Oder lieber Leute aus dem eigenen Haus, die nicht auf den Mund gefallen sind, mit Bloggern reden lassen? Bei mir fragen immer wieder mal diverse PR-Firmen und Werbeagenturen, die ihren Kunden „Web 2.0 Konzepte“ verkaufen, an, wie denn diese komischen Blogs eigentlich so funktionieren…

Die Magie des verbotenen Ortes funktioniert allerdings auch in diesem Bereich ganz wunderbar: gib einem Blogger das Gefühl, er bekäme ganz tolle und exklusive Infos – und die Wahrscheinlichkeit, dass er drüber schreibt, steigt exponentiell. Allerdings sollten die Infos dann auch tatsächlich exklusiven Charakter haben, sonst gibt’s am Ende vor allem eins: verbal eine auf den Deckel. Das mag zwar allen Anhänger der Theorie „Jede Werbung ist gute Werbung“ wie ein großer strategischer Erfolg erscheinen, bleibt aber sozusagen weit unter den Möglichkeiten. Also wäre auch hier direkter Kontakt, ganz ohne Zwischenpuffer, meist viel produktiver. Im übrigen bin ich der Meinung, dass in Relation zum Zeitaufwand der gute „alte“ trigami Marktplatz für beide Seiten eine der effektivsten Möglichkeiten darstellt, Blog PR erfolgreich abzuwickeln; ansonsten geht eben, wie erwähnt, nix über persönliche Kontakte. Mit anderen Worten: reges Rumtreiben auf Social Networks gehört wohl zukünftig zum Berufsbild des PR-HeinisExperten.

Okay, so weit wollte ich eigentlich gar nicht abschweifen – der Punkt ist, dass Florian die gesammelten Daten veröffentlichen wird. Je mehr BloggerInnen mitmachen, desto repräsentativer wird die Umfrage; also los, lasset uns Daten sammeln – hier geht’s direkt zum Fragebogen.

Ebenfalls interessiert an den Ergebnissen: Admartinator, im PR Kloster und bei PR-Consulting.at. Und wie sieht’s mit dem bloggenden Teil der Leserschaft aus? Klebt bei Ihnen/euch ein virtueller Sticker mit „bitte keine unadressierten Postwurfsendungen“ am WordPress oder warten Sie/wartet ihr jeden Tag gespannt auf die neuesten PR-Meldungen?

0 Kommentare
    • facilitas mundi
      facilitas mundi sagte:

      Naja… die Schmiere im Getriebe der sinnlosen Businessmodelle… im Text steht schon viel Wahres: häufig würd’s echt extrem Sinn machen, die zwischengeschaltenen Agenturen einfache wegzulassen und die „PR“ direkt selbst zu übernehmen. Wobei’s halt oft einfach an Zeitmangel scheitert, daher lagert man solche Dinge ja gemeinhin aus.

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