Social Marketing: Monitoring wird unterschätzt

Social Marketing: Monitoring wird unterschätzt

Social Media MonitoringIch kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass viele Marketing-Profis, die mit ihren Strategien bisher mehr oder weniger gut fuhren, diese eins zu eins aufs Web übertragen möchten: aber weder Branding noch pure Präsenz führen im Web 2.0 zu einer messbaren Steigerung der Verkaufszahlen – der Schlüssel zum richtigen Start liegt im guten alten Monitoring. Deshalb an dieser Stelle ein paar montäglich-paradigmatische Gedanken über den Stellenwert der Web-Market-Intelligence, den schrumpfenden Stellenwert professioneller Presse-Spiegel Ersteller und einen Paradigmen-Wechsel von der Delegation hin zur Nutzung interner Unternehmensressourcen.

Das Thema „Informationsvorsprung“ ist für PR-Profis nichts Neues: Vorstände, Politiker und andere überdurchschnittlich wichtige Proponenten des öffentlichen und wirtschaftlichen Lebens wissen seit Jahrzehnten um die Wichtigkeit eines möglichst vollständigen Pressespiegels bzw. Market Intelligence Reports. Doch das Zeitalter, in dem Nachrichtenagenturen und professionelle Recherche-Dienstleister noch exklusiv eine quasi-vollständige Zentralperspektive einnehmen konnten, ist längst vorbei. Wir lesen täglich, dass das kollaborative Web aus Konsumenten längst Prosumer gemacht hat, dass jeder Teilnehmer an diesem Marktplatz zum Micro-Medium wird. Und doch tut der Großteil der Entscheidungsträger in Werbung und Marketing das, was er schon immer getan hat. Er ordert bei seiner Agentur vielleicht eine Facebook Page, womöglich ein Twitter-Profil, vielleicht sogar eine neue „interaktive“ Homepage, damit man „das Web 2.0 nicht versäumt“.

Die genannten Umsetzungen sind ja schön und gut, aber bis es so weit ist, fehlt noch ein ganz essentieller Schritt: nämlich genau hinzusehen. Ebenso wie ein seriöser SEO-Anbieter eine neue Kundenbeziehung mit einer eingehenden Analyse des Status Quo statt mit blindwütigem Linkbuilding beginnen wird, sollte der erste Schritt jeder nachhaltigen Social Media Präsenz im Monitoring bestehen. Ein Beispiel soll dies verdeutlichen: Kein Händler mit auch nur einem Fünkchen Verstand würde seinen Stand planen, bevor er ein paarmal als wachsamer (und gesprächiger) Einkäufer über den Markt geschlendert ist, erklärte mir ein erfahrener Straßenhändler letzten Sommer in Ljubljana. Andras versicherte mir, dass er deshalb so gute Umsätze mache, weil er zuerst mit allen spreche, selbst einkaufe und so erst ein Gefühl für die Besonderheiten des jeweiligen Warenumschlagplatzes bekäme. Der Abend in der wunderschönen Altstadt der slowenischen Hauptstadt hat noch sehr lange gedauert, und ich habe viel mehr über Markt-Strategie gelernt als in allen einschlägigen Uni-Vorlesungen – Andras jedenfalls schwörte auf seine Erkundungsrundgänge.

Zugleich gilt aber auch, dass aus Agentursicht Monitoring eine nicht besonders beliebtes Produkt darstellt: einerseits fehlt vielen New Media Agenturen die Erfahrung mit diesem Thema, und die wenigen, die in diesem Bereich kompetent sind, wissen, dass das Web 2.0 praktischerweise seine eigenen Monitoring-Tools gleich mitliefert (Hans-Peter hat dazu kürzlich einen sehr empfehlenswerten Beitrag veröffentlich: 10 unverzichtbare Research Tools). Und wenn man dem Kunden einmal erklärt hat, wie’s funktioniert, dann braucht der für diese Aufgabe gar keine Agentur mehr. (Zynische Key Accounter sprechen von „Google’s Fluch“.) Das ist einer der Hauptgründe, warum sich Social Marketing niemals sinnvoll auslagern lässt: Coaching- und Customer-Enabling werden zum Differenzierungskriterium – nur wer die relevanten Informationen immer „at his fingertips“ hat, verfügt über die essentielle Grundlage für richtige Entscheidungen und bekommt ein Gefühl für den Marktplatz. Und daher bin ich äußerst überrascht, dass (noch) vergleichsweise wenige Unternehmen bzw. Marketing-Verantwortliche einem effizienten Inhouse-Monitoring-Setup jenen Stellenwert zuweisen, den es eigentlich haben sollte.

9 Kommentare
  1. ProMediaMax
    ProMediaMax sagte:

    :oops: wie wahr :???:
    Aus eigener Erfahrung kann ich nur sagen, dass wir mit mehreren SEO Agenturen ein Pech gehabt haben, wie man es sich gar nicht vorstellen kann :evil: Unsere eigene Initiative hat uns mehr Traffic und Umsätze gebracht, als ein Profi aus einer Agentur.
    Ich kann wirklich nur den Tip geben, lasst die Finger von Agenturen die tausende von Euro kassieren und macht euch lieber selbst an die Arbeit – und ich weiß aus meiner Erfahrung, es ist wirklich nicht schwer.
    Liebe Grüße
    ProMediaMax

    • Horst
      Horst sagte:

      Es soll ja sogar „Agenturen“ geben, die schon für die „Beratung“ allein – ohne dass überhaupt etwas getan wird – knapp 2500 Euro nehmen. Da ist der Kunde sein Geld los, längst bevor er weiß, was man überhaupt tun könnte.

      Das unterscheidet sich – meiner Meinung nach – nur vom finanziellen Aufwand vom gemeinen Spammer, der für sein Geld auch nicht viel leisten möchte.

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