Everybody's fine

USA Flugfazit = 5 Filme und 1 neuer Snack

The invention of lying, Wo die wilden Kerle wohnen, Everybody’s fine, Der Informant, Wolkig mit Aussicht auf Fleischbällchen sowie ein Laugenweckerl mit integriertem Leberkäse (also direkt im Weckerl, das unschuldig wie ein rein vegetarisches Kohlenhydrat-Produkt wirkt: keine äußeren Verletzungen, keine sichtbaren Schnitte, kurzum der ideale Gag-Artikel für Vegetarier-Partys!): diesen fünf Filme und dieser Snack sind mein Fazit eines Lufthansa Fluges zwischen zwei Kontinenten. Danke übrigens an die nette Stewardess, die mir einen Einweghandschuh brachte, den ich um Kopfhörerstecker und Armlehne knotete, um dank Latex-Materialspannung einseitige Beschallung via Ohrhörer zu verhindern.

Man hofft, die flugkritischen System des Airbus mögen besser gewartet sein als die Klinkenstecker in der Armlehne – wobei knapp 10 Stunden sensorischer Deprivation zweifellos einer übermäßig spektakulären ungeplanten Zwischenlandung vorzuziehen sind. Obwohl auch erstere ganz schön an die Substanz geht, den auch beim Rückflug gab’s ein interessantes Aha-Erlebnis: die Lufthansa hat tatsächlich noch Uralt-Interkontintental-Stahlvögel ohne Entertainment-System im Einsatz, sodass ich mich nach Latexhandschuh samt Bildschirm sehnte. So aber sah ich zumindest am Hinflug alles, was ich sonst garantiert nie runtergeladen hätte. Und weil da zwei sehr unerwartete Highlights dabei waren, hier ein kurzer Abriss – falls Sie demnächst auch einen längeren Aufenthalt auf engem Raum planen, erleichtert Ihnen das vielleicht die Auswahl. Die Reihenfolge impliziert in diesem Fall übrigens definitiv eine Wertung, schließlich dauern Internkontinentalflüge ja nur fast unendlich lang!

Everyone’s fine / Everyone’s fine

Everybody's fine

Robert de Niro is calling – but not speaking Italian. Diesmal nicht. Und wie mit fast jedem seiner Filme legt das Hollywood-Genie auch hier schon wieder eine seiner besten Performances aller Zeiten hin: Ein vom PVC-lastigen Job gesundheitlich angeschlagener Witwer besucht seine vier Kinder, die in verschiedenen amerikanischen Städten leben. Alle vier haben den versprochenen Heimaturlaub abgesagt – doch auf seiner Rundreise muss der Protagonist feststellen, dass beide Töchter und beide Söhne einiges vor ihm zu verbergeben haben: hervorragende Exploration der schwierigen Troika Kinder, Eltern und Erwartungshaltungen mit tragischen, komischen und tragikomischen Momenten.

The Invention of Lying / Die Erfindung der Lüge

The invention of lying

In der hypothetischen, lügenfreien Welt dieses Streifens sagt jeder, was er sich gerade denkt – für Konzepte wie Unhöflichkeit oder soziale Unerwünschtheit bleibt unter diesen Bedingungen natürlich kein Platz. Doch dann findet ein klassischer Underdog plötzlich raus, dass Fiktion – oder Lüge – ihm geradezu magische Türen öffnet. Stünde der furchtbare Jim Carey auf der Besetzungsliste, hätte ich die Playtaste erst gar nicht gedrückt. Um aus einem so banalen Holzhammer-Setting subtile Komik heraus kitzeln zu können, braucht man keine Brachial-Komödianten, sondern – Rick Gervais. Der britische Comedian ist schlichtweg die Idealbesetzung für diesen Film, der das überzeichnete Setting geschickt ausnutzt, um diskursive Strategien zu demaskieren. Fällt außerdem für Theologie- und Medien-Studenten in die Doppelkategorie Unterhaltung/Weiterbildung.

Wo die wilden Kerle wohnen / Where the wild things are

Multitalent Spike Jonze verfilmt ein populäres Kinderbuch – da muss das Ergebnis ja geradezu gemischt Reaktionen hervorrufen. In diesem Fall konkret bei der Frage nach der „Kindereignung“, die zu diskutieren selbst- und fremdernannte Film- wie Erziehungsexperten wochenlang nicht müde wurden. Jonze thematisiert schwierige Konflikte, seine wuchtige filmische Umsetzung könnte jüngere Zuseher überfordern, so der Tenor der einen Fraktion – und zwar meiner Meinung nach jener, die die Erinnerung an die eigenen Kindheit restlos ausgelöscht haben und Jonzes Kinodarbietung vermutlich auch mit den Kategorien öffentlich-rechtlichen Kinder-Bildungsfernsehens messen. Visuell und schauspielerisch grandios gelungen, unbedingt anschauen!

Wolkig mit Aussicht auf Fleischbällchen / Cloudy with a chance of meatballs

Wolkig mit Aussicht auf Fleischbällchen

Animationsfilm nach der Vorlage der im anglo-amerikanischen Raum offenbar populären Kindergeschichte „Cloudy with a chance of Meatballs“: geradezu archetypisch setzt das Regisseursduo Phil Lord / Chris Miller ihre Charaktere in Szene: den ungeschickten Erfinder, den gierigen Bürgermeisten, die rasende Reporterin – im Zusammenspiel dieser überzeichneten Charaktere entfaltet sich eine skurrile Geschichte um eine Maschine, die Essen vom Himmel regnen lässt und schließlich zur ultimativen Bedrohung für die Bewohner einer kleinen Insel wird. Dank origineller Dialoge und eines flotten Drehbuchs weit erträglicher, als die Beschreibung vielleicht vermuten ließe.

Der Informant / The Informant

Matt Damon gibt in dieser auf einer „wahren Geschichte“ beruhenden Groteske einen Biochemie-Manager, der fürs FBI als Informant arbeitet und illegale Preisabsprachen verhindern will. Je weiter die Handlung voranschreitet, desto unklarer wird, wer denn nun wirklich Dreck am Stecken hat. Dass der Hauptdarsteller sich als notorischer Lügner und rücksichtloser Karrierist entpuppt, rettet das fade Bio-Pic auch nicht mehr. Ich verstehe beim besten Willen nicht, warum plötzlich alle Damon mit einem richtigen Schauspieler verwechseln: zugegeben, allein seine Frisur versetzt die ganze Handlung (die eigentlich in den 90ern spielt) in die 70er Jahre, aber das ist auch schon die einzig bemerkenswerte Acting-Leistung in diesem enttäuschenden Neo-Werk Soderberghs: der kann extreme Charaktere sonst ja viel besser in Szene setzen – eine einzige Enttäuschung.


Fotos: Pressebilder aus der IMDB

18 Kommentare
  1. foto rollo
    foto rollo sagte:

    Boah, der Informant geht ja gar nicht. Ich weiss auch nicht, warum der Damon solche Rollen annimmt. Er hat mir besser in Oceans 11, Born und Green Zone gefallen. Überhaupt war ich über die Jason Born Filme erstaunt. Hatte dem Damon das nicht so zugetraut.

  2. Joe
    Joe sagte:

    „Wo die wilden Kerle wohnen“ hab ich mit freunden im Kino gesehen. – Eine einzige Enttäuschung für mich, bin fast eingeschlafen. Keine Höhepunkte im ganzen Film. Hatte mir mehr erwartet.

    „Cloudy with a chance of meatballs“ hab ich auf meinem Flug nach Peking gesehen. – guter Animationsfilm mit einigen sehr guten Pointen. Mir hat die Szene am besten gefallen wo sein dAd versucht mit dem Computer umzugehen. („Du musst mit der Maus über den aRbeitsplatz fahren!“) – Genial! Oft gehts mir mit meiner Mutter genauso…. ^^

    Bist du Economy Class geflogen?

    lg
    Joe

  3. Christian
    Christian sagte:

    Wollte mir „der Informant“ den ganzen Winter über anschauen. Habe ihn nur kurz in Berlin im Kino gesehen, danach hab ich ihn nirgends mehr im Kino gesehen. Das wird wohl seine Gründe haben. Die Vorschau fand ich sehr gut, schade dass der Film nicht so gut gelungen ist.

  4. michi
    michi sagte:

    bitte bitte jim carey nicht als furchtbar bezeichnen, wenn man nur seine (zugegeben meist wirklich furchtbaren) derben slapstick-komödien kennt. aber in Eternal Sunshine of The Spotless Mind, Man on The Moon oder Truman Show war er wirklich wunderbar und hat mich absolut berührt! der mann kann was, wenn man ihn nur lässt… ;-)

    • Ritchie Blogfried Pettauer
      Ritchie Blogfried Pettauer sagte:

      Nein, nein – ich halt ihn auch in anderen Rollen nicht aus; der Typ macht für mich jeden Film kaputt. Du hast recht, er kann schon gut spielen, aber sein Body-Acting hat sich mir zu sehr eingeprägt; selbst in den ruhigsten Szenen seh ich ihn immer rumzappeln ;-)

  5. mccutcheon
    mccutcheon sagte:

    also ich halt jim carey ja prinzipiell auch gar nicht aus, aber man muss ihm in eternal sunshine wirklich eine chance geben. und in allen anderen filme (ausser truman show) gaaaanz fest wegschauen ;)

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  2. naza24 sagt:

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