Wenn Medien das Medienspiel spielen

Wenn Medien das Medienspiel spielen

Das Profil, ein österreichisches Wochenblatt, feierte dieser Tage seinen 40. Geburtstag. In der aktuellen Ausgabe verraten auf Seite 121 einige Testimonials ihre Zuneigung zu Christian Rainers Magazin, darunter auch UHBP Heifi (Unser Herr Bundespräsident Heinz Fischer). Sein Statement erheiterte mich noch weit mehr als Laura Rudas‘ Sager von der vorgestrigen Politik, denn er zeigt scharfe Beobachtungsgabe sowie immensen Sinn für Realismus, den ich dem stets auf Konsens bedachten Heinz Fischer zugegebenermaßen so nicht zugetraut hätte. Mag die Medienschelte auch unfreiwillig geschehen sein, so trifft sie doch des nassen Pudels Kern mitten in die Leber. Sprach der Bundespräsident:

profil soll seine Rolle weiterspielen – nämlich ein kritisches Magazin im Pluralismus der österreichischen Medienlandschaft zu sein.

Das Medien-Rollenspiel

Beileibe nichts gegen das Profil, schließlich braucht jede Peer Group ihr Wired, und ich schätze Rainer Nikowitz‘ Satiren über alle Maßen – Gratulation zur Geburtstagsrede! Und ich meine, dass das profil nicht unmaßgeblich so manchen Skandal-Stein der Republik ins Rollen gebracht hat und immer noch bringt. Kurz gesagt: das ist gar nicht alles gespielt, sondern manchmal ziemlich echt. So ganz generell besehen hab ich trotzdem häufig das ganz und gar nicht dumpfe Gefühl, dass wir hierzulande in einem unglaublich simulativen Mediensystem festhängen. So in etwa:

Profil spielt die Rolle des kritischen Magazins, der Standard die der wirtschaftsliberalen Zeitung, die Presse gibt in der Daily Soap den konservativen, aber wohlhabenden Onkel, der ORF tritt in der Rolle des unabhängigen Rundfunksenders auf (wenngleich weit weniger überzeugend als die übrigens Akteure), Hans Dichands Erben dagegen nimmt man den Boulevard-Clan durchaus ab. Wolfi Fellner sorgt alle paar Folgen mal wieder für Spannung, und auch die Kritiker des Mediensystems haben sich bestens mit ihren Rollen abgefunden: Armin Thurnher scheint der tragikomische Part des Rufers in der Wüste wie auf den Leib geschneidert, sein editorialer Stehsatz erhöht den Wiedererkennungswert der Serie für Stammseher beträchtlich. Zugegeben, einzelne Folgen wirken unglaubwürdig – wer glaubt schon, dass im echten Verlagsleben ein tendenziell linker Herausgeber das konsumfördernde Lifestyle-Magazin für einen Kreditkartentandler verfertigt?

Viele weitere Akteure dieser durchwegs absurd-komischen, aber äußerst populären Fernsehserie verdienten Erwähnung: eine Ingrid Thurnher etwa, die die Rolle der kritischen Polit-Journalistin so überzeugend spielt, dass das Publikum schon seit mehreren Wahlen ihre vorhersehbaren Interview mit forscher Fragetechnik verwechselt, ein Harald Fiedler, der wie alle postmodernen, selbstreferentiellen Autoren nur ausgesuchte Fans findet – aber ich will nicht weiter spoilern, sondern bloß abschließend sagen: Bravo, Herr Bundespräsident, so offen wagte das hierzulande noch kein Politiker auszusprechen. Und jetzt muss ich ins Studio, denn ich hab mal wieder einen Gastauftritt. Sie würden’s nie erraten: ich spiel den Blogger!

0 Kommentare
  1. Walter
    Walter sagte:

    Gut getroffen ;-)

    Dein Versuch, zu simulieren, dass der Artikel ohne Lektorat online geht, ist allerdings auch geglückt, da haben sich ein paar Buchstaben selbständig gemacht ;-)

    Liebe Grüße,
    Walter

  2. Bernhard
    Bernhard sagte:

    Ritchie, der „Presse“ ob der dem Vernehmen nach gar nicht rosigen, wirtschaftlichen Situation die Rolle des „wohlhabenden Onkels“ zuzusprechen, ist originell. Obwohl … gibt´s überhaupt noch einen reichen Onkel bei den Printmedien ;)?

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