Wissen wie verwalten?

Wissen wie verwalten?

Am 28. April lädt die Initiative für freies Wissen und freie Netze im alten Rathaus in Linz zum Kongress Freies Wissen. Freies Linz. Die Organisatoren möchten das Augenmerk der Besucher auf die ökonomischen Rahmenbedingungen des primären Rohstoffs der Informationsgesellschaft lenken. Über die Einladung, dort einen Workshop zu gestalten und im Anschluss daran an der Podiumsdiskussion teilzunehmen, hab ich mich sehr gefreut – also vielleicht sieht man sich ja Ende April im alten Linzer Rathaus.

Wissen währt am längsten, so die theoretische Hoffnung. In der Tat währen die Urheberrechte häufig länger als die Relevanz von Informationen: zu Recht, sagt der Hausverstand, denn die Besitzer geistigen Eigentums haben adäquat entlohnt zu werden – dem Hausverstand darf man aber spätestens nicht mehr uneingeschränkt trauen, seit er rollkragenbewehrt als Werbetestimonial für Supermarktketten auftritt. Natürlich spielt die Frage nach den Besitzrechten an geistigen Werken am Weg in die Informationsgesellschaft eine zunehmend dringliche Rolle: waren in der Vor-Internet-Ära materielle Datenträger wie etwa Musikkassetten oder Audio-CDs stets unabkömmlicher Bestandteil medialer Distribution, verbreitet sich im Netz Information unabhängig von materiellen Datenträgern. Diese genuin neue Distributionssituation bedeutet für Wirtschaft und Konsumenten eine Transitionsphase – die technische Entwicklung hat die Gesetzgebung längst überholt. Zugleich wird die Bedeutung des Zugangs zu Wissen immer evidenter.

Die Frage nach dem kollektiven Umgang mit diesen Themen ist alles andere als trivial: werden, wie in den USA bereits geschehen, bestimmte mathematische Lösungsverfahren patentiert, so dürfen diese nicht mehr frei an Hochschulen unterrichtet werden – und wenn die Lehre nur mehr so frei ist, wie die Wirtschaft erlaubt, kommt William Gibson’schen Zukunftsvision multinationaler Corporations als Nachfolger der Nationalstaaten ihrer Realisierung einen Schritt näher.

Man braucht allerdings nicht über den großen Teich zu springen, um die Spannungsfelder zwischen wirtschaftlicher Verwertbarkeit von Ideen einerseits und deren freier Verbreitung andererseits zu illustrieren. Die österreichische IFPI etwa (Interessenvertretung der Phonographischen Industrie) investiert hart durch Albenverkäufte verdientes Geld in eine breit angelegte Imagekampagne: bereits in den Pflichtschulen sollen, so der Wille der Musikindustrie, die AnstaltsinsassInnen mit der „richtigen“ Auffassung indoktriniert werden: Bezahlmusik ist gut, Tauschbörsen sind böse – für die Produktion entsprechender Unterrichtsmaterialien lässt man gerne den Rubel rollen.

Was aus der Sicht der Contentindustrie legitime PR darstellt, bekommt spätestens dann eine schalen Beigeschmack, wenn der betreffende Standpunkt als umfassende und allein gültige Darstellung der Materie präsentiert wird: dass Musik nicht zwangsläufig Ware sein muss, dass Kulturproduktion auch ohne wirtschaftlichen Background zumindest denkbar bleibt, bleibt ausgeklammert – und das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur entblödet sich nicht, die Kampagne mit dem sprechenden Namen Ideen sind etwas wert auch noch zu unterstützen – und dies, obwohl alternative Ansätze wie „Creative Commons“ systematisch ausgeblendet bleiben.

Die Warenwirtschaft der Zukunft wird sich wohl zwangsläufig umstellen müssen: wo die Exklusivität des Konsums nicht mehr gegeben ist, müssen althergebrachte ökonomische Modelle zwangsläufig scheitern. Das Internet hat eine neue Kultur des Informations-Tauschens hervorgebracht: ob diese kriminalisiert oder glorifziert wird, ist und bleibt in erster Linie eine Willens-, und keine juristische Frage. Die Konferenz Freies Wissen will die Diskussion dazu anstoßen – und lädt im Gegensatz zur Content-Industrie alle Interessierten dazu ein, sich an der Diskussion zu beteiligen.

0 Kommentare
  1. jizz
    jizz sagte:

    Wow, wie soll die Jugend von heute ihre Meinung abgeben, wenn man schon zum Kommentieren zweistellige Kopfrechnungen ausführen muss? :evil:
    Aber im Ernst: gute Sache, diese Konferenz. Wenn ich in Linz bin, werd ich auch vorbeischauen und falls jemand von der IFPI dort ist, eine Torte mitbringen. Oder besser noch eine Stinkbombe.

Hinterlasse einen Kommentar

Schreibe einen Kommentar