Meine ersten fotografischen Gehversuche in HDR

Meine ersten fotografischen Gehversuche in HDR

Wer mehr Kontrast will, muss interpolieren – und zwei Belichtungen sehen mehr als eine. So könnte man in etwa die Grundgedanken der HDR-Fotografie zusammenfassen: anstatt ein bestimmtes Motiv nur einmal aufzunehmen, werden vom selben Motiv zwei oder mehr Fotos mit unterschiedlichen Belichtungen geschossen, die man später mittels geeigneter Software zu einem Gesamtbild zusammensetzt. Sinn und Zweck dieser Vorgehensweise ist die Erreichung eines höheren Kontrastumfangs, daher der Name „High Dynamic Range“. Das Ergebnis sieht dann beispielsweise so aus:

High Definition Range - HDR

Jeder Fotograf kennt Motiv-Situationen, bei denen unterschiedliche Bildteile eine hohe Helligkeitsdifferenz aufweisen. Häufig ist es bei Landschaftsaufnahmen etwa kaum möglich, sowohl den (bewölkten) Himmel als auch die eigentliche Landschaft zugleich richtig zu belichten: wählt man die Belichtungszeit so, dass die Landschaft richtig dargestellt wird, überstrahlt der Himmel – und umgekehrt säuft die Landschaft in unterbelichteten Flecken ab, wenn man mit einer kürzeren Zeit den Himmel und Wolken richtig aufs Bild bannt. Hier kann HDR große Vorteile bringen. Außerdem schätzen zahlreiche Fotografen den hyper- oder auch surrealistischen Gesamteindruck solcher Fotos.

Naturgemäß unterliegt diese Methode der Kontrastspreizung aber einigen gravierenden Einschränkungen, welche die Wahl potentieller HDR-Motive sehr stark einschränken:

  1. HDR-Aufnahmen eigenen sich nur für unbewegte Motive: die einzelnen Aufnahmen müssen völlig deckungsgleich sein, da ansonsten im Endergebnis sogenannte „Geisterbilder“ auftauchen.
  2. Aus der Anforderung der Deckungsgleichheit ergibt sich die Quasi-Unmöglichkeit, HDR-Aufnahmen aus der freien Hand zu schießen – ein Stativ ist Pflicht, idealerweise sollte man die Kamera via Fernauslöser betätigen, um minimale Verschiebungen durch das Antippen des Auslösers zu vermeiden.

Diese Einschränkungen qualifizieren HDR-Setups vor allem für Landschaftsfotografien – hier sieht sich der Fotograf häufig mit stark unterschiedlich beleuchteten Bildteilen konfrontiert. Zahlreiche Spiegelreflexkameras, darunter auch meine EOS 40D, bieten von Haus aus die Möglichkeit, sogenannte Belichtungsreihen anzufertigen: dabei nimmt die Kamera beispielsweise drei Bilder auf, nämlich ein korrekt belichtetes und jeweils ein unter- bzw. überbelichtetes Foto. Der Grad der Abweichung lässt sich einstellen, für HDR-Zwecke empfehlen Profis eine Unter- bzw. Überbelichtungen von mindestens einer, besser noch eineinhalb Blendenstufen. Dabei sollte man mit einer konstanten Blende arbeiten und die Belichtungszeit variieren, um unterschiedliche Schärfentiefe-Verläufe der einzelnen Fotos zu vermeiden. Die automatische Belichtungsreihen-Funktion hat weiters den Vorteil, dass die Fotos unmittelbar nacheinander geschossen werden, was Probleme mit langsam bewegten Objekten (etwa den besagten Wolken) vermeiden hilft.

HDR-Images mit Photoshop erstellen

Die so entstandenen Fotos lassen sich mit entsprechender Spezial-Software weiterbearbeiten. Der hier werkelnde Algorithmus ist um einiges komplexer als eine simple Transparenzmischung der Bilder, denn im Prinzip sollen über- und unterbelichtete Stellen durch Kombination aller Bildinfos möglichst eliminiert werden. Auch Photoshop bietet seit der Version CS2 eine integrierte HDR-Verarbeitung an, mit der man ohne weitere Plug-Ins erste Tests vornehmen kann. Die betreffende Funktion versteckt sich im Menü File -> Automate -> Merge to HDR: Der Importer erwartet eine Serie von Bildern, die in weiterer Folge zum HDR-Image zusammengesetzt werden. Dabei werden auch mehr als die beschriebenen drei Images pro Serie verarbeitet, in der Praxis fallen die Unterschiede jedoch so gering aus, dass in der Regel die Normalversion plus Über- und Unterbelichtungen völlig ausreichen. Optional lässt sich der vorgeschlagene Weißpunkt manuell anpassen, weitere händische Bearbeitungsschritte sind nicht erforderlich. Das resultierende Bild hat allerdings vorerst noch 32 Bit Farbtiefe – vor einer allfällige Weiterverwendung für den Web- oder Printeinsatz muss daher eine Umrechnung auf die üblichen 16 RBG-Bits erfolgen (Image -> Mode), für die Photoshop verschiedene Verfahren anbietet – „Exposure and Gamma“ dürfte in den meisten Fällen ausreichen (Tipp: zuerst den gewünschten Gamma-Wert einstellen, dann die passende Exposure dazu wählen), „Local Adaption“ bietet über die Manipulation der Tonwertkurve die flexibelsten Einstellmöglichkeiten. In vielen Fällen wird man das fertige Bild zusätzlich mit einem Farbverlaufs-Layer mergen, etwa um das Blau des Himmels deutlicher herauszuarbeiten oder ein Bild stark zu entfremden:

hdr3

Mehr Informationen zum High Dynamic Range Verfahren und weiterführenden Links bietet dieser Wikipedia-Artikel. Grundsätzlich sollte man für HDR-Kompositionen die Raw-Daten heranziehen und nicht mit verlustbehafteten Formaten wie JPEG arbeiten. Allerdings lassen sich mittels der algorithmischen HDR-Magie auch ohne weiteres zwei völlig unterschiedliche Fotos zusammenfügen – ein ähnliches Ergebnis erreichen geübte Photoshop-Artisten zwar auch mittels klassischem Layer-Blending, das dauert aber wesentlich länger:

hdr2
0 Kommentare
  1. Achim Meurer
    Achim Meurer sagte:

    Ich habe mich jetzt auch mal mit HDR beschäftigt und ein sehr gutes Tutorial gefunden:

    http://www.stuckincustoms.com/hdr-tutorial/

    Photoshop reicht da nicht ganz aus, wenn man wirklich brauchbare Ergebnisse erzielen will. In diesem Tutorial sind noch zwei wichtige Programme beschrieben, die einen verdammt guten Job machen. Gestern habe ich mal auf die Schnelle einen Test gemacht und war recht angetan. Da werde ich in den nächsten Wochen mal einige Tests machen…

    Liebe Grüße
    Achim

  2. nacaseven
    nacaseven sagte:

    Die Bilder erinnern mich an meine ersten Gehversuche mit HDR :). Ich hab auch vor etwa 2 Jahren bei stuckincustoms „live“ mitgelernt.
    Du musst nur versuchen, den Effekt nicht zu übertreiben und dann noch ein bisschen an den Kurven in Photoshop schrauben, dann wirds ganz gut.
    Ein Stativ hab ich noch nie verwendet, Photoshop oder Photomatix rechnet eventuelle Verwackler problemlos raus.
    Hier mal das Ergebnis, wenn mans übertreibt und am Empire State Building ne Stunde lang im Kreis rennt –> http://www.flickr.com/photos/nacaseven/1372518549/

    Man kann übrigens auch aus einem Foto (jpg oder besser raw) ein HDRi machen, dann darfs auch bewegt sein.

  3. Sven
    Sven sagte:

    Wie zeitaufwändig ist es eigentlich HDR Bilder zu erstellen ? Bisher hat mich der Verarbeitungsaufwand immer abgeschreckt.

    Hinsichtlich der Ergebnisse sollte man aber gerade bei schönen Motiven wirklich einmal Belichtungsreihen aufnehmen – verwerfen kann man später immer noch.

  4. nacaseven
    nacaseven sagte:

    Naja – natürlich wärs leichter, die Bilder von der Cam direkt ins Internet zu laden. Wenn man aber gerne fotografiert und einem der erhöhte Kontrast gefällt (gibt ja viele, die davon absolut nichts halten), dann ist es die Arbeit IMHO absolut wert.
    Die Kosten für Photoshop und/oder Photomatix musst du halt auch noch einrechnen.

    Arbeitsschritte:
    – 3-5 Aufnahmen mit unterschiedlicher Belichtung (am besten in RAW) machen
    – mit Photoshop oder Photomatix zu einem Radiance rechnen
    – in Photomatix (oder ähnlich) mit unzähligen Reglern ein 8-Bit Bild erzeugen.
    – in Photoshop etwas nachbearbeiten, da die fertigen Bilder einen leichten Grünstich und Grauschleier haben.
    – in SRGB speichern, damit mans problemloser auf flickr laden kann ;)

  5. Leon@Bodengleiche-Dusche
    Leon@Bodengleiche-Dusche sagte:

    Hey,
    das erste Bild ist richtig gut geworden! Kannste ne Postkarte von machen lassen ;). Das blaue ist auch recht gut aber leider erkennt man da die Häuser nicht so drauf dann wärs perfekt geworden, aber das liegt ja auch nen bischen dadran das die Häuser leider nicht in der Mitter stehen. Die neue Kamera lohnt sich ja ;)
    lg

  6. Huggy@Router Testberichte
    Huggy@Router Testberichte sagte:

    Huhu Ritchie!

    Ich habe mir zu Weihnachten auch ein Stativ gegönnt und bin vor einem Monat in der Nacht mit den Öffis durch Wien gesaust und hab nette Nachtbilder gemacht.
    Mein Prachtbild wurde aber ein HDR von dem Schottentor, auch wenn das evl. nicht die sauberste Motiv-Umgebung ist *gg*

    Find die Technik super, auch wenn es mit schlechteren / Kompakten Kameras eher mühsam ist :)

Hinterlasse einen Kommentar

Schreibe einen Kommentar