trigami: Marktplatz für Blogaufmerksamkeit

trigami: Marktplatz für Blogaufmerksamkeit

trigamiMedienhandbuch.de veröffentlichte kürzlich ein ausführliches Interview mit Remo Uherek, Gründer und Geschäftsführer von trigami. Ich bin mit datenschmutz seit ein paar Monaten bei dem Schweizer Review-Marktplatz registriert und sowohl vom Support als auch von der Gestaltung des Angebots sehr angetan und hatte eigentlich vor, bei Remo demnächst um ein E-Mail Interview anzufragen – aber: im Medienhandbuch-Text ist schon (fast) alles gesagt – alle Zitate im folgenden Text stammen aus dem erwähnten Interview.

Trigami fungiert als Marktplatz zwischen Blog-Betreibern und potentiellen Werbern. Ähnlich wie bei den us-amerikanischen Pendants ReviewMe und Payperpost.com geben Advertiser Kampagnen in Auftrag, Blogger bewerben sich, erhalten gegebenenfalls den Zuschlag und haben dann eine bestimmte Frist lang Zeit (in der Regel 1-2 Wochen), ihre Rezension online zu stellen. Jeder Text wird händisch überprüft – der Werber hat die Möglichkeit, verschiedene Vorgaben zu machen und zu erklären, welches Ziel er mit seinem Auftrag verfolgt; eine direkte Kommunikation zwischen Advertiser und Blogger findet nicht statt. Den Screenshot einer typischen Auftragsbeschreibung finden Sie am Ende des Artikels.

 

trigami

 

Hilfe! Der Ausverkauf der Blogosphäre!

Ob man das eigene Blog als Spaßunternehmen betrachtet, dessen Moralinstanz-Qualität durch Werbeeinnahmen unwiderruflich geschädigt würde, ob man für hohe Conversion Rates seine Journalisten-Seele verkauft oder doch lieber versucht, so wie alle „erwachsenen“ Medien einen gangbaren Mittelweg zwischen Schreibkunst und Kommerz zu finden, muss jeder Blogger für sich entscheiden. Bei Trigami allerdings geht’s ganz klar nicht darum, Lobhudeleien zu ordern, denn die Plattform verkauft eben keinen Werbeplatz, sondern Rezensionen. Kunden können sich also Feedback und konstruktive Kritik erwarten – aber keine bloße Verneigung vor dem Produkt.

Ich glaube, dass mittelfristig darin die Stärke des Systems liegt – denn Blogger sind (nona!) eine sehr medienaffine, aber auch kritische Zielgruppe.

Werber, schleckt eure Fingerchen ab

Für Werbetreibende hat Trigami Paradiesqualitäten: eine Kolumne auf 10 gut bewerteten Blogs kostet einen (im Kontext etwa von Fernsehspots oder Tageszeitungseinschaltungen) läppischen Tausender: dafür gibt’s 10 in der Regel sehr gut recherchierte Beiträge, tausende Leserkontakte, umfassendes Feedback und, last but definitely not least: mindestens einen permanenten Content-Deeplink.

Im Vergleich zu monatlich zu bezahlender Linkmiete á la Linklift oder TextLinkAds werden zur Google-Optimierung im passenden Keywordumfeld also auch noch gleich bottom-up Marktforschung und Marktdialog mitgeliefert – zu einem unschlagbaren Preis und viel rascher als durch teuren und langwierigen Aufbau eines eigenen Corporate Blogs. Und meine Kristallkugel sagt: je stärker sich Weblogs im Mediamix etablieren, desto mehr werden die Preise für Rezensionen steigen.

Eingehen auf Kundenwünsche

Ein wichtiger Punkt ist die Frage der Kennzeichnung: Trigami verlangt, dass alle über die Plattform vermittelten Aufträge vor Textbeginn deutlich als Auftragsarbeit gekennzeichnet werden, da dies das deutsche Pressegesetz anscheinend verlangt. (Was mich wunderlich dünkt, denn Blogs sind ja bekanntlich keine Massenmedien – und Pflichten ohne Rechte sind immer ein ganz schlechter Deal)

Meine Meinung dazu ist recht eindeutig: solange die Kennzeichnung verlangt wird, baue ich sie ein. Lieber wäre mir allerdings eine optionale Markierung, weil ich hier auf datenschmutz, kurz gesagt, nur Texte veröffentliche, die ich auch ohne Bezahlung potentiell posten würde – ich tu’s aber nicht, denn sowohl Zeit als auch Aufmerksamkeit sind nun mal verdammt knappe Ressourcen. In diesem Sinne verstehe ich die Bezahlung durch trigami als Kompensation für die Zeit, die ich mich mit einem bestimmten Produkt beschäftige – was keinerlei Auswirkungen auf den Inhalt der so entstandenen Beiträge hat, und genau aus diesem Grund müsste die Kennzeichnung eigentlich gar nicht sein.

Andere vertreten da durchaus konträre Positionen, auf die die Trigami imho sehr gut reagiert hat: nun stehen eine Reihe von G’satzerln mit oder ohne Grafikzur Auswahl bereit – von ausführlich bis minimalistisch.

Wie hältst du’s mit dem Kommerz?

Im Interview fasst Remo Uherek die Vorteile für Blogger wie folgt zusammen:

a) Neuartige Monetarisierungsmöglichkeit = Umsatz
b) Spaß an innovativen Produkten = Fun
c) Frischer Content für den eigenen Blog = Höhere Autorität und mehr Besucher

Und er hat völlig recht – da man sich für jede Rezension einzeln bewirbt, besteht nie die Gefahr, über Themen und Produkte schreiben zu müssen, die man selbst als uninteressant einstuft. Punkt b) kann ich ebenfalls unterschreiben: vor meiner Review kann ich zum Beispiel Plazes.com definitiv noch nicht. Punkt c) betrifft mich am wenigsten (als alter RSS- und Mailinglist-Junkie gehen mir die Themen nicht so schnell aus), allerdings weiß ich, dass viele bloggende Kollegen durchwegs froh sind über thematische Inputs.

Ich hab bisher weit mehr Aufträge angenommen als abgelehnt (alle bisherigen trigami-Reviews auf datenschmutz), da die meisten Services und Produkte definitiv einen zweiten Blick werten waren. Wer von seinem eigenen Produkt nicht überzeugt ist, der sollte übrigens tunlichst die Finger von Trigami lassen: Blogger kritisieren überaus gern… Naturgemäß sind Online- und Web 2.0 Dienstleister unter den Werbekunden besonders stark vertreten.

Ich würde allerdings keinen bezahlten Review über ein Produkt schreiben, das ich richtig mies finde und dem ich keinerlei Verbesserungspotential zugestehe: Verrisse machen wenig Schreib-Spaß, also picke ich lieber die Rosinen aus dem Küchlein.

Was verdient eigentlich der trigami-Blogger?

Den Preis einer Review berechnet der sogenannte tRank Algorithmus, wobei eine ganze Reihe verschiedener Faktoren einfließen:

Der Preis hängt primär von der Reichweite und Qualität eines Blogs ab. Wir berücksichtigen Kriterien wie Reichweite in Unique Visitors und Page Impressions, Anzahl RSS-Abonnenten via Feedburner, Backlinks via Technorati, Backlinks via Yahoo und Google PageRank, um den Preis einer Rezension zu bestimmen. Außerdem fließen die Leistungen aus bereits geschriebenen Rezensionen mittels eines Bonus/Malus-Systems in die Preise zurück.

In der Praxis kostet eine Rezension in den meisten Blogs zwischen 50 und 100 Euro, wovon Trigami 30% an Provision kassiert. Hier auf datenschmutz kostet ein trigami-Review derzeit EUR 129,-, somit verdiene ich EUR 90,30 an jeder Auftragsarbeit. Das ist für mich als „gelernten“ Journalisten ein überaus akzeptables Honorar und liegt bei gleicher Textlänge sehr weit über den marktüblichen Preisen österreichischer Tageszeitungen für Freelancer. Mit anderen Worten: um knapp 300 Euros pro Monat zu verdienen, muss ich entweder eine ganze Menge Backlinks verkaufen (was Google hasst), oder drei Rezensionen schreiben – da fällt die Entscheidung eigentlich sehr leicht.

Die zweite Möglichkeit, das monatliche Budget aufzubessern, stellt das Affiliate-Programm dar: für jeden geworbenen Blogger, der seine erste Rezension abschließt sowie für jeden Werbekunden, der seine erste Kampagne beauftragt, gibt’s Extra-Knete. Vor kurzem hat Trigami seine Affiliate-Konditionen übrigens geändert – zu Gunsten der Blogger:

Neu gibt es 5% Provision auf alle Umsätze, die ein geworbener Neukunde innerhalb seines ersten Jahres bei trigami tätigt. Dieses Modell ersetzt ab sofort das alte Modell, bei dem wir 50 EUR bzw. 80 CHF Fixprämie pro aktiven Neukunden gezahlt haben.

Wie so manches Netz-Startup entstand auch Trigami ursprünglich bei einem Barcamp, und zwar 2006 in Zürich. Innerhalb einer recht kurzen Zeitspanne konnte die Firma unter Beweis stellen, dass sie ihren Job hervorragend erledigt: sowohl Blogger- als auch Kundenportfolio sind permanent im Steigen begriffen. Ich würde sogar so weit gehen zu behaupten, dass die Schweizer nicht nur die besten Uhren und die besten Banken betreiben, sondern mittlerweile auch die lohnendste deutschsprachige Plattform zur Blog-Monetarisierung.

Bei Trigami registrieren

 

 

Screenshot: trigami Auftragsbeschreibung

Der folgende Screenshot zeigt einen typischen trigami-Auftrag, wie ihn registrierte Blogger erhalten.

 

trigami
0 Kommentare
  1. Remo Uherek
    Remo Uherek sagte:

    Lieber Ritchie

    Vielen Dank für diesen sehr ausführlichen Bericht. Falls Du trotzdem mal ein Interview mit uns machen willst und Dir spannende Fragen einfallen, kannst Du Dich natürlich jederzeit melden :-).

    Viele Grüsse
    Remo

  2. Philomenon
    Philomenon sagte:

    Hallo!
    Habe deinen sehr interessanten Bericht gelesen. Erhältst du wirklich für jeden Auftrag € 90,30?
    Bei mir ist das immer ganz unterschiedlich. Ich glaube das liegt daran was der Kunde sich genau wünscht. Denn mal sind es längere Texte und andere Male gebe mehr zu recherchieren.
    Liebe Grüße, Philomenon

  3. Gerd-E.
    Gerd-E. sagte:

    Ab welcher Besucherzahl ist denn Deiner Meinung nach eine Anmeldung bei trigami sinnvoll Und/oder lohnend oder nach welchen Kriterien kann man das einschätzen?
    Wie kann ich diese Kriterien als Neu-Blogger schnell und leicht erreichen?

  4. Remo Uherek
    Remo Uherek sagte:

    Gerd-E.: Unsere internen Mindestkriterien lauten im Moment, dass Blogs mindestens 1-2 Monate existieren, mindestens 10-15 Einträge enthalten und mindestens einen Technorati-Backlink haben sollten.

    Je mehr von allem und je höher die Besucherzahlen, desto besser :-).

    Die Illusion, einen einflussreichen und stark gelesenen Blog „schnell und leicht“ aufzubauen muss ich Dir leider nehmen. Wie überall will gut Ding Weile haben – und es ist viel Einsatz und vor allem Kontinuität gefragt.

    Gruss und viel Erfolg!
    Remo

  5. ritchie
    ritchie sagte:

    @Philomenon: nein, du hast recht – das ist unterschiedlich. Allerdings waren die letzten Aufträge immer so zwischen 250 und 400 Wörtern.

    @Remo: auf das Angebot mit den Fragen komm ich demnächst zurück! Es herrscht in der Blogistan (verständlicherweise!) ja doch sehr großes Interesse an dem Thema.

  6. Christian
    Christian sagte:

    Salve
    Das mit dem Schreibstil kann ich bestätigen… es ist wirklich angenehm, auf Deinem Weblog zu lesen.

    Interessant finde ich Deine Angaben über die Vergütungen von Trigami. Ich vermisse noch immer ein Feedback um mich zu verbessern und so auch in höhere Sphären aufzusteigen. Immerhin kann man ja jetzt eigene Preisvorschläge machen… für mich ein Vorteil, da viele Kunden meine höheren Preise akzeptieren.

    Christian

  7. Info-Redakteur
    Info-Redakteur sagte:

    Also ich habe mich etwas mit Trigami versucht, es waren aber sehr viele uninteressante Kampagnen, die dann an mich herangetragen wurden. Oft bekommt man irgendwelche Muster von günstigen Produkten, die man dann behalten darf. Aufwandsgerecht Geld zu verdienen gelang mir damit nicht.

  8. Remo Uherek
    Remo Uherek sagte:

    Hallo ritchie

    Danke für Dein Feedback. Es ist geplant, den Bloggern Einstellungsoptionen anzubieten im Stil von „Ich möchte an Text-Review-Kampagnen, aber nicht an Advertorial-Kampagnen teilnehmen“. Wir können es nicht jedem recht machen, deshalb muss sich jeder selbst die Dinge herauspicken, die ihm am besten liegen.

    Viele Grüsse
    Remo Uherek

    PS: Display Ads ist Bannerwerbung, was Du meinst sind eher Advertorials :-)

    • ritchie
      ritchie sagte:

      Hi Remo,

      das wär wirklich ein super Feature, das ich vermisse – und du hast recht, „Display“ und „Advertorial“ hab ich verwechselt.

      Was mich wirklich wunderte bei einigen der letzten Kampagnen waren die ganz genauen Keyword-Vorgaben für die Reviews; ich habe mich gefragt, was das in Zusammenhang mit nofollow wohl für Sinn macht; oder wertet Bing nofollow etwa nicht?

  9. Remo Uherek
    Remo Uherek sagte:

    Hallo ritchie

    Die Stichwörter, die wir z.B. für Tags empfehlen, stellen sicher, dass die Blog-Einträge bei den richtigen Suchabfragen gefunden werden. D.h. es geht um die Auffindbarkeit der Beiträge selbst, um den Traffic auf die Blog-Einträge zu maximieren. Nofollow bezieht sich ja auf Hyperlinks und ist in diesem Zusammenhang ein ganz anderes Thema.

    Viele Grüsse
    Remo Uherek

    • ritchie
      ritchie sagte:

      Nein, da muss ich dir widersprechen: das ist sehr wohl genau das gleiche: denn die Position in der Suche wird ja primär bestimmt durch die Hyperlinks mit den richtigen Keywords. Wenn nofollow befolgt wird, bringen die Vorgaben für die Google-Positionierung genau gar nichts – du sagst damit ja Google „bitte ignoriere diesen Link in punkto SERPs vollkommen“) und für die blog-interne Suche macht’s sowieso keinen Unterschied, welche Keywords verlinkt werden.

      Und die meisten WordPress-User werden wohl hoffentlich mittlerweile gelernt haben, dass man die Tag- und Archive-Pages unbedingt auf follow,noindex stellen sollte.

  10. Matthias
    Matthias sagte:

    Wow, so viel erhälst du für einen Autrag? Alle Achtung!
    Mein (kleiner) Blog erhält für einen Auftrag zwischen 7-20€. Ich finde das ganz ok, zumal ich mit meinem Blog ohnehin kein Geld verdienen kann.
    Die Kosten als Auftraggeber sind aber wirklich übelst.

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