Die besten Aprilscherze 2009

Die besten Aprilscherze 2009

trolleBlogger machen’s besser – und vor allem sowieso ständig, glaubt man dem Cheffe des Falter. Aber einmal im Jahr darf auch der gemeine Journalist frei von der Leber weg blühenden Blödsinn von sich geben und trotzdem sagen: Non mea culpa est. Erster April: ein Subgenre, dem in journalistischen Ausbildungsstätten viel zu wenig Aufmerksamkeit beigemessen wird, und doch finden sich jedes Jahr aufs neue Perlen der Fabulierkunst; hier meine subjektive Top-Liste.

Bösartige Bernhard-Bots im .at-Netz

Maximaler Respekt für den besten Aprilscherz geht raus an Günter Hack von der Futurezone für seinen Beitrag über ein neu entdecktes Netztroll-Theaterstück im Thomas-Bernhard-Jahr 2009. Es handelt sich um eine literarische und programmiertechnische Sensation:

Im Floppy-Laufwerk stellten die Forensiker einen Datenträger sicher, auf dem sich das digitale Erbe des Schriftstellers befindet. „Es ist ein autopoietisches Internet-Theaterstück namens ‚Trolle'“, so Prillinger. „Bernhard hatte es offenbar zum Wettbewerb ‚Listing des Monats‘ an die Münchner Fachzeitschrift ‚Happy Computer‘ geschickt, allerdings eine Absage erhalten.“

Darob offenbar erzürnt, ließ der Literat seinen Rechner wohl über bisher unbekannte Unterstützer in der IT-Szene selbst ans Netz hängen. Mit grauenhaften Folgen, wie Prillinger heute weiß. „Das österreichische Internet ist Thomas-Bernhard-Territorium“, so der Forscher zu ORF.at. „‚Trolle‘ ist eine Schizo-Software, die sich auf Grundlage evolutionärer Algorithmen permanent weiterentwickelt und Millionen virtueller Bernhard-Bots generiert, die sich in allen möglichen Diensten und Foren unterhalb der .at-Domain festsetzen – und nur dort. Man kann sie zwar löschen, sie melden sich dann aber sofort unter anderem Pseudonym wieder an.

Prillingers Berechnungen zufolge sind heute „mindestens 95 Prozent der Akteure“ im österreichischen Internet vollautomatische Bernhard-Bots, „die sich exakt so verhalten, wie Bernhard die Österreicher gesehen hat“. […] Wir haben hier verschiedenste autonome Software-Agenten, die von ‚Trolle‘ generiert wurden, vom virtuellen Trollitiker, der mit fünf Zeilen Programmcode auskommt, bis hin zum Expertentroll, der seine eigene Datenbank mitbringt und gleichzeitig 20 Foren, 80 Blogs und nahezu unendlich viele Twitter-Accounts mit herablassenden Belehrungen und fein ziselierten Invektiven beschicken kann.

Das nenn ich mal einen genialen Einfall! Und vor allem kann ich mir unmöglich vorstellen, wie irgend jemand diese hübsche Theorie widerlegen sollte…

Warner Brother kauft PirateBay

Die Warner-Brüder kaufen die Piratenbucht: keine Rede mehr von gerichtlichen Auseinandersetzungen, denn dem Torrent-Distributionsmodell ist mir juristischen Methoden einfach nicht beizukommen.

piratebay and warner

Wer sein Piratenherz offen auf der T-Shirt Brust tragen möchte oder Bello einen stylishen Pirate-Bay Hundemarken-Halter besorgen will, kann dies übrigens hier tun.

The Guardian steigt auf Twitter um

Nach 188 Jahren Druckmaschinen-Nutzung steigt die britische Tageszeitung Guardian nun komplett auf Twitter um. Man hofft auf technologischen Vorsprung:

Consolidating its position at the cutting edge of new media technology, the Guardian today announces that it will become the first newspaper in the world to be published exclusively via Twitter, the sensationally popular social networking service that has transformed online communication.

Bei den Briten haben Aprilscherze ja mindestens eine so hehre Tradition wie in .de und .at – und bei der Formulierung der ausführlichen Story haben sich die Kollegen so richtig ins Zeug gelegt:

Sceptics have expressed concerns that 140 characters may be insufficient to capture the full breadth of meaningful human activity, but social media experts say the spread of Twitter encourages brevity, and that it ought to be possible to convey the gist of any message in a tweet.

Kärntner Fussballmatch fällt aus

Ein Platzwart, dessen Name der Redaktion bekannt ist, verwechselte das Datum und programmierte mit Stadion-Sprinkleranlage auf 1. Juli statt 1. April – mit verheerenden Folgen:

Zentimeter hoch stand das Wasser am Morgen des 1. April auf dem aufgeweichten Boden der EM-Arena. An ein Fußball-Spiel war daher nicht zu denken. […] „Es sah aus wie der Wörthersee, nur mit Algen überzogen“, berichtet ein Stadion-Insider im Gespräch mit LAOLA1.

Für die neue Eishalle versprach LH Dörfler Besserung und den Einbau einer Bodenheizung als oberste Priorität. Aussitzen sei nun mal keine Lösung:

Die Lösungsvorschläge des betroffenen Platzwartes: „Lei lossn, trocknet sicha wieda“, waren den Verantwortlichen nicht effizient genug.

Internetsperren greifen zu kurz

Der Chaos Computer Club begrüßt, dass die Politik endlich dort eingreift, wo die Probleme entstehen: im Drucker! Denn was nutzen die besten Bombenbauanleitungen, wenn der Terrorist sie nicht in die Werkstatt mitnehmen kann?

Nach Plänen des Chaos Computer Clubs (CCC) soll etwa beim versuchten Ausdruck von [Externer Link]Bombenbauanleitungen, [Externer Link]Killerspielen, politischen Blogs und anderem einschlägigen Material alles Druckbare durch Abbildungen von Blümchenwiesen und blühenden Landschaften ersetzt werden.

„Diejenigen, die mehr und mehr Seiten aus dem Internet ausdrucken, sind eine Gefahr für die öffentliche Ordnung. Wir haben die Diskussion zu dem Thema intensiv verfolgt und festgestellt, dass besonders die Berufsgruppe der Politiker Probleme mit der Rezipientenfreiheit hat“, sagte ein Sprecher des CCC, „dies hat uns dazu bewogen, diesen Ansatz zu unterstützen.“

Die Porno-Industrie wird von diesen Plänen besonders schwer getroffen: so soll es künftig nicht mehr möglich sein, werktags vor 22 Uhr pornographisches Material auszudrucken. Alle sind begeistert – nur die Druckerhersteller zeigen sich bislang uneinsichtig.

Diese Auswahl ist natürlich rein subjektiv – da gibt’s noch jede Menge mehr: Heise fördert das geheimdienstliche Schlapphut-Bit zutage, Shoemoney verkauft seine Firma und zieht nach Portland, Gulli spendiert einen neuen Hintergrund, Stefan Waidele bloggt über die diesjährigen c’t Aprilscherze und Ikea Frankreich promotete das non-existente Öko-Auto. Welche Aprilscherze habe ich übersehen? Bin dankbar für jeden Hinweis :mrgreen:

0 Kommentare
  1. Peter
    Peter sagte:

    Deinen Eigenen nicht zu vergessen, oder war das dann dein letzter Beitrag?

    …das war das vorletzte Posting; demnächst folgt dann noch ein Resumee meiner Bloggerzeit…

    Dein letzter Post würde sicher anders aussehen…

  2. Michi
    Michi sagte:

    Hi Leute,

    wir haben auf Blogspan.net mal eine Liste vieler Aprilscherze zusammen gestellt und erweitern diese den ganzen Tag über.

    Außerdem können Gutscheine bei Amazon.de gewonnen werden.

    Viele Grüße
    Michi

  3. Anonymous
    Anonymous sagte:

    , April: Die Lila Plakette für Autofahrerinnen sorgte in Hamburg für viel Gesprächsstoff. Aber haben Sie wirklich an eine Plakette für Frauen geglaubt?

    Während die Hamburger und Schleswig Holsteiner Politiker im Moment alle Hände voll zu tun haben, die Rettung der HSH Nordbank durchzuziehen, hat zumindest Christian Wulff, Ministerpräsident von Niedersachsen, Zeit gefunden für eine kurze Stellungnahme.

  4. Sensei
    Sensei sagte:

    sind ein paar nette Scherze dabei, meiner hat ja etwas gefloppt, da keine ein Ebook runter laden wollte in dem erklärt wird, wie man online Geld verdient :D dabei war das Ding so realistisch^^

  5. Xavier
    Xavier sagte:

    @Sensei
    Ich glaube es gibt einfach schon zu viele „wie verdiene ich schnell Geld“ E-books. Vielleicht hättest du ein Ebook mit dem Titel „Wie vermiete ich mein Blog am besten“ schreiben sollen… :lol:

  6. Sven
    Sven sagte:

    Der schlechteste Aprilscherz kam übrigens von msn.de Da wurde behauptet, Deutschland führe wieder die D-Mark ein, welch übler Scherz! Ich hab nen halben Herzinfarkt vor Schock bekommen!

  7. Laura
    Laura sagte:

    @ Sven: MSN hat mich auch reingelegt. Ich frage mich, wie viele Menschen tatsächlich panisch zur den Landesbanken gerannt sind, denn bestimmt alle haben auf den Link geklickt. Ich habe fast bis zum Schluß daran geglaubt.

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