Springeight: der zweite Tag

Springeight: der zweite Tag

A-Trak bei der ArbeitDer gestrige Spring-Abend hätte ein Reinfall werden können – die Vice-Party im Arcadium bzw. Monsieur A-Trak aus den USA gab uns dann um halb drei endlich das, was wir vorher den ganzen Abend lang vergeblich gesucht hatten: kontemporäre High-Tempo und Hi-Tech Beats, bei denen man ob des spontanen Bewegungsdrangs die Abwesenheit von Couchen plötzlich nicht mehr misste. Und das kam so: für uns drei Partytouristen begann der Abend im Stadtpark, wo Simon LeBon feine Warm-Up House-Platten verlegte; ob der relativ unfreundlichen Außenbedingungen machten wir uns dann aber zur Geisterstunde auf in Richtung Dom im Berg.

Dort hatte bereits der Live-Act von XRS und den Drumagick-Brüdern begonnen, deren Red Bull Music Academy Vortrag Ulrich und ich am Nachmittag gehört hatten. Juan Atkins, der ursprünglich aus seinem reichen Erfahrungsschatz zum Thema Detroit (und Bookings-in-letzter-Minute-absagen) berichten hätte sollen, blieb konsequent unauffindbar, und so sprangen die Samba-n-Bass Könige aus Sao Paolo kurzfristig ein.

Bei der abendlichen Performance legte XRS Platten auf, während die beiden Drumagicks an ihren zwei Laptops mit den einzelnen Spuren sozusagen Live-Remixes drüber dubbten. Das war eine Weile recht fein (vor allem der Remake von LK hat gerockt), nach einer guten Stunde allerdings wurden die Beats im gemütlicher, die Intros und Outros immer länger und der Wunsch nach ein wenig Rummms immer übermächtiger. Als der folgende DJ Edgar nach zehn Minuten immer noch beim Intro war, beschlossen wir, dass es an der Zeit wäre, ein Hauseck weiter zu ziehen – sogar Anja, sonst ziemlicher Brazil-Fan, begannen nämlich langsam die Füße einzuschlafen. Kurz vorher hat uns übrigens noch Elisabeth abgeschossen – ich glaube, das ist meine Premieren-Appearance in einer Online-Partygallerie :mrgreen: Ulrichs Fazit, dem ich mir nur anschließen kann: „Wenn auf eine Brasil-Party geht und exakt dieselben Signature Tunes hört wie vor fünf Jahren, spricht das nicht gerade für Weiterentwicklung.“

Die derbste Enttäuschung sollte allerdings erst noch folgen – an den Gedanken, dass Juan „Magic“ Atkins nicht mehr aufkreuzen würde, hatten wir uns bereits gewöhnt. Trotzdem wollten wir natürlich der Legende Professor X aka African Prince im PPC einen Besuch abstatten. Mir ist klar, dass der Mann eine lebende Elektro-Legende ist – was er im PPC abgeliefert hat, war allerdings – perfekt gemixte – Skikurs-Romantik: von Technotronix‘ „Pump up the Jam“ über Michael Jackson bis House of Pain’s „Jump around“ wurde fast jede Nummer ausgespielt, und als er dann auch noch Prodigy’s „Firestarter“ als Big-Tune des Abends ankündigte, war uns endgültig klar, dass wir unsere Aufmerksamkeit gerade dem falschen Set widmeten. Hilflosigkeit vor europäischem Publikum? Generelle Motivationslosigkeit? Wir werden’s nie erfahren. Und auch keine African Prince Party mehr besuchen. Was uns trotzdem vor Ort hielt, war die bekanntlich zuletzt sterbende Hoffnung auf Egyptian Lover und Jamie Jupiter. Die beiden musikgeschichtlich und körperlich schwergewichtigen Classic-Elektro Legenden hatten am Anfang ein paar Sync-Probleme, danach war’s eigentlich recht nett – und immer noch zu gemütlich, oder wie der gelernte Wiener sagt: zaach. In Ermangelung einer Couch schauten wir mit meinem gaposlovakia-Kollegen Paul, der uns von härtester Elektro-Prügelei berichtete, voller Vorfreude ins Arcadium. Und diesmal wurde die Erwartungshaltung nicht enttäuscht. Ich würd sogar sagen, A-Trak hat einen extrem faden Abend vollständig gerettet und wir bekamen doch noch die für die Party-Gesundheit so wichtige Dosis an körperlicher Bewegung ab.

Der Protagonist des Abends war ja eine ganze Weile lang recht erfolgreicher Hip Hop DJ und benutzt mittlerweile Final Scratch: die Liebe zur technischen Präzision und diese geradezu abartigen DJ-Skills, die man in dieser perfekten Ausführung fast nur bei den Scratch-Königen findet, hat er auch im Rahmen seiner Electro-Karriere beibehalten, wenn nicht ausgebaut: die Dichte an Tracks pro Minute war unglaublich hoch, die Mixes rasant, aber niemals gab’s Effekt um des Effekts willen. Es muss unglaublich viel Zeit und Crate-Digging erfordern, ein solches Set vorzubereiten, das einerseits alle technischen Tricks und Register zieht und andererseits mit einem extrem gelungenen Spannungsbogen begeistert… der Gag des Abends folgte, als A-Trak dann auch „Jump Around“ spielte – in einem kurzen, aber extrem sicken Remix. In punkto Electro gewann sozusagen die Next Generation gestern Abend haushoch gegen die Living Legends.

Fazit: A-Trak war ein Fehlbooking – aber nur location-technisch gesehen. Der Mann hätte um zwei Uhr als Hauptact auf der Dom-Bühne stehen sollen – sein Set war einfach nur cutting-edge, sowohl soundmäßig als auch technologisch.

Und jetzt? Heute Abend um 21:00 ist das Orpheum eindeutig the place to be, denn der unglaubliche, einzigartige Senor Coconut tritt mitsamt Orchester und Special Appearance von Louis Austen mal wieder ein paar Genregrenzen nieder. Und dann geht’s in den Dom: denn ich bin mir 99prozentig sicher, dass uns Larry Heard aka Mr. Fingers nicht langweilen wird. Und auf Robert „The House of Voice“ Owens‘ DJ-Set bin ich ebenso gespannt wie auf seine Live-Performance.

2 Kommentare

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  1. jarisakti sagt:

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