Innovative Social Media Wahlwerbung: Gratis-Kampagnenkonzepte | Parteien, bitte bedienen Sie sich
Wir Österreicher sind beileibe nicht die einzige von reichlich skurrilen Wahlwerbern unterhaltene Nation. Denn mag unser tief verankertes „Wir-sind-wir“ Gefühl auch suggerieren, dass kein Volk mit Ausnahme der Alpenrepublikaner solche Wastl’n [österreichisch: Sebastian, Plural. Figurativ: Nicht die Hochtalentiertesten] hervorbringen könne wie Stronach, Strache, Faymann, Glawischnig, Strolz, Lopatka, so belehrt uns die neue Welt eines Besseren. Dort sorgt nämlich gerade der weitgehende chancenlose, aber polternd auftretende Präsidentschafts-Kandidat Donald „ich besitze dieses Land“ Trump für reichlich Verwunderung.
Jeder hat so seine Feindbilder. Strache hat seine Ausländer, Glawischnig hat ihre neoliberalen Zigarettenraucher in veganen Kinderkrippen, und Trump echauffiert sich über „mexikanische Kriminelle, die von der dortigen Regierung in die USA geschickt werden“. Erklärte er vor drei Wochen in Vegas.
Gestern Abend trat DT zur ersten republikanischen Fernsehdebatte an, die den Essenszusteller Eat24 zu einer schmackhaften Fastfood-Kampagne veranlasste:
When Donald Trump says ‘Mexico’ we give you Free Tacos http://t.co/EYLegutBTq
— Eat24 (@Eat24) August 5, 2015
Die Taceros haben die Aktion auf ihrer Firmenwebseite dann auch noch gleich so richtig schön rotzig kommentiert:
Bedauerlicherweise sind Tacos hierzulande weder zugestellt noch sonst wie flächendeckend verfügbar. Unter Aufbietung sämtlicher Theorien der interkulturellen Online-Kommunikation hat die pnc Abteilung für parteipolitische Digitalpropaganda weder Kosten noch Mühen gescheut und Konzepte erzeugt.
RECHTE und KOSTEN: Lesen ist gratis. Gerne verkaufe ich die Umsetzungsrechte gegen einen geringen, angemessenen Kostenersatz – ich würd vorschlagen, circa eine halbe Finanzminister-Homepage. Was kostet die bei Ihnen schnell nochmal?
LINKE und KOSTEN: Das oben gesagte gilt auch für euch.
Die innovativsten Polit-Online Kampagnen Österreichs
Durch die gezielte Stimulation von Fresslust, Gier, Egomanie und anderen niedrigen Instinkten ist es uns erstmals gelungen, echte Interaktionen für politische Kampagnen zu „generieren“. ~ Sabrina W., Junior Account Manager bei einer Social Opinion Spinning Agentur.
Jedes Mal, wenn Frank Stronach bei einer Fernsehdiskussion den schönen Terminus „Todesstrafe“ hervorbringt, twittert MeckDoofnalds einen Gutschein für 365 Tage Gratis-Frühstück, Mittagessen, Jause, Dinner und Mitternachtssnack. (Einzulösen in teilnehmenden Restaurants Betrieben, innerhalb eines Jahres zu verbrauchen.)
Jedes Mal, wenn ein Ex-Stronach-Abgeordneter zur ÖVP wechselt, schickt eine Personal-Leasing-Firma einen Gutschein für „1.99 Prozent Gehaltszahlung an den ersten 3 Arbeitstagen (ausgenommen Feiertags- und Wochenend-Zuschläge.)
Jedes Mal, wenn HaZe Strache bei einer Diskussion „Ausländer“ sagt, twittert die Kärntner Landesregierung einen Gutschein für einen halben Tag Gratiseintritt ins Klagenfurter Wörthersee-Schwimmbad.
Antwort der Kärntner Landesregierung: Danke für Ihre Anregung! Leider müssen wir Ihnen mitteilen, dass die eigens gebildete Expertenkommission Ihr Konzept für UNFINANZIERBAR erklärte.
Jedes Mal, wenn Matthias Strolz in der Kronenzeitung oder sonstigen Print- und Rundfunkmedien ein Kastaniengedicht veröffentlicht, sperrt der Verband der Österreichischen Internetprovider seinen Twitter-Account für mindestens eine Woche.
Und wieder. Twitter-Abstinenz bis 9. August.
— Matthias Strolz (@matstrolz) August 4, 2015
Jedes Mal, wenn Eva Glawischnig neue Regulierungen, Verbote, Vorschriften und/oder eine gesündere Lebensweise fordert, verlosen Austria Tabak, Mautner Markhof und ÖKM ein „Einsteiger-Carepaket“ (Inländer-Rum, Schnupftabak, Gutschein für 1 Gratis Kontaktanzeige) via Instagram.
Jedes Mal, wenn Werner Faymann versichert, dass die Regierung hervorragende Arbeit leistet, postet die NGO „Menschen für Flüchtlingsmenschen“ ein Facebook-Status-Update mit Kritik an der Asylpolitik. Sobald 8 Millionen Betroffene das betreffende Update geliked haben, bekommt ein Flüchtling ein Traiskirchen eine neue Zahnbürste und Dose Imprägnierspray für Zelte.
Nun denn – hoffentlich ist Ihnen das Lachen beim letzten Punkt im Hals stecken geblieben. Ich war ja schon oft nahe dran zu meinen, mich dafür schämen zu müssen, Österreicher zu sein. Aber dass wir Milliarden für die Hypo „schon irgendwo im Budget unterbringen“, eine Punk-Pizzeria mit 90.000 Polizisten räumen müssen und keinen Cent haben, um Flüchtlingen zumindest ein paar annähernd adäquate Quartiere hinzustellen und die Grundversorgung zu gewährleisten, verwehrt sich jeglicher Satire. Oder?
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