Tim O’Reilly kann Web 2.0 nicht mehr hören
In einem aktuellen Interview im Spiegel erklärt Tim O’Reilly, warum ihm die inflationäre Verwendung des Begriffs web 2.0 einerseits mittlerweile gehörig auf die Nerven geht, warum aber andererseits trotzdem eine wirklich wichtige Entwicklung dahinter steckt, die weit über feuchte Fantasien stets leicht zu illuminierender Marketeers hinausgeht. Zitat:
Das ist einer der Gründe, die mich bei der Stange halten: Viele Leute versuchen, den Begriff zu verfälschen und ihn in eine Neuauflage der Dotcom-Blase zu verwandeln. Ich sage immer wieder: „Nein, hier passiert etwas wirklich Wichtiges!“ Viele der Gedanken, die in meiner Fassung des Begriffs „Web 2.0“ stecken, sind ziemlich kompliziert. Es ist schön, dass sie sich trotzdem langsam durchsetzen. Dass die Leute verstehen: „Oh, es geht nicht nur um MashUps, es geht um die Idee, kollektive Intelligenz nutzbar zu machen.“ Die Leute fangen an, das zu begreifen. Von den PR-Typen und den Schaumschlägern versuche ich mich einfach fernzuhalten.
Im Interview betont O’Reilly den Aspekt der „Intelligenz der vielen“, mam fühlt sich beim Lesen an eine Neuauflage von Pierre Lévys „Kollektive Intelligenz“ erinnert. In den Worten O’Reillys:
pam kann auch mit Hilfe der Weisheit der Vielen bekämpft werden – Einzelne können Spam identifizieren, diese Informationen werden gesammelt. Das ist eine sehr mächtige Anti-Spam-Technik. Wir betreten eine neue Welt, in der es nicht mehr nur um das Äußern von Meinungen im Netz geht – es geht um verteilte Datenerhebung und Echtzeit-Intelligenz.
Im zweiten Teil spricht der Verlagsbesitzer über die Probleme der Wikipedia und bringt einen interessanten Aspekt ins Gespräch ein, der gerne vergessen wird: bei aller Kritik an der wikipedia gilt es, die Alternative zu hinterfragen; oder anders gesagt: jede Information ist „biassed“. Die Zukunft der digitalen Revolution sieht O’Reilly in der Rückkopplung von Technologien an die reale Welt:
Wir treten ein in das Zeitalter der Maßfertigung. Nehmen Sie den Bereich der synthetischen Biologie, wo sich diese Maßfertigung bis hinunter auf die Ebene der chemischen Prozesse und Stoffe erstrecken wird. Ganz zu schweigen davon, dass wir heute Dinge in relativ kleiner Stückzahl herstellen lassen können, in Ländern mit relativ niedrigen Lohnkosten.
Interview Teil 1: „Wir betreten eine neue Welt“
Interview Teil 2: „3D Drucker werden unser Leben verändern
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